Hersteller technischer Güter müssen sich fragen: Wie verkaufen wir unsere Produkte am besten - mit eigenen Verkäufern direkt an unsere Kunden oder indirekt über Vertriebspartner? Oder sollen wir eine Mischform wählen - also zum Beispiel bestimmte Key Accounts selbst und die Breite des Marktes über den Handel bedienen?
Die Antwort auf diese Grundsatzfrage hat Auswirkungen auf die Struktur und Organisation des Herstellers. So muss der Hersteller bei einem Vertrieb über Partner zum Beispiel neben seinem Vertrieb, auch die Marketingabteilung, die Serviceabteilungen und die Finanzabteilung auf die mit dieser Vertriebsform verbundenen Ziele und Aufgaben ausrichten.
Strategische Zusammenarbeit unverzichtbar
Beim indirekten Vertrieb, zum Beispiel über Groß- oder Fachhändler, spricht man oft von "Partnerschaft". Wird sie in einer Win-Win-Form gelebt, sind beide Seiten zufrieden. Hat jedoch eine Seite das Gefühl, einer ist der "Partner" und der andere "schafft", dann ist die Zusammenarbeit nicht von Dauer.
Die Erwartungen des Marktes sowie der Endkunden erfordern heute eine strategisch gestaltete Zusammenarbeit zwischen den Herstellern und ihre Vertriebspartnern. Früher genügte oft ein guter Kontakt zu den Inhabern und Einkäufern der Vertriebspartner, um stabile und erfolgreiche Beziehungen aufzubauen. Heute sind jedoch die Verkaufsleiter und die Verkäufer der Vertriebspartner der "Schlüssel" zum Erfolg. Sie müssen als Unterstützer und Promotor gewonnen werden - zum Beispiel
- durch eine aktive Teilnahme und Mitwirkung des Herstellers an den Verkäufer-Meetings der Vertriebspartner,
- durch motivierende, produktorientierte Verkaufsschulungen der Außen- und Innendienstmitarbeiter der Vertriebspartner (statt rein fachlich ausgerichteten Produktschulungen) und
- durch ein gemeinsames Akquirieren potenzieller Kunden.
Zwar planen die Marketingbereiche der Hersteller oft mit viel Aufwand Aktionen zur Marktbearbeitung, doch diese versanden häufig, weil die Aktivitäten nicht mit den Vertriebspartnern koordiniert wurden. Oder noch schlimmer: Der Händler nutzt die Sonderkonditionen der Aktion für seine Regel-Dispo. Die gewünschte Forcierung des Abverkaufs erfolgt nicht, die Aktion ist ein Flop.
Partnerschafts- statt Händlerverträge
Wie also können Hersteller ihre Vertriebspartner als engagierte Partner gewinnen? Die Zeiten des "Diktates" seitens der Hersteller sind vorbei - wenn es sie überhaupt je gab. Denn die Vertriebspartner sind selbstständige Unternehmen - mit berechtigten Eigeninteressen. Deshalb ist ein beidseitiger Partnerschafts- statt einem einseitigen Händlervertrag die richtige Startbasis, um die Vereinbarungen der Zusammenarbeit zu verankern.
Ein solcher Partnerschaftsvertrag sollte in der Präambel zunächst die Grundsätze einer partnerschaftlichen gemeinsamen Marktbearbeitung sowie die generellen Ziele der Zusammenarbeit beschreiben Zudem sollten in ihm unter anderem folgende Elemente fixiert sein:
- generelle Maßnahmen zur gemeinsamen Marktbearbeitung:
Zu welchen Unterstützungen verpflichtet sich der Hersteller/Vertriebspartner?
- gemeinsame Marketing-Maßnahmen:
Wozu verpflichtet sich der Hersteller/Vertriebspartner in den Bereichen Verkaufsförderung, Messen, Werbung, Marktauftritt usw.?
- Bevorratung und Logistik:
Wozu verpflichtet sich der Hersteller/Vertriebspartner, um eine Wettbewerbsdifferenzierung durch optimale, vollständige und zeitnahe Lieferung sicher zu stellen?
- Serviceleistungen für Kunden:
Wozu verpflichtet sich der Hersteller/Vertriebspartner zum Beispiel bezüglich Erreichbarkeit, Ersatzteilversorgung, Instandhaltung?
- Menschen, Prozesse, Tools:
Was unternehmen Hersteller und Vertriebspartner gemeinsam? Zum Beispiel Produkt- und Verkaufsschulungen für die Mitarbeiter des Vertriebspartners, Regelung der Prozesse zur Auftragsabwicklung und Reklamationsbearbeitung, Nutzung von IT-Systemen für CRM, Angebotserstellung und Auftragsabwicklung. Und selbstverständlich sollte im Partnerschaftsvertrag auch ein nach den Leistungen des Vertriebspartners gestaffeltes Konditionensystem definiert sein (zum Beispiel Grund-Wiederverkaufsrabatt, Rabatt für Marketingleistungen des Vertriebspartners, Rabatt für Qualifizierungsleistungen des Vertriebspartners).
- Rechte und Pflichten, Leistung und Gegenleistung - das ist die Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Und jede Seite darf von der anderen ein klares Commitment zur Partnerschaft erwarten.
- Erfolgsfaktoren für Hersteller im Channel
Wie kann ein Hersteller Fachhändler zu einer Zusammenarbeit bewegen? Andreas Franken, FRANKEN-CONSULTING, hat die wichtigsten Punkte zusammengetragen. - Wettbewerbsvorteil
Jede(s) zu vermarktende Produkt bzw. Dienstleistung sollte mit Wettbewerbsvorteilen ausgestattet sein. - Zielgruppe
Die Angebote des Herstellers müssen definierte Märkte adressieren, welche diese auch nachfragen. - Produkte als "Türöffner"
Von gehobenem Interesse sind die Produkte, mit denen sich der einzelne Fachhändler bei seinen Kunden besonders qualifizieren kann, die möglicherweise sogar als "Türöffner" gelten. - Herstellerspezifische Vorteile
Der Händler nutzt gerne herstellerspezifische Vorteile für seine eigene Positionierung. - Ausbildung des eigenen Personals
Die meisten Fachhändler schätzen die solide Ausbildung ihres Vertriebs- und Technikpersonals als Grundbedingung für eine Zusammenarbeit ein. - Bedürfnisse in Segmenten
Ebenso wichtig ist für die meisten Fachhändler die Vermittlung belastbarer Kenntnisse über die Bedürfnisse einzelner Segmente in Verbindung mit möglichst konkreten Angeboten. - Wenig Konkurrenz erwünscht
Kein Händler ist interessiert an besonders starkem Wettbewerb. Deshalb besteht der Wunsch, dass der Hersteller seine Produkte mit Augenmaß distribuiert. - Direktvertrieb schadet der Partnerschaft
Eine Konkurrenzsituation mit dem Direktvertrieb eines Herstellers ist besonders beziehungsschädlich bei Produkten bzw. Leistungen mit hohem Erklärungsaufwand. - Unterstützung abseits der Produkte
Eine möglichst hochkarätige Unterstützung in den Bereichen Verkaufsförderung, Marketing, Finanzierung und Konzeptgestaltung zahlt konsequent auf ein langfristig erfolgreiches Miteinander ein. - Einbezug in künftige Strategien
Der Handel wünscht sich aufgrund seiner besonderen Marktnähe auch intensiven Einbezug in zukünftige Produkt- und Servicestrategien wichtiger Hersteller.