Unternehmen, die ihre Produkte über Außendienstmitarbeiter vertreiben, kämpfen beim Sichern der Qualität in ihrem Vertrieb oft mit folgendem Problem:
Ihre Verkäufer sind im ganzen Bundesgebiet, wenn nicht gar europa- oder weltweit im Einsatz, und
sie agieren im Arbeitsalltag weitgehend als Einzelkämpfer.
Entsprechend schwierig können die Unternehmen ihr Verhalten steuern.
Dessen ungeachtet ist im Außendienst ein systematischer Kompetenzauf- und -ausbau nötig. Denn häufig sind die Außendienstmitarbeiter die zentralen, wenn nicht gar einzigen Ansprechpartner der Kunden beispielsweise in einer Region. Entsprechend stark hängt neben dem Image auch der Vertriebserfolg der Unternehmen vom Verhalten ihrer Außendienstmitarbeiter ab.
Zeit und Geld für Außendienstschulung sind knapp
Das wissen die meisten Unternehmen mit einer großen Außendienstmannschaft. Deshalb investieren sie viel Zeit und Geld in das Schulen ihrer Außendienstmitarbeiter. Dabei kämpfen sie jedoch oft mit dem Problem: Sie können ihre Verkäufer im Außendienst nicht allzu häufig zu Schulungen in ihren Zentralen einbestellen. Denn dies wäre wegen der langen Anreisen mit zu hohen Kosten verbunden. Außerdem sind die Außendienstmitarbeiter an Schulungstagen nicht bei Kunden. Also verdienen sie bei einer provisionsabhängigen Bezahlung kein Geld. Deshalb opponieren sie oft gegen zu viele Schulungstage.
Auch deshalb haben heute die meisten Unternehmen mit einem großen Außendienst eine elektronische Lernplattform für ihre Mitarbeiter. Doch das Weiterqualifizieren der Vertriebsmitarbeiter mit elektronischen Lernmedien stößt rasch an seine Grenzen - vor allem weil sich mit ihnen primär kognitive Lerninhalte vermitteln lassen. Die verkäuferische Kompetenz der Mitarbeiter hingegen lässt sich mit ihnen nur bedingt erhöhen.
Führungskräfte trainieren Mitarbeiter
Deshalb entschieden viele Unternehmen in den zurückliegenden Jahren: Unsere Führungskräfte im Vertrieb - also zum Beispiel die Bezirksdirektoren und Gebietsleiter - sollen ihre Mitarbeiter coachen. Davon erhofften sie sich folgende Vorteile:
1. Die verkäuferische Kompetenz der Außendienstmitarbeiter wird mit System erhöht.
2. Bei ihnen stellt sich mit der Zeit die im Kundenkontakt nötige Verhaltenssicherheit ein. Und:
3. Weil das Coachen durch die unmittelbaren Vorgesetzten erfolgt, können bei der Kompetenzentwicklung zum Beispiel stärker die Besonderheiten einer Region oder Kundengruppe berücksichtigt werden.
Die Praxis zeigt jedoch: Den meisten Führungskräften im Außendienst fällt das Coachen ihrer Mitarbeiter schwer - auch weil viele Unternehmen beim Vorbereiten ihrer Führungskräfte auf ihre Coaching-Funktion ähnlich wie beim Vorbereiten ihrer Verkäufer auf ihre Verkäuferaufgaben verfahren. Sie schicken die Führungskräfte in ein zwei- oder dreitägiges Seminar. Danach werden sie auf die "Kunden", sprich Mitarbeiter, losgelassen.
In solchen Kompakt-Ausbildungen erfahren die Führungskräfte, warum ein Coachen der Mitarbeiter wichtig ist. Sie lernen meist auch die relevanten Coaching-Methoden kennen. Doch damit sind die Führungskräfte noch nicht für ihre Arbeit als Coachs qualifiziert. Denn wenn eine Führungskraft zu-gleich Coach ihrer Mitarbeiter sein soll, dann benötigt sie ein neues Selbstverständnis. Sie sollte es zum Beispiel als eine ihrer Kernaufgaben begreifen, Lern- und Entwicklungsprozesse bei den Mitarbeitern anzustoßen und zu begleiten. Und dies setzt wiederum ein verändertes Führungsverhalten voraus.
Eigenes Verhalten auf den Prüfstand stellen
So müssen sich die Führungskräfte zum Beispiel häufiger mit ihren Mitarbeiter zusammensetzen und mit ihnen darüber sprechen,
vor welchen (neuen) Herausforderungen sie bei ihrer Arbeit stehen,
wie diese gelöst werden können und
welche Unterstützung sie hierfür benötigen.
Sie sollten außerdem ihre Mitarbeiter häufiger zu Kunden begleiten,
um anschließend das Verkäuferverhalten im Kundenkontakt gemeinsam zu reflektieren,
daraus Coaching-Ziele abzuleiten und
diese bei den nächsten Terminen zu bearbeiten.
