Viele Verkäufer wenden (bewusst oder unbewusst) die sogenannte goldene Regel an: Behandle andere Menschen so, wie du selbst behandelt werden möchtest. Diese Regel klingt logisch und wird auch oft empfohlen, ist jedoch nicht immer richtig und erfolgsfördernd. Wann funktioniert die goldene Regel, wann nicht?
Ganz einfach: Wenn Sie als Verkäufer auf einen Kunden treffen, der Ihnen ähnlich ist, dann ist die goldene Regel perfekt. Sie verhalten sich (intuitiv) völlig richtig, Sie haben ein Heimspiel! Wenn Sie aber auf einen Kunden treffen, welcher eine andere Persönlichkeit hat, dann ist die goldene Regel kontraproduktiv.
Ein Verkäufer, der nach der goldenen Regel verkauft, wird bei Kunden, die ähnlich wie er selbst sind, Erfolg haben. Bei anderen verkauft er aber wenig bis gar nicht. Noch schlimmer: Mit der Zeit wird der Verkäufer nur noch zu den Kunden gehen, bei denen die Chemie stimmt, und die anderen meiden. Wenn er Glück hat (beziehungsweise genügend Kundenpotenzial in seinem Verkaufsgebiet), stimmen seine Verkaufszahlen. Aber erfolgreich ist er nicht wirklich. Der Verkaufsleitung müsste man empfehlen, einen besseren oder zusätzlichen Verkäufer einzustellen, um das vorhandene Potenzial im Verkaufsgebiet besser ausschöpfen zu können.
Ein Top-Verkäufer wird in seinem Verkaufsgebiet wesentlich mehr vom vorhandenen Kundenpotenzial nutzen. Dies setzt aber das nötige Maß an Selbst- und Menschenkenntnis voraus. Denn im Verkauf gilt die Platinregel: Behandle andere Menschen so, wie diese behandelt werden möchten!
Das INSIGHTS-Modell - mein Favorit für den Einsatz im Verkauf
Das INSIGHTS-Modell umfasst vier einfache, leicht verständliche Grundtypen. Für die Analyse (wenn man es genauer wissen möchte) stehen Computertests zur Verfügung, welche in relativ kurzer Zeit (fünfzehn Minuten zum Ausfüllen genügen) erstaunlich umfassende und differenzierte Persönlichkeitsprofile liefern mit einer Fülle von sofort umsetzbaren Hinweisen für die Praxis. Für Verkäufer, welche ihr persönliches Selbst- und Fremdbild überprüfen und besser verstehen wollen, sehr wertvoll.
INSIGHTS MDI arbeitet mit einem psychoanalytischen Modell und basiert auf Arbeiten des Psychologen Carl Gustav Jung sowie auf Erkenntnissen von Jolande Jacobi und William Moultion Marston. Im Folgenden werden wir dieses Modell mit seiner Bedeutung für den Verkauf kennenlernen.
Vier Grundtypen
Die vier Grundtypen des INSIGHTS-Modells werden anhand von zwei Dimensionen abgeleitet, bei welchen jeweils zwei Ausprägungen unterschieden werden. Den Grundtypen wird zudem assoziativ eine Farbe zugeordnet, welche das Erkennen und Verstehen erleichtert.
Die INSIGHTS-Grundtypen unterscheiden Menschen nach Verhaltenspräferenzen. Jeder Typ verhält sich unterschiedlich und hat eine typische Motivationsstruktur. Dabei ist kein Typ besser oder schlechter: Jeder Typ hat seine Stärken, aber auch (damit verbunden) bestimmte Schwächen:
Der dominante Typ (feuerrot) ist bestimmend und fordernd. Er tritt entschlossen auf, ist sehr willensstark und geht sehr sach- und zielgerichtet sowie sehr ergebnisorientiert vor. Der Rote ist voller Energie und findet seine Erfüllung in ständiger Aktivität und Handlungsbereitschaft. Er will die Zeit nutzen, um etwas zu erreichen.
Der initiative Typ (sonnengelb) ist umgänglich und fröhlich, offen und ideenreich, überzeugend und redegewandt. Er verfügt über eine positive Ausstrahlung und ist bemüht, mit anderen Menschen eine gute Beziehung aufzubauen. Der Gelbe liebt Spaß und Abwechslung und braucht viel Lob und Anerkennung.
