Interview mit Vorstandssprecher Benedict Kober

Euronics setzt auf E-Commerce, Wearables und qualifizierte Händler



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Nicht nur bei der soeben gestarteten Onlineshop-Lösung lässt Euronics höhere Ansprüche erkennen als der Wettbewerb. Auch zu Themen wie der Qualifizierung der angeschlossenen Händler und dem Verkauf von neuen vernetzten Geräten äußert Verbundgruppen-Chef Benedict Kober im ChannelPartner-Interview klare Vorstellungen.
Benedict Kober ist seit 2009 Sprecher des Vorstands von Euronics
Benedict Kober ist seit 2009 Sprecher des Vorstands von Euronics
Foto: Euronics

Vier Geschäftsjahre in Folge verzeichnete Euronics rückläufige bzw. stagnierende Einnahmen. Seit Ende letzten Jahres steigen die Umsätze nun wieder. Was macht Sie zuversichtlich, dass es sich dabei um eine nachhaltige Trendwende handelt?

Benedict Kober: In den vergangenen Jahren haben wir mit dem Rückgang im TV-Geschäft besonders klarkommen müssen. Bei den Veränderungen auf Seite der Hersteller waren wir unter den am stärksten betroffenen Handelspartnern, das hat uns zu schaffen gemacht. Allerdings muss man sagen, dass wir in den Jahren davor vom TV-Boom auch überproportional profitiert haben - der Effekt ging also in beide Richtungen.

Inzwischen haben wir Warenbereiche wie IT und Telekommunikation deutlich nach vorne gebracht. Auch die Weiße Ware läuft heute sehr gut, ebenso wie der Audiobereich. Wir haben in den letzten Jahren in Maßnahmen investiert, aber auch in die personelle Aufstellung und in neue Konzepte. Das alles greift nun und wir sind sehr gut unterwegs. Der TV-Bereich bleibt weiterhin ein Sorgenkind, aber das ist ein Gesamtmarktphänomen.

Seit dem Rekordjahr 2009/10, als Euronics einen Zentralumsatz von 1,85 Milliarden Euro erzielte, haben sich Ihre zentralregulierten Umsätze auf 1,47 Milliarden Euro reduziert. Nun sind Sie zwar eine genossenschaftlich organisierte Verbundgruppe und kein börsennotiertes Unternehmen. Dennoch dürfte Ihnen diese Entwicklung nicht egal sein...

Kober: Wenn mich jemand fragt, "Wollen Sie mehr Umsatz machen?", ist meine Gegenfrage: "Wieviel gebe ich dafür aus?". Umsatz kann jeder machen. Eine Maximierung per se ist für uns kein Ziel. Trotzdem ist klar, dass wir auf Wachstum ausgelegt sind und auch ein entsprechendes Volumen generieren wollen. Aber uns ist wichtig, dass der Umsatz, den wir erwirtschaften, auch eine Wertigkeit besitzt. Und dieser Wertigkeit kommt in unserer Betrachtungsweise die höhere Gewichtung zu.

Ende 2013 haben Sie sich im Rahmen einer Umorganisation von den langjährigen Leitern der Bereiche Haustechnik und Consumer Electronics getrennt. Worum ging es bei diesem Schritt?

Kober: Mit der Umorganisation haben wir eine komplette Hierarchieebene herausgenommen - und das hat sich auch ausbezahlt: wir sind schneller in unseren Entscheidungen geworden und haben die Abstimmungswege verkürzt. Das Produktmanagement ist seitdem komplett dem Vorstand - also mir - unterstellt. Wir haben damit den Leuten mehr Verantwortung übergeben und diese werden dem auch vollkommen gerecht. Für mich bedeutet die Änderung, dass ich mich seitdem viel stärker um das operative Geschäft kümmere und viel mehr präsent bin. Die Umorganisation hat sich aus unserer Sicht bewährt und wir werden diese Hierarchieebene auch nicht wieder einführen. Wenn Sie wollen, ist diese Maßnahme auch eine Teilbegründung für die positive Entwicklung, die man heute sieht.

Eine Restrukturierung aus Kostengründen - wie bei Electronic Partner - hat es bei Ihnen also nicht gegeben?

Kober: Nein.

Beim Euronics Kongress 2015 in Leipzig präsentierte die Verbundgruppe ihre Strategie
Beim Euronics Kongress 2015 in Leipzig präsentierte die Verbundgruppe ihre Strategie

"Wir können nicht auf den letzten Partner warten"

Wie sieht es mit der Selektion der Kooperationsmitglieder aus? EP sorgte kürzlich mit der Ankündigung für Aufsehen, Partner mit einer zu geringen Qualität aus dem Markenauftritt der Verbundgruppe auszuschließen. Gibt es eine ähnliche Praxis auch bei Euronics?

Kober: Ja, wir praktizieren das schon seit geraumer Zeit. Die Zeit, wo man auf jeden Rücksicht nehmen kann, ist schon lange vorbei. Wir haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich die Verbindlichkeiten für Euronics-Mitglieder hochgefahren. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Kampagne "44 Jahre Euronics" aus dem Jahr 2013/14. Damals haben wir gesagt, dass sich jeder Markenteilnehmer daran beteiligen muss. Trotzdem gab es manche, die aus irgendwelchen Gründen nicht teilnehmen wollten. Für uns war klar, dass diese Mitglieder dann auch aus den restlichen Aktionen raus waren. Wer dagegen mit uns mitzieht, kriegt auch unseren maximalen Support. Wir versuchen alle Leistungsfähigen mitzunehmen. Wir können dabei aber nicht auf den Letzten warten. Denn das könnten wir denen gegenüber nicht verantworten, die nach vorne wollen und gemeinsam mit uns Dinge bewegen wollen.

Dennoch braucht es offensichtlich hin und wieder besondere Maßnahmen, um Ihre Mitglieder aufzurütteln: Um Ihre Online-Strategie zu unterstreichen, hatten Sie zur Summer Convention im letzten Jahr die Unternehmensberatung Wieselhuber & Partner mit ihrer berüchtigten "Todesliste für den stationären Einzelhandel" eingeladen...

Kober: Die Studie von Wieselhuber & Partner wurde durch die Presse etwas zugespitzt dargestellt. Die Aussage der Studie ist ja vor allem, dass wenn sich der Handel nicht mit bestimmten Themen beschäftigt, die Gefahr besteht, dass ein Prozess entsteht, bei dem der eine oder andere aus dem Markt ausscheidet. Wer sich mit den richtigen Themen befasst, muss hier aber keine Angst haben. Deshalb haben wir eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet: unser Cross-Channel-Konzept, Weiterentwicklungen bei der IT, um die Händler zu entlasten, Modernisierungen am POS, der zum "Point of Emotion" werden soll, und Maßnahmen, um die Leute in den Läden zu qualifizieren.

auf der nächsten Seite erfahren Sie mehr zur Online-Strategie von Euronics und der Einschätzung von Benedict Kober zum Verkauf von Wearables.

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