Herausforderungen, Chancen & Mythen der Vergangenheit
Bei Hewlett Packard ist im Laufe des letzten Jahrzehnts einiges passiert. Denken Sie, dass Sie durch all diese Veränderungen in bestimmten Bereichen der Konkurrenz hinterherhinken? Und wo sehen Sie sich ihren Konkurrenten gegenüber im Vorteil?
Meg Whitman: Es ist problematisch, mich über Versäumnisse vor meiner Zeit zu äußern und ich habe auch nicht besonders viel Zeit damit verbracht, das zu hinterfragen. Schließlich kann man an der Vergangenheit nichts mehr ändern, sondern nur versuchen, die Zukunft zu gestalten. Ich für meinen Teil wollte vor allem sicherstellen, dass wir beim Thema Data Center und Infrastruktur eine Vorreiterrolle einnehmen. Wir haben unser Server-Portfolio komplett umgekrempelt, egal ob Rack, Tower oder unser Gen9-ProLiant-Server. Wie bereits erwähnt, haben wir zudem unsere Investitionen in High-Performance-Computing massiv verstärkt. Wir haben auch unseren Superdome-Servern einen neuen Anstrich verpasst, das Ergebnis sind die Superdome X- und Superdome-Integrity-X-Server.
Wir haben uns außerdem auch stark auf unsere System-Software HP OneView fokussiert, die einige unserer wichtigsten Produkte zusammenbringt.
Wenn es um Converged Computing geht, ist meine Einschätzung, dass wir einige Dinge besser hätten machen können. Wenn man sich allerdings unsere neuesten Angebote auf diesem Gebiet ansieht - etwa HPE Synergy - denke ich, dass wir inzwischen Boden gut gemacht und die Konkurrenz teilweise vielleicht sogar schon hinter uns gelassen haben.
Worin sehen Sie die größte Herausforderung für HP Enterprise und worin die größte Chance?
Meg Whitman: Ich würde sagen, die größte Herausforderung liegt weiterhin in der rasanten Dynamik des ITK-Marktes. Nahezu jeden Tag entsteht ein neuer Konkurrent auf irgendeinem Geschäftsfeld - und normalerweise handelt es sich dabei nicht um Großkonzerne, sondern um Startups aus dem Silicon Valley. Wir müssen sicherstellen, dass wir den Markt anführen, statt hinterherzulaufen. Aber wenn wir hinterherlaufen müssen, müssen wir das in angemessener Geschwindigkeit tun und dann dafür sorgen, dass unseren Infrastruktur-Produkten dieser gewisse "HP-Touch" innewohnt.
Wir sind wirklich zufrieden mit der Performance unserer Helion Cloud: im ersten Quartal 2016 konnten wir hier 200 neue Kunden akquirieren. In diesem Markt herrscht ein brutaler Konkurrenzkampf. Hier geht es wesentlich aggressiver zu, als beispielsweise im Umfeld meines früheren Arbeitgebers eBay - obwohl allgemein angenommen wird, das Internet-Consumer-Business sei von hartem Wettbewerb geprägt. Wir sind gerade auf dem Weg in eine völlig neue Dimension und der Wettbewerbsdruck dürfte mit dem Wandel der Technologien noch weiter ansteigen. Ich sehe also Geschwindigkeit und Agilität als unsere größten Herausforderungen.
Unsere größte Chance liegt darin, dass Hewlett Packard Enterprise gut kapitalisiert ist. Es ist nun eine kleinere, beweglichere Company. Ich würde unsere Techniker gegen jeden Konkurrenten in dieser Branche antreten lassen, wenn es um Technologie für Unternehmen geht. Wir haben eine echte Chance, HP Enterprise neu zu definieren und die nächste Generation von Enterprise Infrastructure Software und -Services zu prägen.
- Die besten Systemhäuser 2015 in der Kategorie Software-Infrastuktur
In unserer jährlichen Umfrage zur Zufriedenheit der Anwender mit ihren Systemhäusern wurden zahlreiche Projekte bewertet. Hier finden Sie die Systemhäuser mit den besten Durchschnittsnoten (Note eins - sehr gut; Note sechs - sehr schlecht). - Platz 10: Comparex AG
Note: 1,65 - Platz 9: MR Datentechnik
Note: 1,63 - Platz 8: SVA System Vertrieb Alexander
Note: 1,58 - Platz 7: Nietgo
Note: 1,56 - Platz 6: pdv-systeme Sachsen
Note: 1,44 - Platz 4: StarCom-Bauer
Note: 1,36 - Platz 4: Schneider & Wulf
Note: 1,36 - Platz 3: IT-On-NET GmbH
Note: 1,29 - Platz 2: IT-Haus
Note: 1,23 - Platz 1: Krämer IT
Note: 1,06
Mit welchem Mythos um HP würden Sie gerne aufräumen?
Meg Whitman: Ich glaube wir haben einen guten Job gemacht, als es darum ging, die Wahrnehmung unseres Unternehmens zu verändern. Dennoch tauchen manche Fragen immer wieder auf. Vor kurzem hatte ich einen Interview-Termin mit einem Journalisten, der augenscheinlich noch auf dem Stand von vor zehn Jahren war. Er befragte mich zu Themen wie Vorstandsquerelen und dem Austausch von CEOs - eben diese alten Geschichten, die zwar nicht unwahr sind, sich aber vor fünf bis zehn Jahren abgespielt haben.
