Sie fordern, viele Personalabteilungen müssten ihre Prozesse bei der Personalsuche und -auswahl überdenken. Warum?
Alexander Walz: Wenn Unternehmen heute eine Stellenzeige schalten, dann sammeln sie aufgrund des mit dem demografischen Wandel einhergehenden Fach- und Führungskräftemangels oft die Erfahrung. Es melden sich nur eine Handvoll Leute mit der gewünschten Qualifikation. Zuweilen meldet sich sogar kein Bewerber, der den Anforderungen entspricht. Also müssen die Unternehmen andere Wege beschreiten, um mit den gewünschten Personen in Kontakt zu kommen.
Eigentlich würde es doch genügen, wenn sich eine Person bewirbt, wenn das Unternehmen ohnehin nur eine Stelle zu besetzen hat.
Walz: Im Prinzip ja, wenn der Bewerber tatsächlich wechselwillig ist und zum Unternehmen passt. Manchmal wollen Bewerber aber nur ihren Marktwert ausloten und springen im letzten Moment ab. Immer häufiger sagen sogar Bewerber, die schon einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben, kurzfristig ab. Deshalb ist es gut, Ersatzkandidaten in petto zu haben. Denn wenn ein Unternehmen die Bewerbungs- und Auswahlprozedur erneut starten muss, dann verstreichen oft viele weitere Monate bis die Stelle endgültig besetzt ist.
Sie behaupten, viele Personalabteilungen müssten flexibler werden?
Walz: Ja, vielen ist noch nicht klar, dass sie, weil Arbeitskräfte mit einer gewissen Qualifikation rar und somit begehrt sind, auch ihre Personalsuche- und -auswahlprozesse überdenken und zum Teil neu definieren müssen.
Inwiefern?
Walz: Oft gehen Unternehmen, wenn sie zum Beispiel einen hochqualifizierten Spezialisten suchen, noch wie in der guten, alten Zeit vor: Sie schalten eine Stellenanzeige. Dann sammeln sie drei Wochen die eingehenden Bewerbungen. Danach sichten die Verantwortlichen die Unterlagen, um zu entscheiden, wen sie zum Vorstellungsgespräch einladen, womit eine weitere Woche verstreicht. Danach läuft der erste Gesprächsrunde, die drei, vier Wochen dauert. Danach folgt eine zweite Runde mit den ganz heißen Kandidaten. Und, und, und
Das heißt, der letztlich ausgewählte Bewerber erhält nicht selten erst drei, vier Monate nach Eingang seiner Bewerbung einen Anruf "Wir stellen Sie ein". Und die Unternehmen sind dann völlig überrascht, wenn der Bewerber zum Beispiel erwidert: "Tut mir leid, ich habe schon einen Arbeitsvertrag bei einem anderen Unternehmen unterschrieben."