Was hilft E-Commerce-Unternehmen dabei, am Ball zu bleiben und ihre Ziele zu erreichen? Wie schaffen es Online-Shops in hochdynamischen Märkten, ihre Umsätze zu steigern? Die Antwort lautet: Indem sie alle Aspekte ihrer Website durch Testing und Personalisierung optimieren. Hier sind drei Trends festzustellen:
• Entwicklung einer hochrelevanten, nahtlosen Benutzererfahrung: Sie erzielt die höchste Wirkung (denn der Preis ist nicht mehr das Hauptdifferenzierungsmerkmal), ist aber schwer umzusetzen.
• Optimierung auf allen Kanälen: Omnichannel-Konzepte gewinnen immer mehr an Bedeutung, haben aber nur dann Erfolg, wenn sie richtig umgesetzt werden.
• Kontinuierliche Tests: Mit fortlaufenden Tests ist die Anpassung an Veränderungen im Kundenverhalten möglich.
In diesem Beitrag erkläre ich Ihnen, welche Ansätze bedeutende Unternehmen aus dem Online-Handel verfolgen. Sie erhalten außerdem Tipps dazu, wie Ihre Firma auf diese Trends reagieren kann.
Eine optimierte Benutzererfahrung ist DAS Differenzierungsmerkmal
Kundenloyalität ist nicht mehr das, was sie mal war. Per Mausklick hat der Verbraucher Zugriff auf Tausende von Angeboten - warum also sollte er einer bestimmten Marke die Treue halten? Er kann den gewünschten Artikel an so vielen Orten kaufen, dass Loyalität nicht mehr notwendig ist. Ein wettbewerbsfähiger Preis reicht heutzutage nicht aus. Als Anreiz beziehungsweise Wettbewerbsvorteil fungiert mittlerweile die User Experience. Sie überholt mit großen Schritten den Preis und das Produkt als entscheidendes Differenzierungsmerkmal einer Marke. Online-Inhalte, die exakt auf die Situation, das Verhalten und die Herkunft des Besuchers zugeschnitten sind, geben dem Kunden das Gefühl, ein Individuum zu sein und stärken die Kundenloyalität.
- "Zu teuer? Im Vergleich zu was genau?"
"Teuer" ist ein relativer Begriff. Wenn Sie herausfinden, mit welcher Alternativlösung Sie Ihr Interessent vergleicht, können Sie in der Folge präzise den Mehrwert Ihrer Lösung, Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung darstellen. - "Wirklich? Wie kommen Sie zu dem Schluss?"
Diese Antwort führt dazu, dass Ihr Interessent seine Sicht begründet. Somit verstehen Sie die spezifischen Bedenken und Vorbehalte und können diese aufgreifen und entsprechend entkräften. - "Ich verstehe, Sie wissen: die besten Produkte/Lösungen benötigen in der Regel etwas mehr Budget."
Geoffrey James, Vertriebsexperte aus den USA, hat einmal gesagt, dass der Einwand "Preis" erst dann ernst zu nehmen ist, wenn der Interessent diesen Aspekt mindestens zwei Mal auf den Tisch bringt. Bedeutet, dass Sie mit dieser Aussage diejenigen Interessenten identifizieren, die entweder tatsächlich nicht genügend Budget haben oder aber diejenigen, die einfach mit dem Budget "spielen" möchten. Oftmals geht es danach ja eh in die Verhandlungsrunden mit dem Einkauf. - "Was bedeutet es für Sie, wenn Sie das Projekt nicht umsetzen - was ist die Konsequenz daraus?"
Einer meiner persönlichen Favoriten, denn durch diese Gegenfrage bringen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, zu reflektieren, was passiert, wenn er Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt. - "Ist es eine Frage des Budgets oder des Cash Flow?"
Durch diese Frage finden Sie heraus, ob es dem Interessenten um einen Nachlass auf Grund mangelnder Budgets oder um eine Verlängerung des Zahlungsziels geht. Sobald Sie dies wissen, können Sie entsprechend gezielt in die weiteren Verhandlungen treten. - "Losgelöst von der Budgetfrage: Hilft Ihnen unser Produkt/unsere Dienstleistung, Ihre Herausforderung zu lösen?"
Eine direkte Gegenfrage, die konsequent und ohne Umschweife auf den Wert Ihres Produktes beziehungsweise Ihrer Dienstleistung abstellt. Dadurch stellen Sie die Werthaltigkeit wieder in den Fokus. - "Was genau ist zu teuer?"
