Ziel: gemeinsam etwas ganz Neues schaffen
Basierend auf diesen vier Prinzipien entwickelte Saras D. Sarasvathya das dynamische Effectuation-Modell. Es zielt darauf ab, eine Vielzahl von Personen oder Organisationen in einer von Ungewissheit geprägten Situation auf neue Wege oder Ziele einzuschwören, so dass gemeinsam etwas ganz Neues geschaffen werden kann.
Dieses (Projekt-)Managementmodell stellt vieles auf den Kopf, was Führungskräfte sowie (Projekt- und Change-)Manager gelernt und verinnerlicht haben - beispielsweise das Credo: Je genauer und detaillierter ein Projekt im Vorfeld geplant wird, umso wahrscheinlicher und schneller erreicht es sein Ziel. Zumindest bei Projekten und Vorhaben, bei denen die Entscheidungssituation komplex oder gar chaotisch ist, ist dies fraglich.
Sich von starren Plänen verabschieden
Das klassische Projektmanagement ist es zudem gewohnt, dass das Ziel vorgegeben ist und Projekte ausgehend von ihm sozusagen rückwärts geplant werden - mit Meilensteinen, um den Projektfortschritt zu kontrollieren. Ist das Ziel jedoch unklar oder steht es unter Vorbehalt, was für viele Projektmanager ungewohnt und hochgradig verunsichernd, ist, dann erfolgt die Planung ausgehend von den vorhandenen Ressourcen und Mitteln - und man schaut mal, wie weit und wohin man damit kommt.
Ein solches (Verfahrens-)Modell setzt voraus, dass Führung (Entscheidungs-)Macht zum Beispiel an die Projektbeauftragten abgibt. Sie muss es zudem aushalten, wenn diese unkonventionelle Lösungswege beschreiten - schließlich soll ja etwas ganz Neues geschaffen werden. Aber auch bei den (Projekt-)Mitarbeitern, die es gewohnt sind, dass ihnen die Führung klare Zielvorgaben macht, ist ein Umdenken nötig. Sie müssen lernen, mit einem vorübergehenden Führungsvakuum zu Recht zu kommen - so lange bis belastbare (Zukunfts-)Aussagen möglich sind, und die chaotische oder komplexe Entscheidungssituation somit kompliziert oder einfach wird.
Auf ein unklares Ziel zuzusteuern und sich immer wieder kritisch zu fragen, ob man sich (noch) auf dem richtigen Weg befindet - ein solches Vorgehen lässt sich mit den tradierten Managementmethoden, die sich vor allem auf definierte Maßnahmenpläne mit hinterlegten Meilensteinen und Kennzahlen stützen, schwer vereinbaren. Das gilt insbesondere dann, wenn auch die Methoden und Verfahren, um das Ziel zu erreichen, in keinem Verfahrenshandbuch beschrieben sind, sondern agil, also situativ und kontextabhängig entschieden wird, welcher Lösungsansatz gewählt wird.
Situativ über das Vorgehen entscheiden
Eine Verschwendung von Ressourcen und wenig effektiv wäre es, einfach lösbare Probleme und Aufgaben agil anzugehen. Anders ist es, wenn beispielsweise aufgrund des dynamischen Umfelds die Entscheidungssituation kompliziert, komplex oder gar chaotisch ist. Dann ist es hilfreich, sich vor dem Start eines Projektes zum Beispiel mit Hilfe der Stacey-Matrix bewusst zu machen, welchen Charakter das Vorhaben hat, um sich anschließend für ein mehr oder weniger agiles Vorgehen zu entscheiden. Wird ein Projekt jedoch unreflektiert agil angegangen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns hoch.
Zudem sagen dann die Beteiligten anschließend: Agilität funktioniert nicht. Agilität setzt also voraus, dass die Projektbeteiligten das Denken verinnerlicht haben: Abhängig vom Charakter eines Projekts und davon, wie klar die Ziele und Anforderungen sowie der Lösungsweg sind, ist ein unterschiedliches Vorgehen bei der Projektplanung, -gestaltung und -durchführung nötig. Dieses Bewusstsein gilt es bei ihnen zu entwickeln.
Katja von Bergen arbeitet als Unternehmens- und Managementberaterin für die international agierende Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de). Sie ist auf die Themenfelder Changemanagement, Projektmanagement und Unternehmensentwicklung spezialisiert.
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