Das Urteil vom 27.02.2008 (Az.: 1 BvR 370/07) hat weitreichende Bedeutung für das anstehende Gesetzgebungsverfahren der sogenannten "Online-Durchsuchung" und dürfte zukünftig für weitere Rechtsfragen mit Bezug zu personenbezogenen Daten im Internet eine entscheidende Grundlage bieten.
Gegenstand der Klage, die von einer Journalistin, einem Mitglied der Landespartei DIE LINKE und drei Rechtsanwälten eingereicht worden ist, war nicht die noch anstehende Umsetzung der "Online-Durchsuchung" auf Bundesebene, sondern eine bereits existierende gesetzliche Regelung in Nordrhein-Westfalen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Ergebnis die angegriffenen gesetzlichen Regelungen zum größten Teil für verfassungswidrig und nichtig erklärt.
Zu unterscheiden sind zwei kritisierte Überwachungsmaßnahmen: die "Online-Durchsuchung" sowie das "heimliche Beobachten oder Aufklären". Maßgeblicher Inhalt der vorliegenden Entscheidung ist die "Online-Durchsuchung", in deren Zusammenhang und Prüfung das Bundesverfassungsgericht ein "neues Grundrecht geschaffen" hat (genauer: eine neue Ausprägung des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts). Daher orientiert sich diese Darstellung primär an den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung. Die Leitlinien der Begründung bezüglich des heimlichen Aufklärens werden kurz zusammenfassend dargestellt.
Persönlichkeitsrecht
Maßgeblich war für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 2 des Verfassungsschutzgesetzes (VSG) das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner besonderen Ausprägung als Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme verletzt. Die Vorschrift wahre insbesondere nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Angesichts der Schwere des Eingriffs sei die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen.
Zudem muss der Eingriff nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung gestellt werden. Diesen Anforderungen werde § 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 2 VSG nicht gerecht. Darüber hinaus fehle es an hinreichenden gesetzlichen Vorkehrungen, um Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu vermeiden.