Diese Gegenfrage führt dazu, dass Ihr Interessent erläutert, welche Teile des Angebotes ihm zu teuer erscheinen. Aussagen wie "Nun, das ist eine Menge Geld für etwas telefonieren" verdeutlicht mir beispielsweise sofort, dass der Interessent den Wert einer professionellen Kaltakquise für sich noch nicht erkannt hat und wahrscheinlich davon ausgeht, dass es sich um eine klassische Call Center Telefonie handelt. - "Zu Teuer? Das stimmt mich jetzt nachdenklich"
Nachdenklich - mit dieser Formulierung stellen Sie wieder auf die Wertigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung ab. Sie bringen zum Ausdruck, dass es für Sie gar nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass ein Interessent den Wert nicht erkennt. - "Ist die Investition der einzige Aspekt, der Sie von einer Beauftragung abhält?"
Mit dieser Frage finden Sie heraus, ob es noch anderweitige Einwände gibt oder ob es tatsächlich "nur" um das Budget geht. - "Gut, ich verstehe. Auf welche Produktfeatures/Leistungsbestandteile können Sie am ehesten verzichten?"
Damit sagen Sie dem Interessenten, dass die Investitionshöhe unmittelbar mit der Werthaltigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung verbunden ist. Wenn der Kunde weniger zahlen möchte, dann sollte er sich darüber im klaren sein, dass er nicht die volle Gegenleistung erwarten darf. - "Ist es so, dass der Preis Sie davon abhält in das Produkt/die Dienstleistung zu investieren, die Ihnen wirklich weiterhilft?"
Hier gehen Sie latent auf das Thema "Geiz ist geil"/Billigkäufe ein, ohne es auszusprechen. Aber Sie sensibilieren Ihren Ansprechpartner nochmals zu diesem Thema. Darüber hinaus finden Sie mit dieser Frage heraus, ob Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung wirklich die beste Lösung für die Aufgabenstellung des Kunden ist. - "Bedeutet dies, dass wir niemals die Möglichkeit zur Zusammenarbeit finden?"
Colleen Francis von Engage Selling Solutions aus USA sagt, dass das Wort "niemals" ein maßgeblicher Trigger ist. "Niemals" ist ein sehr mächtiges Wort und die meisten Menschen mögen das Wort auch nicht. Daher werden viele der Interessenten mit "Naja, nein, niemals würde ich nicht sagen…" antworten. Und schon liegt der Ball wieder beim Vertrieb, da er nun in die konkreten Verhandlungen einsteigen kann oder aber das Gespräch und die Verhandlung tatsächlich komplett beenden kann. - "Welchen Return on Investment wünschen Sie sich genau?"
Diese Gegenfrage lenkt die Gedanken des Interessenten weg von "teuer" und "billig" hin zu dem langfristigen Wert, den Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung mit sich bringt. - "Verstehe ich richtig, dass unsere Preise im Vergleich zum Mitbewerb höher sind?"
Wenn Ihre Preise höher sind als die des Mitbewerbs, so dienst diese Gegenfrage dazu, direkt auf die Differenzierung zum Mitbewerb einzugehen. - "Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal in ein ähnliches Produkt/eine ähnliche Dienstleistung investiert?"
Oft haben Interessenten tatsächlich eine unrealistische Preisvorstellung, was ein gutes Produkt oder eine professionelle Dienstleistung kosten darf. Ein Grund hierfür kann sein, dass der Interessent noch niemals ein vergleichbares Produkt oder Dienstleistung bezogen hat. Mit dieser Gegenfrage haben Sie die Chance derartige "Missverständnisse" auszuräumen. - "Wann haben Sie das letzte Mal etwas nur wegen des Preises gekauft?"
Auch hier geht es, ähnlich wie bei Punkt 11, um das "billig". Gerade im B2B-Umfeld kenne ich kaum verantwortliche Mitarbeiter, die sich damit rühmen "billig eingekauft zu haben". Vielmehr geht es darum Lösungen beschafft zu haben, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringen. - "Ich verstehe Sie und ich hatte erst vor kurzem 2/3/4 Kunden wie Sie, die ebenfalls Bedenken wegen des benötigten Budgets hatten. Letztendlich haben sich diese Kunden doch entschlossen das Projekt umzusetzen und wissen Sie was daraus resultierte?"
Und dann setzen Sie das Gespräch mit einer eindrucksvollen Case Study fort, die belegt warum Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung sein Geld wert ist. Wichtig ist hierbei, dass es sich um "echte Case Studies" handelt, die Sie dem Kunden auch schriftlich nachweisen können. - "Wie verhält es sich beim Vertrieb in Ihrem Unternehmen? Verkauft Ihr Unternehmen seine Produkte/Lösungen/Dienstleistungen über den Preis?"