Formal tun dies viele Führungskräfte bereits. Doch häufig haben sie ihre Rolle als Coach noch nicht verinnerlicht. Deshalb verfallen sie beim Coachen schnell in ihr altes Führungsverhalten. Das heißt, sie geben ihren Mitarbeitern vor, was diese künftig tun sollen, statt Lernprozesse bei ihnen anzustoßen. Und statt ihre Mitarbeiter zu ermutigen, weisen sie diese lehrerhaft auf Fehler hin, was zu einem Gefühl der Bevormundung führt - auch weil die Führungskräfte ihren Mitarbeitern nicht ausreichend vermitteln, was das Ziel des Coachens ist: nicht die Außendienstmitarbeiter noch stärker zu kontrollieren. Das Ziel lautet vielmehr: Die Außendienstmitarbeiter sollen beim Entwickeln ihrer Kompetenz unterstützt werden, so dass sie künftig noch erfolgreicher arbeiten und mehr Geld verdienen – ein Punkt, der im stark erfolgsabhängig bezahlten Außendienst ein starker Motivator ist.
Coachen kann man lernen
Dass die Coachingkompetenz der Führungskräfte mit System entwickelt werden sollte, ist inzwischen zahlreichen Unternehmen bewusst. Deshalb bilden sie ihre Führungskräfte berufsbegleitend zu Vertriebs- oder Sales-Coachs aus. Das heißt, die sie werden über einen längeren Zeitraum – zum Beispiel zwölf oder 15 Monate – für ihre Coaching-Aufgabe qualifiziert und zwar in modular aufgebauten Ausbildungen. Das erforderliche Coaching-Know-how wird den Führungskräften also in wohldosierten Häppchen vermittelt. Und ihre Coaching-Kompetenz? Sie wird weitgehend anhand von konkreten Auf-gaben, vor denen sie im Arbeitsalltag stehen, entwickelt. Dabei wird prozessbegleitend auch ihr Führungsverhalten reflektiert, so dass sich mit der Zeit ihr Selbstverständnis als Führungskraft wandelt und bei ihnen die erforderliche Verhaltenssicherheit beim Coachen entsteht.
Vermittelt wird den Führungskräften auch, dass sich nicht nur ihre Coaching-Kompetenz Schritt für Schritt entwickelt. Dasselbe gilt für die verkäuferische Kompetenz ihrer Mitarbeiter. Also gilt es auch für sie Entwicklungspfade zu definieren, bei denen die Einzelmaßnahmen so aufeinander aufbauen, dass sich ihr Verhalten nachhaltig ändert. Wie dies in der Praxis aussehen kann, sei an einem Beispiel illustriert.
Wer Berater auswählt, muss darauf achten, dass sein Team ausgewogen mit verschiedenen Persönlichkeitstypen besetzt ist - von Neuerern und Wegbereitern über Macher und Koordinatoren bis hin zu Umsetzern und Perfektionisten.- Der Neuerer
...(im Englischen auch Plant oder Chairman) ist der Kreative. Er verfügt über eine ausgeprägte Vorstellungskraft und ist in der Lage, schwierigste Probleme zu lösen. Zu seinen - tolerierbaren - Schwächen zählt, dass er oft zu beschäftigt ist, um effektiv zu kommunizieren, und dass er kleinere Probleme gern ignoriert. - Der Wegbereiter
... (engl. Resource Investigator) zeigt sich aufgeschlossen, enthusiastisch und kommunikativ. Er entwickelt Kontakte. Zu seinen lässlichen Schwächen zählt, dass er überoptimistisch ist, aber zugleich, nach anfänglicher Begeisterung, oft das Interesse verliert. - Der Koordinator/Integrator
...(engl. Co-Ordinator) ist der erfahrene und selbstsichere Typ, der Entscheidungen fördert. Zu seinen negativeren Eigenschaften gehört es, dass er mitunter als manipulativ erscheint und dazu neigt, eigene Aufgaben auf andere zu übertragen. - Der Macher
... (engl. Shaper) ist herausfordernd und dynamisch. Er arbeitet gut unter Druck und überwindet Hindernisse. Zu seinen Schwächen zählt es, ungeduldig, provozierend und verletzend zu sein. - Der Beobachter
...(engl. Monitor Evaluator) denkt nüchtern, strategisch und kritisch. Er untersucht Vorschläge auf ihre Machbarkeit. Auf der Negativseite steht, dass es ihm an der Fähigkeit mangelt, andere zu inspirieren. - Der Teamarbeiter
...(engl. Teamworker) ist kooperativ und diplomatisch, er hört zu und vermeidet unnötigen Streit. Auf der Soll-Seite stehen seine Unentschlossenheit und seine Neigung, Konfrontationen und Konflikten auszuweichen. - Der Umsetzer
... (engl. Implementor) agiert zuverlässig und effizient. Er setzt Maßnahmen um und organisiert die Arbeit. Dem steht gegenüber, dass er mitunter unflexibel und zögerlich handelt. - Der Perfektionist
(engl. Completor) zeigt sich gewissenhaft und pünktlich. Weil er selbst Fehler vermeidet und Fehler entdecken kann, wirkt er qualitätssichernd. Allerdings ist er mitunter unwillig zu delegieren und eher ängstlich. - Der Spezialist
...(engl. Specialist) ist introvertiert und handelt aus eigenem Antrieb. Er ist engagiert und bringt Fachwissen ein. Zu seinen Schwächen zählt, dass er nur sehr spezifische Beiträge liefert und sich oft in Details verliert.