Aber auch bei den französischen Energiekonzernen EDF und Areva sowie dem Caterer Sodhexo traten in der Vergangenheit Suizide der Angestellten am Arbeitsplatz auf. "Diese Beispiele zeigen auf drastische Weise, dass es in den seltensten Fällen nur private Probleme sind, die dafür verantwortlich sind", so Wenninger. Da sich Stress jedoch nur schwer im Nachhinein nachweisen lässt, sei die "Leugnung direkter Zusammenhänge durch die Unternehmen häufig gängige Praxis". Kaum verwunderlich für den Insider, wenn große Konzerne als Begründung stets persönliche Probleme oder eine Vielzahl anderer Ursachen anführen. Angesichts dieser dramatischen Zuspitzung von empfundenen Arbeitsbedingungen fordern Mediziner wie Gewerkschaftler, dass sich moderne Management-Methoden ihrer möglichen Folgen auf die Angestellten bewusst werden müssen.
Abgesehen davon, dass weniger Mitarbeiter immer mehr und oft parallel leisten müssen, werden in der Diskussion vor allem Stressmomente durch neue Technologien, Informations- und Kommunikationsformen angeführt. Demnach seien Arbeitnehmer durch Handyklingeln oder E-Mails permanent alarmiert, was die Anspannung und eigene Leistungserwartung nur noch steigere. Einem Bericht des Europamagazins cafebabel.com nach versucht der weltgrößte Internet-Konzern Google dem Problem offensiv zu begegnen. In den USA wurden gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen, die Unternehmen dazu verpflichten, die durch Stress am Arbeitsplatz entstandenen Kosten zu berücksichtigen. So bietet Google Spiel- und Sporthallen oder Ruheräume an.
Trotz dieser längst noch nicht zum Standard gewordenen Verbesserungen reißt die Kritik nicht ab. "Wenn dadurch Stress abgebaut werden kann, aber zeitgleich bestimmte Bereiche des Lebens mehr und mehr mit dem Beruflichen verschmelzen, ist dies nur bedingt von Vorteil", gibt Wenninger auf Nachfrage von pressetext zu bedenken. So würden diese neu geschaffenen Arbeitsbeziehungen der Firma einen immer größeren Stellenwert im eigenen Leben einräumen, wodurch sogar negative Folgen auf die sozialen Beziehungen drohen könnten. (pte)