Vor zwei Jahren hat Rakuten-Gründer Hiroshi Mikitani angekündigt, das Unternehmen werde in Deutschland bis 2017 zum E-Commerce-Marktplatz Nummer 1 werden. Bei der Rakuten Expo 2014 haben Sie nun gesagt, Rakuten sei hierzulande nicht so erfolgreich und sich gleich für Versäumnisse bei den Händlern entschuldigt…
Macht: Rakuten.de könnte eigentlich schon deutlich weiter sein und das finde ich schade. Denn wir stehen heute an einem Punkt, an dem Amazon - das im E-Commerce die klare Nummer 1 ist und lange die Trends gesetzt hat - nicht mehr unangefochten ist. Die Menschen kaufen zwar online, aber sie vermissen dabei oft die Inspiration. Die Kunden wollen auch im Netz Kaufanreize erhalten, Beratung und Kommunikation. Dafür ist Rakuten gut aufgestellt. Und mit dem VoIP-Dienst Viber gehört zu uns ein Kommunikationskanal, der alleine in Westeuropa von 25 Prozent der Internet-User genutzt wird. Das wollen wir nutzen, damit die Brand-Awareness für Rakuten in Zukunft deutlich besser wird.
Lassen Sie uns aber zunächst noch bei den Versäumnissen bleiben: für was genau haben Sie sich eigentlich bei den Rakuten-Händlern entschuldigt?
Macht: Zum einen wurde in der Vergangenheit bei Rakuten Deutschland unterschätzt, wie wichtig die technische Weiterentwicklung ist. Hiroshi Mikitani gibt den von ihm übernommenen Unternehmen viel Freiheit und ist auch ein großer Fan von den Entrepreneuren, die dahinterstehen. So kam es dazu, dass die Integration von Rakuten.de in das internationale Netzwerk von Rakuten noch nicht so hoch ist. Dass ist für Gründer, deren "Baby" ein Unternehmen ist, vielleicht auch nicht ganz einfach. Jetzt wollen wir das aber ändern und werden deshalb spätestens 2015 auf die globale Rakuten-Plattform wechseln.
Erwarten Sie dabei wieder Proteste, wie schon Ende 2012 bei der Einführung der verkäuferübergreifenden Funktionsleiste Rakuten Connect, als viele Händler befürchteten, ihre Kunden an andere Rakuten-Shops zu verlieren?
Macht: Es ist für uns klar, dass die individuellen Rakuten-Shops weiter im Vordergrund stehen müssen. Allerdings muss es auch unser Ziel sein, dass Kunden, die in einem Shop nichts finden, dann auf den Marktplatz weitergeleitet werden. Das ist im Prinzip wie bei einer Shopping Mall im stationären Handel.
Sie werden sehen, dass unser neues Shop-Frontend eine ganze Liga über der jetzigen Oberfläche von Rakuten.de angesiedelt ist. Dass Nutzerverhalten entwickelt sich auch im stationären Internet immer mehr wie im mobilen Netz. Deshalb war das Shop-Frontend für mich eine der ersten Sachen, die ich umsetzen wollte. Es hat sechs Monate gedauert, aber ab jetzt gehen wir in die Umsetzung und werden Ende 2014, spätestens Anfang 2015 mit dem neuen Frontend starten.
"Nicht alle Händler ziehen so mit, wie wir uns das vorstellen"
Welche weiteren Maßnahmen planen Sie, um Rakuten.de stärker nach vorne zu bringen?
Macht: Wir werden in den kommenden Monaten auch die Zahl unserer Händler reduzieren, da nicht alle so mitziehen, wie wir uns das vorstellen. Einige Händler haben auf Rakuten.de eine so schlechte Präsenz, dass sich andere Händler beschwert haben, dass sie dadurch Kunden verlieren. Hier müssen wir nachbessern.
Außerdem haben wir nun unser neues Büro in Berlin bezogen. Das ist ein richtiges Ökosystem-Büro, in dem Mitarbeiter von Rakuten.de neben Mitarbeitern von Kobo, Wuaki.tv, Rakuten Marketing oder unserer Minderheitsbeteiligung Pinterest sitzen. Wir versprechen uns deutliche Effekte davon, wenn diese Leute jeden Tag miteinander zu tun haben.
Nach der Übernahme von Tradoria durch Rakuten war zunächst die Rede davon, verstärkt große Händler - wie auch die amerikanische Rakuten-Tochter Buy.com - auf die Plattform zu holen. Verfolgen Sie diese Strategie weiterhin?
Macht: Unsere Kernstrategie ist es, dass wir ein Marktplatz für hiesige Händler sind und auch eher kleineren Händlern eine Heimat bieten wollen. Allerdings gibt es weiterhin die Möglichkeit, dass auch Händler von Rakuten-Plattformen in anderen Ländern den Weg nach Deutschland finden.
Kooperation mit Viber - und deutschen Banken
Sie haben eingangs erwähnt, den von Rakuten übernommenen VoIP-Dienst Viber zur Steigerung der Markenbekanntheit ihres Online-Marktplatzes zu nutzten. Wie könnte das konkret aussehen?
Macht: Viber ist zunächst einmal ein Informationskanal und wir werden hier sicher nicht den Fehler machen, die Nutzer mit Werbung zuzuspammen. Ich selbst komme ja von Groupon, wo wir sehen mussten, dass selbst gute Angebote als Spam wahrgenommen werden, z. B. wenn die Frequenz zu hoch ist. Hier gilt es die Kunst zu beherrschen, den Kunden nicht zu nerven, sondern ihm genau die Inspiration zu geben die er wünscht - der Kundenwunsch ist hier auschlaggebend.
Aber es gibt ja auch bei Viber Situationen, wo die Nutzer sagen: "Mir ist langweilig, ich möchte shoppen, möchte Inspiration finden" Und wenn dieser Wunsch vom Kunden ausgeht, gibt es durchaus die Möglichkeit, mit entsprechenden Angeboten aufzuwarten. Dafür werden wir aber nicht etwa Kommunikationsdaten analysieren, sondern muss der Wunsch zu Angeboten vom Kunden ausgehen.
In Ihrer Keynote haben Sie außerdem von Kooperationen mit deutschen Banken und Versicherungen gesprochen. Können Sie dazu mehr sagen?
Macht: Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Nutzer von Online-Banking-Apps überdurchschnittlich oft online sind. Wenn es nun möglich wäre, Rakuten.de als Whitelabel-Lösung für solche Bank-Kunden anzubieten, hätten wir einen sehr attraktiven Kundenzugang. Wir sind hier allerdings noch in Verhandlungen mit den Banken und ihren Serviceanbietern.