Wegen Patenktklagen

Microsoft verlegt deutsches Logistikzentrum in die Niederlande

02.04.2012
Es ist ein Alarmsignal für den Wirtschaftsstandort Deutschland: Microsoft verlegt ein europäisches Logistikzentrum in die Niederlande und verweist als Grund auf eine Klage des Rivalen Motorola.

Es ist ein Alarmsignal für den Wirtschaftsstandort Deutschland: Microsoft verlegt ein europäisches Logistikzentrum in die Niederlande und verweist als Grund auf eine Klage des Rivalen Motorola.

von Andrej Sokolow, dpa

Kaum eine Woche vergeht in Deutschland ohne ein Patentverfahren in der IT-Industrie mit Klagen, Verhandlungen, Urteilen. Weltkonzerne wie Apple, Samsung, Motorola oder Microsoft haben das Land zu einem zentralen Schauplatz ihrer Patentkriege gemacht. Jetzt schlagen die vielen Prozesse in Mannheim, München und Düsseldorf erstmals auf Deutschland als Wirtschaftsstandort durch: Microsoft verlegt seine europäische Distributionszentrale aus Nordrhein-Westfalen in die Niederlande. Bei der Bertelsmann-Tochter Arvato sind dadurch nach dpa-Informationen knapp 100 Arbeitsplätze betroffen. In Branchenkreisen war von einem "Kollateralschaden" die Rede.

Bislang hielten sich die Auswirkungen der Verfahren eher in Grenzen, auch wenn mehrere Unternehmen und deutsche Verbraucher sie zu spüren bekamen. Samsung konnte seinen iPad-Konkurrenten Galaxy Tab 10.1 monatelang nicht auf den Markt bringen, Apple musste einen Tag lang den Online-Verkauf einiger Modelle seiner iPhones und iPads aussetzen.

Diverse Urteile stehen aber noch aus. Darunter ist auch eines, das Microsoft besonders wehtun könnte. Es geht um die Klage einer Motorola-Tochter wegen des Videokompressions-Standards H.264. Stellt das Landgericht Mannheim in seinem am 17. April erwarteten Urteil eine Verletzung von zwei Patenten der Motorola-Tochter General Instrument Corporation fest, wäre gleich eine ganze Reihe von Microsoft-Produkten betroffen. Die Palette reicht vom Betriebssystem Windows 7 bis hin zur Spielekonsole Xbox 360. Bevor die riesigen Lagerbestände festsitzen oder gar beschlagnahmt werden, zieht der weltgrößte Software-Konzern sie lieber ins Nachbarland Niederlande ab.

Microsoft hält Zehntausende Patente und trat immer wieder selbst als Kläger auf. Jetzt reagiert der US-Riese so radikal wie noch kein anderes Unternehmen auf die Prozesswelle in Deutschland und könnte eine Diskussion über die Folgen der deutschen Patent-Rechtsprechung für die Wirtschaft anstoßen.

Zur Startseite