Der stetige Typ (erdgrün) ist sehr verständnisvoll, mitfühlend, geduldig und gilt als beständig und zuverlässig. Er ist besorgt um das Wohl seiner Mitmenschen, mit denen er eine spannungsfreie, vertrauensvolle, kooperative und harmonische Beziehung aufbauen möchte. Er liebt eine Sicherheit bietende Umgebung, in der er sich auskennt.
Der gewissenhafte Typ (eisblau) geht besonnen und analytisch vor. Er ist kritisch (gegen andere und sich selbst), hinterfragt Informationen und will alles ganz genau wissen. Er überlegt sich eine Sache lieber ein Mal zu viel als ein Mal zu wenig. Nur nicht unüberlegt handeln, alle Details beachten, ja keine Fehler (100 Prozent richtig) ist sein Motto.
Die Grundtypen sind hier mit ihren jeweiligen Stärken beschrieben, was dem eigenen Selbstbild entspricht. Aber aufgepasst: Jeder Charakterzug (Stärke), der stark gelebt wird und ausgeprägt vorhanden ist, kann zu einer Gefahr oder zu einer Schwäche werden.
Diese Schwächen werden vor allem von den Menschen wahrgenommen und empfunden, die einem anderen Grundtyp entsprechen. Die größten Differenzen bestehen jeweils zwischen den sogenannten Gegentypen, die sich in Bezug auf Denken, Fühlen und Handeln am stärksten voneinander unterscheiden. Diese Gegentypen sind: Rot versus Grün und Gelb versus Blau.
Fremdbilder
Immer wenn Gegentypen aufeinandertreffen, ist deshalb die Gefahr von Spannungen, Reibereien, Missverständnissen und/oder Konflikten am größten. Wie werden die einzelnen Grundtypen von anderen und vor allem von den Gegentypen wahrgenommen? Hier die jeweiligen Fremdbilder:
Der Rote wirkt auf andere aggressiv und autoritär, beherrschend, antreibend, intolerant, anmaßend und arrogant.
Der Gelbe wirkt erregt (voller Begeisterung), voreilig (Details nicht geprüft), aufdringlich, hektisch, indiskret (redet gerne über andere Menschen), extravagant und oberflächlich.
Der Grüne wirkt auf andere fügsam (nimmt sich zurück im Interesse des Konsens), indifferent (bezieht nicht klar Stellung), beleidigt (weil er Dinge schnell persönlich nimmt) und Veränderungen meidend.
Der Blaue wirkt kühl und distanziert, steif, reserviert, misstrauisch, unentschlossen und oft penibel bis zur Kleinlichkeit.
Die meisten Menschen sind Mischtypen und haben mehrere Farben. Eine der Farben ist jedoch in der Regel dominant. Vielleicht gibt es noch eine zweite starke Farbe, allenfalls noch eine dritte als Tupfer.
Wie ein Mensch wahrgenommen wird, hängt nicht nur von seinem Typ ab, sondern immer auch vom Standpunkt des Beurteilenden. Jeder betrachtet die anderen Menschen durch seine jeweils subjektiv gefärbte Brille. Am meisten Mühe mit Sonnengelb hat beispielsweise Eisblau. Für den Roten oder den Grünen ist ein Gelber nicht ganz so mühsam, noch weniger für Mischtypen, die selbst genug von Gelb haben.
So nutzen Sie die INSIGHTS-Typologie
Mit dem INSIGHTS-Modell ist es möglich, die eigenen Verhaltenspräferenzen und die der Gesprächspartner zu erkennen und zu verstehen. Damit haben Sie es in der Hand, in jedem Verkaufsgespräch die Platinregel konsequent anzuwenden. Dies ist vor allem dann eine persönliche Herausforderung, wenn Sie auf Ihren Gegentyp beziehungsweise (bei zwei starken Farben) auf Ihre Gegenseite treffen!
