DSAG-Jahreskongress

SAP-Kunden halten wenig von Cloud-ERP und HANA

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Während SAP alles auf seine HANA-Plattform und die Cloud setzt, wollen die Anwender davon wenig wissen. Stattdessen fordern sie, dass sich ihr Softwarelieferant wieder mehr um seinen On-Premise-Stack kümmern sollte.

Passen die SAP-Angebote zum Bedarf und den bestehenden IT-Landschaften der Unternehmen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der 15. Jahrestagung der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) Mitte Oktober in Leipzig. Die Antwort: Offenbar nicht. Im Vorfeld ihrer Konferenz hatte die Anwendervertretung 524 Mitgliedsunternehmen gefragt, wie diese Trends hinsichtlich Cloud und SAPs In-Memory-Plattform HANA bewerteten. Demnach kann sich nur jeder 20. IT-Verantwortliche vorstellen, in den nächsten fünf Jahren sein ERP-System in der Cloud zu betreiben. Für immerhin knapp ein Fünftel der Befragten könnten zumindest hybride Modelle in Frage kommen.

Ähnlich zurückhaltend beurteilen die SAP-Kunden das Angebot Business Suite on HANA. Gerade einmal fünf Prozent der befragten Unternehmen stecken gerade in Umstellungsprojekten oder haben diese bereits abgeschlossen. Weitere elf Prozent denken über den Einsatz nach. Das bedeutet allerdings auch, dass für mehr als vier von fünf SAP-Anwenderunternehmen der Einsatz des Kernprodukts Business Suite auf der HANA-Plattform derzeit kein Thema ist.

Auf der Suche nach dem Business Case

"ERP-Systeme zählen in den meisten Unternehmen zu den komplexesten IT-Lösungen", interpretierte der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck diese Ergebnisse. "Veränderungen in diesem Umfeld werden daher nur sehr vorsichtig vorgenommen." Beim Umstieg in die Cloud müssten zunächst Schlüsselfragen geklärt werden, wie SAP mit Eigenentwicklungen und Anpassungen umgehe, und welche Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Die Rahmenparameter müssten stimmen, stellte der DSAG-Vertreter klar. "Solange die Risiken die Chancen übersteigen, werden die die SAP-Kunden nur unkritische Teilprozesse in die Cloud verlagern."

Ähnlich skeptisch beurteilen die SAP-Kunden Investitionen in HANA. Das liege allerdings nicht an den Kosten oder dem fehlenden technischen Verständnis betonte Lenck. Vielmehr sei für die Kunden in aller Regel kein Business Case zu erkennen. "Viele Unternehmen sehen zurzeit kein Innovationspotenzial für ihre Geschäftsprozesse." SAP müsse daher an einer besseren Nutzendarstellung arbeiten, forderten die DSAG-Vertreter. Es gelte Beispiele zu liefern, wie HANA betriebswirtschaftliche Standardprozesse verbessern könne. Die von SAP oft strapazierten Leuchtturmprojekte wie beim Deutschen Fußballbund (DFB) oder in der Krebsforschung seien nicht übertragbar und nutzten den SAP-Anwendern daher nur wenig.

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