Nur Erhalter und Verwalter sein genügt nicht

Leadership: Die Kraft des "Einen"

15.09.2016

Ziel: Quantensprünge ermöglichen

Ich beobachte dies in Unternehmen seit mehr als 25 Jahren. Wenn es in ihnen keine Leader gibt, in denen die Vision lebt und die etwas bewegen wollen, dann stagniert in ihnen jede Entwicklung, die auf Innovation abzielt. Dann werden zwar Optimierungen des Bestehenden oder Veränderungen im Rahmen des Bestehenden vorgenommen. Doch bahnbrechende Erneuerungen, die einen Quantensprung ermöglichen? Sie erfolgen nicht!

Sie kennen das alle aus eigener Erfahrung:

  1. - Wie kreativ und innovativ ist ein Team, in dem kein Mitglied über die Eigenschaften eines Leaders verfügt?

  2. - Wie schnell erlahmt die Veränderungsenergie in einer Abteilung, in einem Bereich, wenn in niemand die Vision lebt und niemand die Entwicklung vorantreibt?

  3. - Verändert sich die Kultur eines Unternehmens, wenn an seiner Spitze keine Leader stehen, die führen und mit gutem Beispiel voran gehen?

Führung bedeutet in diesem Kontext nicht Mitarbeiterführung. Ich meine damit das, was wir als Leadership bezeichnen: Visionen entwickeln, den Funken der Begeisterung in anderen Menschen entzünden, die Richtung vorgeben, Motor und Lotse sein. Leader sind Menschen, die vorangehen und inspirieren - und unternehmerisch denken, also das übergeordnete Ziel im Blick haben. Sie können ihre Ideen vermitteln, überzeugen und begeistern. Diese charismatische Schöpferkraft braucht es, um "the One" zu sein.

Ohne "the One" erfolgt in sozialen Systemen wie Unternehmen kein fundamentaler Wandel. Denn "the One" gibt den Impuls, und bei ihm startet die Bewegung. Alles andere kommt danach. Zwar gibt es die sogenannte Schwarmintelligenz. Doch sie entfaltet sich meist erst, wenn aufgrund der Vision die Richtung vorgegeben ist, und es darum geht, die Konzepte zu entwerfen und zu realisieren, die nötig sind, um das Ziel zu erreichen. Ohne eine klare Richtungsvorgabe ist der Schwarm dumm.

Menschen mit Ideen infizieren

Zugleich gilt jedoch: "Visionäre", die es nicht schaffen, ihre Ideen zu vermitteln, scheitern. Ihre Energie verpufft, und sie selbst werden als Exoten in der Organisation gesehen und nicht ernst genommen. Die Linie zwischen tragfähiger, zukunftsweisender Vision und Hirngespinst ist dünn. Fehlen einem Visionär die erforderlichen Leadership-Eigenschaften, dran zu bleiben und andere mit zu nehmen, dann sind seine Visionen nichts wert. Anders ist es, wenn es einem Visionär gelingt, seine Ideen zu vermitteln. Dann findet er in der Regel auch "Jünger" - also Mitstreiter. Und in der Organisation entsteht die nötige Veränderungsenergie, um Großartiges zu schaffen.

Doch zunächst braucht es "the One" - jemanden, der die Dinge anders sieht, bewertet und darauf reagiert. Wie steht es damit in Ihrem Unternehmen? Gibt es in ihm diese treibenden Kräfte - in der Unternehmensspitze, auf der Bereichs- und Abteilungsebene? Wenn nein, warum gibt es diese Leader nicht? Weil die falschen Leute gefördert oder befördert wurden, oder weil den Personen mit dem entsprechenden Potenzial die Flügel gestutzt wurden? Und wie sehen Sie sich selbst? Als Manager oder als Leader? Oder als einsamer Rufer in der Wüste - in dem zwar noch eine Vision lebt, dem aber leider die nötige Unterstützung des Schwarms zu deren Realisierung fehlt? Vielleicht denken Sie über diese Fragen einmal nach, um aus den Antworten eventuell die nötigen Schlüsse zu ziehen.

Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de). Er ist unter anderem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

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