Es scheint doch nicht so einfach, mit den Interessen der Cloud- und Glasfaservertreter im Bundestag und den Lobbyverbänden per Schulgesetz Minderjährige indoktrinieren zu lassen. Selbst mit dem hausgemachten Gespenst des Digitalisierungsnotstands sowie der anhaltenden PR-Penetration mit Cloud-Zwang und einer Überdosis angeblicher Chancen und Lösungen gelingt die Primärinfektion mit digitaler Demenz im Schulsystem nur schleppend.
Mit der als "DigitalPakt" treffend bezeichneten Subventionierung der IT-Branche, insbesondere der Abteilung globale Cloud- und Softwaregiganten, werden zu deren Freude nun ein paar Milliarden Euro in die augenscheinliche Digitalisierung des Schulsystems gesteckt.
Also nicht etwa für bröckelnde Klassenzimmerdecken, defekte Klos, Schulessen, fehlendes Lehrpersonal oder den freitäglichen denkfördernden Solidarstreik. Auch nicht für Naturwissenschaften, Musik, Kunst oder Sozialkunde, das funktioniert analog durch Begreifen und Selbermachen besser. Es geht vor allem um Hardware und Unterricht as a Service.
Die Zweckbindung der Mittel für die zumindest umstrittene Förderung einer digitalen Infrastruktur - Hashtag Cloud first - und die Begrenzung bei der Beschaffung von Endgeräten auf maximal 20 Prozent der genehmigten Fördersumme zeigt deutlich, wer hier profitieren soll: Cloud- und Service-Provider sowie Softwarehersteller.
Die Gefahr bei einem Lernen nach Plattformen besteht in variabel gestaltbaren und durchaus auch alternativen Fakten je nach Regierungsgusto. Upload-Filter, selektive Informationsweitergabe, unterschwellige Infohäppchen für Produkte, Unternehmen, Parteien oder Systeme im Unterricht? Eine Horrorvorstellung, sicherlich, aber viel leichter zu realisieren als mit Buch, Heft und Füller.
Lesen, Schreiben, Denken und sozial Handeln lernen, zur Förderung analoger statt künstlicher Intelligenz - das sollte die Aufgabe einer Schule sein. Denn für das reale, analoge Leben auf diesem Planeten müssen unsere Kinder lernen und nicht für Konzerninteressen.
Mein Fazit: Pädagogische Vorteile von digitalem Lesen, Schreiben oder Rechnen erschließen sich nicht - im Gegenteil sind die mahnenden Rufe der Wissenschaft berechtigt, die Digitalisierung nicht über den Menschen zu stellen.
Bis demnächst, Euer Querschläger!
Der ChannelPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz. Alle Kommentare des CP-"Querschlägers" finden Sie im "Querschläger"-Archiv. (rw)
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