Zwischen Utopie und Taschengeld

Micropayment wartet noch auf den Durchbruch

28.09.2012

Bei der Tageszeitung "taz" hingegen haben sich die Einnahmen über den Mikro-Bezahldienst seit dem Frühjahr 2011 halbiert. Rund 670 Euro kamen im August in die Kassen, teilte die Zeitung mit. Und viele Blogs sind weit von den Klickzahlen dieser beiden Flaggschiffe entfernt - vor allem, wenn sie speziellere Themen behandeln.

Auch bei bekannten Bloggern wie dem Anwalt Udo Vetter mit seinem "law blog" belaufen sich die Einnahmen eher auf ein besseres Taschengeld. "Das hat sich zwischen 200 und 300 Euro im Monat eingependelt", erzählte er. "Das ist nichts, wovon man leben könnte, aber auch nicht völlig zu vernachlässigen." Er habe überhaupt nicht mit nennenswerten Beträgen gerechnet. "Das ist erfreulich, weil ein Blog, in den man sonst nur investiert, ansatzweise kostendeckend wird." Ebenfalls positiv: Die Nutzer wüssten Qualität zu schätzen - gute Artikel bekämen mehr Flattr-Klicks als durchschnittliche.

Der Wirtschaftsinformatiker Key Pousttchi hält die Flattr-Idee für "bestechend" - trotzdem ist er skeptisch. "Das ganze System setzt ein bisschen darauf, dass jeder, der mitmacht, ehrlich sein Budget in den Topf tut", erläuterte der Leiter der Forschungsgruppe wi-mobile an der Universität Augsburg. "Am Ende des Tages stehen wir vor demselben Problem wie beispielsweise der Sozialismus in der DDR. Sozialismus ist eine tolle Idee, wenn alle mitmachen - sonst schwierig, weil der Ehrliche immer verliert." Ob Flattr ein Erfolg werde, sei völlig offen. "Ich befürchte, die menschliche Natur steht dagegen."

Flattr aber will die Utopie greifbar machen und das System noch simpler gestalten. "Auf lange Sicht wollen wir die Belohnung oder Finanzierung von kreativen Inhalten direkt mit dem Konsum verknüpfen", sagte Olsson. Seine Vision: Künftig müssen Nutzer nicht einmal mehr auf einen Knopf klicken - wer ein Video anschaut, honoriert automatisch dessen Autoren.

Doch das ist nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern läuft bisweilen auch den Interessen anderer Akteure zuwider. Apple verstieß die Podcast-App "Instacast" kurzzeitig aus seinem Online-Laden, weil sie eben diese Idee umgesetzt und Flattr integriert hatte. Erst, nachdem die Macher der App die Funktion veränderten, konnten sie ihr Programm wieder über den Appstore vertreiben. (dpa/rw)

Zur Startseite