Die HD-ready-Lüge

Michael Schmelzle ist seit 1997 Hardware-Redakteur der PC-WELT. Daneben verantwortet der Diplom-Biologe und Buchautor Projekte wie die Höllenmaschine und die PC-WELT-PCs.

Kopierschutz

Mit dem „HD Ready“-Gütesiegel machen die Unterhaltungselektronik-Hersteller de facto den digitalen Kopierschutz HDCP zur Industrienorm für hochaufgelöste Filme und TV-Sendungen – der Standard setzt einen HDCP-gesicherten Digitaleingang voraus. Damit folgt die EICTA in vorauseilendem Gehorsam den Plänen der Hollywood-Bosse: Die Filmstudios wollen ihre hochaufgelösten Blockbuster ab 2006 nur auf HDCP-gesicherten HD-DVD- oder Blu-Ray-Medien anbieten.

Das können sie dank HD Ready jetzt problemlos, denn ohne HDCP-Chip bleibt der Bildschirm schwarz. Auch die Fernsehsender werden sich wohl dem Willen der Hollywood-Bosse fügen und ihre Inhalte HDCP-geschützt einspeisen. Zumindest HD-Vorreiter Premiere hat das für sein Filmangebot angekündigt.

Bezeichnend ist auch, dass in der „HD Ready“-Spezifikation kein Wort über die Video-Ausgänge steht. Einen Digitalausgang suchen Sie in der Regel vergeblich, da die Branche qualitativ hochwertige 1:1-Digitalmitschnitte auf Wechselmedien wie HD-DVD oder Blu-Ray von Anfang an unterbinden will – ebenfalls auf Druck der Filmindustrie. Solche 1:1-Aufnahmen werden aller Voraussicht nach nur temporär mit Festplattenrekordern möglich sein.

Langfristig sichern und archivieren können Sie Ihre digitalen Filmschätze – wenn überhaupt – nur in deutlich verminderter Qualität, beispielsweise weil die Rekorder das Videomaterial künstlich herunterrechnen oder nur ein analoger Datenstrom mit stark reduzierter Auflösung für die Aufzeichnung zur Verfügung steht.

HDCP setzt sowohl im Abspiel- als auch Empfangsgerät einen Decodier-Chip voraus. Jeder Chip besitzt eine spezielle Identifikationsnummer (ID). Um Daten auszutauschen, müssen etwa Receiver und Fernseher zunächst ihre ID übermitteln und als gültig akzeptieren. Die Unterhaltungselektronik-Hersteller wiederum können HDCP-Chips nur verbauen, wenn sie nachweisen, dass ihre Geräte das Abgreifen eines entschlüsselten Datenstroms wirksam verhindern.

Die Chip-IDs von schwarzen Schafen landen auf einer Widerrufsliste („Revocation List“). Erklärt eine zentrale Zertifizierungsstelle ein Zertifikat für ungültig, trägt sie die Seriennummer des Schlüssels in die Widerrufsliste ein. TV-Sender und Medien-Presswerke sollen immer die jeweils aktuelle Widerrufslisten verwenden, damit nicht HDCP-konforme Geräte automatisch für die HD-Wiedergabe stillgelegt werden können.

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