Und wie können Sie die Platinregel konkret anwenden und umsetzen? Ganz einfach: Fallen Sie in einem Verkaufsgespräch (wie schon mehrmals betont!) nicht mit der Tür ins Haus. Lassen Sie dem Kunden den Vortritt und nehmen Sie seine Person mit allen Facetten (Körpersprache, Verhaltensweisen, Redeweise, Wortwahl etc.) wahr. Dies gibt Ihnen schon viele Hinweise auf seinen Grundtyp. Und jetzt müssen Sie sich einfach auf seine Art einstellen und sich anpassen. Wie? Indem Sie eine ähnliche Körpersprache annehmen wie er. Indem Sie ähnlich reden (schneller/langsamer, ruhiger/lebendiger) und sprechen (Wortwahl) wie er. Damit machen Sie einen wichtigen Schritt auf das Gegenüber zu. Die beste Voraussetzung, damit Sympathie und Vertrauen entstehen können.
"Das ist aber alles andere als ein Schnäppchen!"
"Letzlich entscheidet der Preis, ob wir zusammenkommen!"
"Sie sind mindesten 20 Prozent teurer als der Wettbewerb!"
"Jetzt packen Sie die alle einfach mal aus. Dann können wir morgen über günstige Ausstellungsstücke reden."
"Ein Bekannter hat vielleicht die Hälfte dafür bezahlt."
"Wie ist denn der Preis, wenn Sie die "vergoldete" Verpackung weglassen?"
"Das ist doch eh ein Auslaufmodell."
"Sie wissen doch so gut wie ich, dass nach einem halben Jahr der Preis um die Hälfte runtergeht."
"Das gibt es doch bestimmt gebraucht wesentlich günstiger, oder?"
"Sie haben ein Geschäft – ich habe hunderte."
"Jetzt versuchen Sie es bitte nochmal mit Kopfrechnen."
"Hallo? Ich möchte nicht gleich den ganzen Laden kaufen!"
"Holen Sie mir mal den Chef ran!"
"Was muss denn passieren, damit Sie mit dem Preis runtergehen?"
"Über den Wartungsvertrag reden wir dann morgen."
"Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?"
"Ich kaufe doch schon so lange bei Ihnen ein."
"Sie wollen doch auch mal einen Großauftrag von uns bekommen, oder?"
"Ich wette, dass Ihr Kollege dort drüben wesentlich billiger ist."
"Sie kennen wohl geizhals.at nicht, was?"
"Und ich dachte immer, Sie hätten die besten Preise weit und breit."
"Da kann ich ja gleich in der Apotheke einkaufen."
"Ist doch nicht mein Problem, wenn Sie zu teuer einkaufen!"
"Jetzt kommen Sie mir nicht wieder mit Ihren Mondpreisen!"
"Für so was habe ich noch nie mehr bezahlt."
"Warum kostet das denn soviel? Das kommt doch eh alles aus China."
"Bei meinem Umsatz mit Ihnen müssen fünf Prozent Rabatt locker drin sein!"
"Der Preis muss schon knackig sein, wenn Sie im Rennen bleiben wollen."
"Ich empfehle nur jene weiter, die mir einen guten Preis machen."
"Sie wollen doch Folgegeschäfte mit mir machen, oder?"
"Jetzt nennen Sie mir einfach mal den Projektpreis dafür."
"Dafür verdienen Sie doch an allem anderen sehr gut."
"Im Internet habe ich das viel billiger gesehen!"
"Wie sagt man so schön: A bisserl was geht immer!"
"Wollen Sie mich nun als Kunden oder nicht?"
"Welche günstigeren Alternativen haben Sie denn?"
"Für Service zahle ich prinzipiell nichts."
"Hopp oder topp – mehr zahle ich nicht."
"Ich weiß genau, dass Sie da immer noch gut daran verdienen."
"Reden wir nicht lange rum: Was ist Ihr bester Preis?"
"Ich bin ganz Ohr, was Ihr Entgegenkommen anbelangt."
"Sie sind doch sicherlich an einer längerfristigen Zusammenarbeit interessiert, oder?"
"Rechnen Sie bitte nochmal mit spitzem Stift nach."
"Das liegt weit über meinem Budget."
"Ihr Angebot liegt weit über dem der anderen."
"Ich bin sicher, dass das nicht Ihr letztes Wort war."
"Ohne ein Entgegenkommen wird das nichts mit uns!"
"Warum sind Sie eigentlich so viel teurer als andere?"
"Was kostet es, wenn ich 300 Stück abnehme?" (wohlwissend, dass der Bedarf bei zwei Stück liegt)
"Sehen Sie, mir ist das letztlich doch eh egal, von wem ich das kaufe."
"Das kann ich woanders viel billiger kaufen!"