Wir sind nun seit fast fünf Jahren absolut beständig und ich denke, wir haben uns großartig auf neue Märkte und Geschäftsfelder ausgerichtet. Unser Vorstand ist ebenfalls bestens aufgestellt: Die Aufteilung ermöglichte es uns, einige Weltklasse-Manager zu verpflichten. Wenn Sie sich die Vorstands-Personalien von HP Inc. und HP Enterprise noch nicht angesehen haben, sollten sie das tun - es handelt sich dabei meiner Meinung nach um die beste Besetzung im Unternehmensumfeld der USA. Ich würde nur zu gerne hören, dass die Menschen endlich über die Querelen, die HP vor einigen Jahren bewegt haben, hinwegsehen können.
In vielen Interviews und Stories werden Sie auf Entlassungen und die Dimension des Personalabbaus angesprochen. Wie ist Ihre Haltung dazu? In welchen Bereichen stellen Sie derzeit ein? Welche kundenorientierten Positionen werden insbesondere ausgebaut?
Meg Whitman: Im Laufe der vergangenen Jahre mussten wir vor allem in komplexen europäischen Märkten im Bereich Enterprise Services umstrukturieren. Wie Sie sicherlich wissen, ist dies ein schwieriges Unterfangen, weswegen viele Geschäftsführungen das verhindern wollen. Aber wir mussten die Kostenstruktur für unsere Enterprise Services neu ausrichten. Auf der anderen Seite stellen wir derzeit vor allem an Offshore-Standorten ein - zum Beispiel in unserem SAP HANA-Center in Manila auf den Philippinen. Andere Standorte, an denen talentierte Führungskräfte eingestellt werden, befinden sich beispielsweise in Indien, Bulgarien oder Costa Rica.
Sie könnten jetzt entgegnen, dass das nichts mit Kundenorientierung zu tun hat, aber diese Spezialisten leisten eine Menge Arbeit, auf die sich wiederum unsere Kunden verlassen müssen. Wir haben in das Konzept investiert, wie wir unsere Kunden bei Markteinführungen ansprechen. In der Vergangenheit mussten wir viel Kritik dafür einstecken, dass wir die Menschen, die an vorderster Front mit den Kunden interagieren, unsere AGMs oder unsere Account Executives ausgewechselt haben, die die wesentlichen Ansprechpartner sowohl für unser Service- wie für unser Infrastrukturgeschäft sind. Nun können wir unseren Kunden deutlich mehr Stabilität bieten. Wir machen jetzt auch einen viel besseren Job bei der Adressierung großer Unternehmen. Vor vier Jahren wurde ich bei Meetings mit CIOs noch angesprochen: "Wir haben von HP das letzte Mal vor drei Jahren jemanden gesehen." Das hat sich geändert.
Wenn sie von einer Go-To-Market-Verbesserung sprechen - was ändert sich hierdurch ganz konkret für die Kunden?
Meg Whitman: Go-To-Market ist nur ein anderer Begriff für die Sales-Effektivität, die Vertriebseffektivität vor dem Verkauf und die technologische Unterstützung, die ein Kunde bekommt. Bei den allermeisten unserer großen Kunden sind wir diesbezüglich bestens aufgestellt. Inzwischen haben wir auch einen CTO für diese Kunden abgestellt, der bei größeren Infrastruktur-Projekten mit Rat und Tat zur Seite steht, egal ob es dabei nun um On-Premise-, Virtual- oder Managed-Private-Cloud-Umgebungen geht. Das Ziel ist dabei, den Kunden eine architektonische Roadmap an die Hand zu geben, damit sie ihre Fähigkeit weiter ausbauen können, auf geschäftliche Notwendigkeiten schnell zu reagieren, dabei aber zeitgleich die Kosten reduzieren.
Auch unsere Vertriebsabteilung haben wir spürbar aufgemöbelt: Sie leistet eine Menge Vorarbeit, während unser CTO den Kunden bei der Entscheidung unterstützen kann, welches Ziel er als nächstes ins Visier nimmt.
Gibt es weitere Bereiche, in denen eingestellt wird?
Meg Whitman: Wie schon erwähnt, sind das vor allem die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie Technik. Insbesondere in letztgenanntem Bereich suchen wir Spezialisten. Daneben wollen wir künftig weiterhin in F&E- und Sales-orientierte Bereiche investieren. Zeitgleich haben wir versucht, in anderen Bereichen ohne Kundenkontakt - beispielsweise in der HR-, Finanz- und Rechtsabteilung - Kosten einzusparen und unsere Effizienz zu steigern.
Obwohl wir auch erheblich in den Ausbau unserer internen IT investiert haben, war das so ein Fall von 'des Schusters Kinder haben die schlechtesten Schuhe'. Wir mussten an diesem Punkt also noch einmal deutlich nachbessern, um unsere IT-Abteilung so auszurichten, dass unsere Kunden und Partner schneller, besser und leichter mit uns ins Geschäft kommen können.