Bald auch in Deutschland: Schnellkredite für Händler
PayPal hat vor kurzem angekündigt, den bisher nur in den USA verfügbaren Service PayPal Working Capital auch nach Deutschland bringen zu wollen. Was können Händler davon erwarten?
Frank Keller: Auf unserer US-Website heißt es so schön "Welcome to faster, easier business funding with PayPal Working Capital". Ich denke, das fasst es ganz gut zusammen: Mit PayPal Working Capital geben wir Händlern die Möglichkeit, unkompliziert und schnell an einen Vorschuss für ihr Geschäft zu kommen.
Lassen Sie es mich einmal an einem Beispiel erklären: Die Weihnachtssaison stellt für viele Händler die umsatzstärkste Zeit des Jahres dar. Die Ware, die ich dann verkaufe, muss ich jedoch bereits vorher gekauft haben. Auf traditionellem Wege eine Finanzierung zu erhalten, kann sich dabei gern mal etwas hinziehen. Bei PayPal Working Capital erhalten Händler online und innerhalb weniger Minuten den notwendigen Vorschuss.
Dafür zahlen sie eine Gebühr, die als feststehender Einmalbetrag anfällt. Die Rückzahlung von Vorschuss und Gebühr leisten sie dann Stück für Stück mit einem Anteil ihrer PayPal-Umsätze. Momentan bieten wir diesen Service bereits in den USA, Großbritannien und Australien an. Dort nehmen kleine und mittelständische Händler diesen gern und wiederholt in Anspruch, da er ihnen ein echtes Problem löst.
Wird PayPal vom Online-Bezahldienst damit mittelfristig zur Internet-Bank, auch für Privatkunden?
Frank Keller: Eine interessante Frage. Ich denke, PayPal wird in immer mehr Alltagssituationen auftauchen und damit noch stärker zu einem täglichen Begleiter werden. Das kann das Senden von Geld an Freunde und Familie sein, das Zahlen von Verwaltungsleistungen im Bürgerportal meiner Stadt oder auch das Bezahlen meines Snacks am Automaten.
Die klassische Eingrenzung auf das Thema E-Commerce weicht damit Stück für Stück auf und wir gehen mehr in die Breite im Sinne von "Bezahlsituationen". Girokonten für Privatkunden sehe ich dabei allerdings nicht. Unsere Kompetenz liegt darin, Zahlungen zwischen zwei Seiten, das heißt Sender und Empfänger, abzuwickeln - und das schnell, sicher und zuverlässig. Das ist und bleibt Kern unseres Geschäfts und der Fokus unserer Aktivitäten.
Ihr Chef, der amerikanische PayPal-CEO Dan Schulman, hat in einem Interview mit dem Handelsblatt vor einigen Wochen von einem "Krieg gegen das Bargeld" gesprochen. Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass sich die Deutschen zum Abschied vom Bargeld bewegen lassen?
Frank Keller: Wie wir alle wissen, ist die Liebe der Deutschen zum Bargeld weiterhin ungebrochen. Zu einem Abschied im Sinne einer vollständigen Abschaffung wird es denke ich nicht kommen. Aber es werden weitere Bezahlmöglichkeiten neu hinzukommen, so dass der Konsument im Ergebnis mehr Auswahl hat und frei entscheiden kann, in welcher Situation er zur Münze, zur Karte oder zum Smartphone greift.
Denn Fakt ist, dass wir heute häufig gar nicht die Wahl haben, sondern quasi gezwungen werden, mit Bargeld zu bezahlen. Nehmen wir einmal das Beispiel Restaurantbesuch. Da wünsche ich mir als Kunde die Möglichkeit, bargeldlos zahlen zu können.
Beim Trinkgeld für den Kellner wiederum bin ich sehr traditionell, das gebe ich gerne in bar. Ziel sollte es also sein, dem Verbraucher mehr Flexibilität zu geben und darüber hinaus Anwendungsfälle zu schaffen, bei denen digitales Geld echte Mehrwerte für den Kunden schafft, die es traditionell nicht gibt - zum Beispiel das komplett digitale Bestellen und Bezahlen eines Taxis per Smartphone-App.