Gründe, Sozialauswahl, Betriebsrat

Das Wichtigste bei einer betriebsbedingten Kündigung

20.07.2018
Von Christian Lentföhr und
Michael Henn ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VDAA-Präsident, c/o Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll

4. Sozialauswahl

Die Sozialauswahl ist nach dem ab 01.01.04 reformierten § 1 III KSchG anhand der in Satz 1 des § 1 III KSchG konkret benannten sozialen Gesichtspunkte Betriebszugehörigkeitsdauer, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung vorzunehmen. Gemäß Satz 2 des § 1 III KSchG sind in die soziale Auswahl Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur im berechtigten Interesse liegt.

In die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten sind alle Arbeitnehmer eines Betriebes einzubeziehen, deren Funktion auch von den Arbeitnehmern wahrgenommen werden können, deren Arbeitsplatz weggefallen ist. Diese Sozialauswahl ist betriebsbezogen, nicht Unternehmens- oder konzernbezogen, dies gilt auch bei einem betriebsübergreifenden Versetzungsrecht.

Betreiben mehrere Unternehmen einen einheitlichen Betrieb, sind im Rahmen der Sozialauswahl alle vergleichbaren Arbeitnehmer dieses einheitlichen Betriebes zu berücksichtigen, auch wenn sie in unterschiedlichen Unternehmen beschäftigt sind.

Im Rahmen eines Betriebsüberganges nach § 613 a BGB ist der Arbeitnehmer berechtigt, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Tut er dies, kann er sich nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes nur dann auf eine fehlerhafte Sozialauswahl berufen, wenn für seinen Widerspruch ein sachlicher Grund vorliegt. Im übrigen bedarf der Widerspruch keines sachlichen Grundes.

Ob ein sachlicher Grund für einen Widerspruch vorliegt, soll sich an dem Maßstab des Paragrafen 242 BGB messen lassen. Dabei wird man einen Widerspruch für sachlich gerechtfertigt halten, wenn etwa der Unternehmenserwerber für Insolvenzen bekannt ist oder die Stilllegung des Betriebsteils bei einem Übergang bereits feststeht.

Probleme bei Massenentlassungen

Wie bei jeder betriebsbedingten Einzelkündigung hat auch bei der betriebsbedingten Massenentlassung die Sozialauswahl stattzufinden. Die Probleme, die die betriebsbedingte Einzelkündigung für die Sozialauswahl mit sich bringt, potenzieren sich bei Massenentlassungen allerdings in praktisch kaum noch zu bewältigender Weise. Deshalb hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, dass sich Arbeitgeber und – sofern vorhanden – Betriebsrat in einem Interessenausgleich auf eine Namensliste einigen, die dann als sozial gerechtfertigt gilt, § 1 Abs. 6 KSchG.

5. Darlegungs- und Beweislast

Der Arbeitgeber ist für das Vorliegen der betriebsbedingten Kündigungsgründe im vollen Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Für die Frage des Vorliegens einer Arbeitsplatzalternative gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Deshalb liegt es zunächst dem Arbeitnehmer, konkrete Vorstellungen zu Möglichkeiten anderweitiger Beschäftigung zu äußern und deutlich zu machen wie er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt. Erst daraufhin hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, weshalb diese Vorstellungen nicht zu realisieren sind. Bestreitet der Arbeitnehmer die Richtigkeit der Sozialauswahl und nennt er andere Arbeitnehmer, die weniger schutzbedürftig sein sollen als er, reicht es aus, wenn der Arbeitgeber dies substantiiert bestreitet. Dem Arbeitnehmer obliegt dann letztendlich die Beweispflicht.

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