Ein weiterer Favorit von mir, eine Aussage, die ich als Joker immer gerne im Ärmel habe. Auch Ihre Kunden müssen Ihre Produkte/Dienstleistungen verkaufen und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgt dies nicht über eine Billigpreis-Strategie.
Psychologisch betrachtet leuchtet das ein: Wenn jemand zeigt, dass er Ihnen wirklich zuhört, sind Sie ihm stärker verbunden. Ähnlich funktioniert das auch im Einzelhandel - kennt ein Anbieter Ihre Interessen, bleiben Sie ihm eher treu. Branchenkenner reden sogar davon, dass der Trend vom "Retail" (Einzelhandel) zum "Me-tail" geht. Tatsächlich melden sich 75 Prozent der Nutzer in Online-Shops an, die Angebote speziell für ihre persönlichen Vorlieben basierend auf ihrem bisherigen Verhalten oder durch Produkt-Personalisierung offerieren.
Kontinuierliche Tests fördern kurze Entscheidungsprozesse
Wie lässt sich die anspruchsvolle Aufgabe lösen, eine individuelle, nahtlose Benutzererfahrung zu schaffen? Indem Sie unterschiedliche Konzepte austesten, die Ergebnisse verschiedener Segmente analysieren und die Inhalte entsprechend personalisieren. Eine Strategie, mit der zum Beispiel das Online-Modeunternehmen Revolve Clothing große Erfolge erzielte: Der Shop erhöhte das Kundeninteresse um 20 Prozent, steigerte die E-Mail-Anmeldungen um 2,25 Prozent und personalisierte die Benutzererfahrung auf sämtlichen Plattformen.
Tipp: Lassen Sie sich von den Ideen in der Abbildung unten anregen. Sie zeigt, wie eine Optimierungsstrategie für den E-Commerce aussehen könnte:
Eine Idee möchte ich besonders hervorheben: Laut Internet Retailer sagt mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Verbraucher, sie hätten vor dem Klick auf den „Kaufen“-Button die Online-Bewertungen gelesen. Theoretisch könnte sich also eine einfache Maßnahme wie die Aufnahme von Bewertungen in Ihre Website beziehungsweise deren prominente Darstellung erheblich auf den Umsatz auswirken. Es lohnt sich diesen Aspekt auszutesten, denn hier geht es um eine große Kundengruppe. Wenn Sie Informationen über ihr Verhalten sammeln und Ihre Website entsprechend personalisieren, wird sich das mit Sicherheit auf Ihre Ergebnisse auswirken.
Mobile Plattformen werden immer wichtiger
Auch bewährte E-Commerce-Praktiken sind nicht zu vernachlässigen. Die Recherche- und Kauferfahrung sollte für den Nutzer nahtlos sein, egal, welches Endgerät er benutzt. Und hier kommt das Omnichannel-Konzept ins Spiel. Der Anteil der Nutzer, die daheim am PC shoppen, ist groß, doch wie Art Peck, CEO von Gap, anmerkt: "Künftig wird das Smartphone der für die Markenbindung entscheidende Kanal sein." Viele Verbraucher sehen sich im Geschäft erst einmal die Produktbewertungen und -infos auf dem Smartphone an, bevor sie einen Artikel kaufen. Sie sind permanent online, sie recherchieren und shoppen auch unterwegs. Wer also seinen mobilen Auftritt nicht testet und pflegt, riskiert abgelenkte oder - noch schlimmer - enttäuschte Kunden - und das kann teuer werden.
Tipp: Testen Sie wichtige Bereiche sowohl für Desktop- als auch für mobile Nutzer. Führen Sie beispielsweise Tests zur Anzahl der Eingabefelder im Checkout-Prozess durch: Diese kommen bei mobilen Nutzern besser an, wenn sie in verschiedene Abschnitte aufgeteilt werden. Achten Sie auf ein einheitliches Branding, doch ändern Sie den Checkout-Bereich so, dass auf jeder Plattform die nahtloseste Benutzererfahrung zu sehen ist.
Der Aufwand erscheint Ihnen womöglich groß: Sie müssen ein Optimierungsprogramm mit Multichannel-Testing und Personalisierung entwickeln. Händler, die mit dem Markt Schritt halten möchten, müssen ihre Chance ergreifen. Trauen Sie sich, probieren Sie unterschiedliche Ansätze aus: Testen Sie, personalisieren Sie und fangen Sie dann wieder von vorn an. Ihr Unternehmen und vor allem Ihre Kunden werden es Ihnen danken.
Lesetipp: In zehn Schritten zur perfekten Omni-Channel-Strategie