Wegen Patenktklagen

Microsoft verlegt deutsches Logistikzentrum in die Niederlande

02.04.2012

"Man muss sich schon fragen, warum wird hierzulande so viel geklagt?", sagt der deutsche Patentexperte Florian Müller, der die weltweiten Streitigkeiten in der Branche beobachtet. Die Größe des Marktes und das hohe Tempo der deutschen Gerichte seien nicht die wichtigsten Gründe. Viel wichtiger sei, "dass der gesetzliche Rahmen und auch die Rechtsprechung klägerfreundlich sind", argumentiert er. Mit einem "starren Verbotsmechanismus" bedeute eine Verletzung gleich ein Verkaufsverbot.

"Deutschland ist bekannt dafür, dass Patentinhaber hier gute Erfolgsaussichten haben", sagt auch der Münchner Professor Joachim Henkel, ein Spezialist für Technologie- und Innovationsmanagement. Insbesondere die Unterlassungsverfügung sei ein scharfes Schwert. "Es gibt in dem ganzen System viele Dinge, die der Realität der Informations- und Kommunikationstechnologien nicht mehr gerecht werden." Jedes Gerät enthalte zigtausende patentierter Erfindungen. "Ein einzelnes Patent hat damit oft einen Blockadewert, der in keinem Verhältnis zum Wert der Erfindung steht", kritisiert Henkel.

Besonders attraktiv ist Deutschland bei Klagen, in denen es um Patente geht, die zum Grundstock von Standards gehören - so wie die beiden im Microsoft-Fall. Für solche Patente, ohne die ein Standard gar nicht erst umgesetzt werden kann, gelten weltweit besondere Regeln. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ein Patentinhaber Konkurrenten nicht behindern kann. Unter anderem müssen sie zu sogenannten FRAND-Konditionen lizenziert werden. Das ist eine Abkürzung für "Fair, Reasonable and Non-Discriminatory" - der verlangte Preis muss also fair und angemessen sein, und kein Anwärter darf schlechter behandelt werden als andere.

Deutschland hat allerdings bei der Umsetzung dieser Regeln eine Besonderheit, die aus dem sogenannten "Orange Book"-Verfahren um wiederbeschreibbare CDs stammt. Die in einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2009 festgehaltene Prozedur sieht unter anderem vor, dass der Nutzer eines Patents dem Inhaber von sich aus ein verbindliches Angebot unterbreiten - und auch einen entsprechenden Geldbetrag hinterlegen muss.

Der Mobilfunk-Pionier Motorola hat viele solcher sogenannten Standard-essenziellen Patente im Köcher. Google übernimmt das Unternehmen gerade für 12,5 Milliarden Dollar, um das Patentarsenal hinter seinem oft angegriffenen mobilen Betriebssystem Android zu stärken. Die EU-Kommission und amerikanische Kartellwächter billigten bereits die Motorola-Übernahme, warnten jedoch, dass sie den Umgang mit Standard-Patenten besonders im Auge behalten werden. (dpa/rw)

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