Interview mit Vorstandssprecher Benedict Kober

Euronics setzt auf E-Commerce, Wearables und qualifizierte Händler



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".

"Wenn man Online richtig machen will, dann so wie wir"

Bleiben wir bei Ihrer Online-Strategie: Was ist eigentlich die Zielsetzung Ihrer neuen Onlineshop Lösung? Richten Sie sich damit vor allem an Bestandskunden oder trauen Sie es sich auch zu, neue Online-Kunden damit zu erreichen?

Kober: Selbstverständlich wendet sich unser Cross-Channel-Konzept an unsere Stammkunden. Aber wir denken, dass wir damit auch eine neue Klientel erschließen können, die Euronics bisher vielleicht nicht gar nicht auf dem Zettel hatten. Diese werden bei uns genauso gut bedient, wie bei jedem anderen Online-Händler und sehen, dass sie auch zu uns ins Geschäft kommen können, wenn sie das wollen. Denn wenn man die Kunden befragt, hört man oft, dass die Leute zwar den stationären Handel schätzen. Aber viele Kunden haben einmal schlechte Erfahrungen gemacht oder sie wissen nicht, wo es den nächsten geeigneten Händler gibt. Diese Kunden führen wir über unseren Online-Marktplatz an Euronics heran und leiten sie dann an die Geschäfte weiter.

Bei der Euronics Kober Summer Convention 2014 präsentierte Benedict Kober das Cross-Channel-Konzept der Verbundgruppe
Bei der Euronics Kober Summer Convention 2014 präsentierte Benedict Kober das Cross-Channel-Konzept der Verbundgruppe

Dezentral organisierte Verbundgruppen mit hunderten angeschlossenen Händlern tun sich erfahrungsgemäß schwer damit, einen zentralen Onlineshop umzusetzen. Mit Ihrem Online-Marktplatz mit individuellen Händlersortimenten präsentieren Sie für dieses Problem nun eine Lösung, die über alles hinausgeht, was bisher im Verbundgruppenbereich probiert wurde...

Kober: ...ja, man könnte fast sagen: der "goldene Schuss" - und das muss auch so sein! Denn alles andere würde zu kurz greifen. Als Verbundgruppe müssen wir mit einer riesigen Komplexität umgehen. Das ist nicht trivial, aber die Welt ist nun einmal komplex. Hinter unserem Marktplatz steht eine Menge an Prozess-Know-How, aber es scheint gut gelungen und wir sind mehr als zufrieden damit. Man kann sagen, wir tragen damit der Komplexität eines Hybrid-Business Rechnung.

Als Verbundgruppe kann man zwar auch einen Onlineshop zentral aufsetzen und die Händler daran beteiligen. Doch dann würde man die Kundenbeziehungen und die Regionalität der Händler vernachlässigen. Wenn man Online richtig machen will, dann nur so wie wir. Alles andere ist ein fauler Kompromiss.

Haben Sie keine Angst dass Ihnen die technische Komplexität Ihrer Online-Lösung über den Kopf wachsen könnte? Oder dass sich mit der Zeit unkalkulierte Kosten ergeben könnten, zum Beispiel durch gemischte Warenkörbe mit Artikeln verschiedener Euronics-Händler?

Kober: Nein, wir haben keine Angst. Das System kann die Komplexität abbilden und auch kostenseitig haben wir alles im Griff. Ein gemischter Warenkorb ist schließlich kein Standardfall. Der durchschnittliche Warenkorb enthält in der Regel nur wenig mehr als einen Artikel. Doch auch wenn es zu einem gemischten Warenkorb kommt, können wir das abbilden.

"Ohne Smartphone-Angebot keine Apple Watch"

Beim Euronics-Kongress haben Sie Produktneuheiten im Bereich Smart Devices und Wearables einen recht großen Stellenwert eingeräumt. Inwiefern wird das "Internet of Everything" Ihrer Meinung nach den Handel verändern?

Kober: Bei diesen neuen Produkten kommt es darauf an, dass sie gut präsentiert werden und auch die Vorführbarkeit integriert wird. Darüber hinaus besteht die Herausforderung darin, dass viele dieser Produkte zwischen den Warenbereichen TK und PC stehen. Das bezieht sich auf die Frage, wo die Produkte präsentiert werden - natürlich in direkter Nähe zu Tablets und Smartphones, weil hier die größte Affinität besteht und alle diese Geräte auf Apps zugreifen. Daneben stellt sich die Frage: wer soll das verkaufen? Hier muss es in den Geschäften übergreifende Leute geben, die den Kunden im Beratungsgespräch Frage und Antwort stehen und auch einen Abschluss erzielen können. Klar ist: diese Produkte sind sehr beratungsintensiv und es wird viele Fragen geben. Und schließlich ist es auch wichtig, geeignete Lösungen für den Ladenbau bereit zu haben.

Euronics-Filiale: Auf den Standort kommt es an
Euronics-Filiale: Auf den Standort kommt es an

Werden alle Euronics-Betriebstypen für solche Produkte gleich gut geeignet sein? Oder lässt sich bereits absehen, dass sich bestimmte Ladenformate besser entwickeln?

Kober: Grundsätzlich ist es so, dass der Standort wichtiger ist als der Betriebstyp. Stehen reine TV-Händler vor dem Aussterben? Die Antwort auf diese Frage ist, dass es auf den Standort ankommt. Es gibt bei uns sogar reine Braune-Ware-Händler, denen es gut geht, weil der Standort gut funktioniert. Allerdings ist es schon so, dass sich bei uns die Fachmärkte und die Media@Home-Geschäfte stabiler entwickeln.

Der Fachhandel muss sich dagegen diversifizieren und in Richtung PC und TK gehen. Ein Händler, der heute keinen Web-Anschluss erledigt und keine Smartphones anbietet, der kriegt Schwierigkeiten. Das nächste ist die Apple Watch, die es irgendwann natürlich auch bei Euronics geben wird. Das ist toll für die Händler, denn so etwas erzeugt Frequenz. Wer keine Smartphones anbietet, kann aber auch keine Apple Watch verkaufen. Schließlich ist die Apple Watch die Fernbedienung für alles, was sich mit dem iPhone machen lässt. (mh)

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