CW: Industrie 4.0 wird von Ihrem Unternehmen, aber auch von Verbänden wie dem Bitkom oder Organisationen wie Acatech enorm gepusht. Manchmal gewinnt man den Eindruck, da ist auch Alarmismus im Spiel. Was ist der Hintergrund?
Frank Riemensperger: Bei Industrie 4.0, auch Machine to Machine Communication und Embedded Systems, geht es nicht nur um den Fertigungsprozess von intelligenten Produkten in intelligenten Fabriken. Entscheidend ist, welch Riesenchancen mit Internet-basierten Service-Geschäftsmodellen entstehen - rund um die intelligenten Produkte herum, wenn sie die Fabriken verlassen haben. Wir betreten jetzt die Welt der Smart Services, das ist es, was viele im Moment bewegt. Wir können an der Consumer-Welt beobachten, wie wertvoll ein Kunde werden kann, der an der digitalen Nabelschnur seines Smart Device hängt. Wie viele App- und Cloud-Anbieter machen rund um die Ökosysteme von Apple und Google gute Geschäfte?
CW: Industrieunternehmen sollen also mit Hilfe der IT ihre Wertschöpfungsketten verlängern?
Frank Riemensperger: Ja. Momentan sehen wir ein unglaubliches Wettrennen um die Betriebsdaten unserer überall auf der Welt eingesetzten intelligenten Produkte - Röntgenapparate, Blechbiegemaschinen, Fahrzeuge etc. Wer hat Zugriff auf diese Daten? An welche Plattformen werden die intelligenten Produkte angeschlossen? Wer kann uns diese Plattformen bauen, auf der Daten gesammelt, ausgewertet und über Realtime-Analytik verarbeitet werden? Und dann geht es um die Frage, wer zu solchen Ökosystemen Services organisieren kann, die dem Arzt, dem Ingenieur oder dem Werksleiter weiterhelfen. Dieses Wettrennen ist in vollem Gang, und man muss da mitmachen! Tut man es nicht, überlässt man die Wertschöpfung, die in den Betriebsdaten steckt, anderen.
…in der Leistungskette nicht nach hinten drängen lassen
CW: Was würde das bedeuten?
Frank Riemensperger: Wenn andere diese Betriebsdaten haben, werden sie versuchen, den Produkthersteller in der Leistungskette nach hinten zu drängen. Er wird vom Premium-Anbieter zum Zulieferer mit entsprechend geringeren Gewinnmargen. Wie das funktioniert, lässt sich gut in der Smartphone-Welt nachvollziehen: Die Endgeräte treten hinter die Apps und die Ökosysteme dahinter zurück. Das läuft in allen Industrien ähnlich.
Denken Sie an die Energieversorger, die mit dem Trend zu Smart Metering Gefahr laufen, dass sich Dritte zwischenschalten, um Kunden zu helfen, den Stromverbrauch zu kontrollieren und zu reduzieren. Oder an die Autobranche, wo die Unterhaltungs- und IT-Industrie immer größere Teile der Wertschöpfung für sich beansprucht und es teilweise sogar schafft, Informations- und Entertainment-Systeme in den Mittelpunkt zu rücken - anstelle des Fahrens.
- 7-Punkte-Plan für Industrie 4.0
Industrie-4.0-Szenarien lassen sich bereits umsetzen, der Weg dorthin ist aber nicht trivial. Die Berater von Accenture empfehlen bei der Umsetzung von Industrie-4.0-Ideen folgenden Plan - 1. Denken in alle Richtungen:
Am Anfang dürfen ruhig wilde Spekulationen stehen. Unternehmen sollten sich fragen, welche Ser- vices rund um welche Produkte ihren Kunden nutzen könnten – und was den Kunden ihrer - 3. Design und Entwicklung der Plattform angehen:
Auf der technischen Seite ist zu prüfen, welche Plattform das Unternehmen braucht. Entscheider müssen festlegen, ob und welche Zugriffsmöglichkeiten Externe (Entwickler, Zulieferer, Kunden) haben sollen. - 4. Die finanzielle Seite betrachten:
Hier geht es um eine möglichst realistische Betrachtung künftiger neuer Umsätze. Die Kosten des Transformationsprozesses müssen ebenso bedacht werden wie die Gestaltung von Preisen und Margen. - 5. Die neuen Angebote verkaufen:
Unternehmen müssen ihre Partner von den Vorteilen der neuen Angebote überzeugen. Konflikte drohen, wenn man Services online anbietet, die zuvor über einen Vertriebspartner erbracht worden sind. - 6. Rechts- und Datenschutzfragen beachten:
Wer seine haptischen Produkte um digitale Services erweitert, betritt in Rechtsfragen möglicherweise Neuland. Gesetzliche Vorgaben und Datenschutzbestimmungen sind zu beachten. - 7. Den Menschen nicht vergessen:
Wer bisher handfeste Maschinen produziert hat und diese nun um digitale Dienstleistungen erweitert, mutet den Mitarbeitern erhebliche Umstellungen zu. - 7-Punkte-Plan für Industrie 4.0
Industrie-4.0-Szenarien lassen sich bereits umsetzen, der Weg dorthin ist aber nicht trivial. Die Berater von Accenture empfehlen bei der Umsetzung von Industrie-4.0-Ideen folgenden Plan - 1. Denken in alle Richtungen:
Am Anfang dürfen ruhig wilde Spekulationen stehen. Unternehmen sollten sich fragen, welche Ser- vices rund um welche Produkte ihren Kunden nutzen könnten – und was den Kunden ihrer - 3. Design und Entwicklung der Plattform angehen:
Auf der technischen Seite ist zu prüfen, welche Plattform das Unternehmen braucht. Entscheider müssen festlegen, ob und welche Zugriffsmöglichkeiten Externe (Entwickler, Zulieferer, Kunden) haben sollen. - 4. Die finanzielle Seite betrachten:
Hier geht es um eine möglichst realistische Betrachtung künftiger neuer Umsätze. Die Kosten des Transformationsprozesses müssen ebenso bedacht werden wie die Gestaltung von Preisen und Margen. - 5. Die neuen Angebote verkaufen:
Unternehmen müssen ihre Partner von den Vorteilen der neuen Angebote überzeugen. Konflikte drohen, wenn man Services online anbietet, die zuvor über einen Vertriebspartner erbracht worden sind. - 6. Rechts- und Datenschutzfragen beachten:
Wer seine haptischen Produkte um digitale Services erweitert, betritt in Rechtsfragen möglicherweise Neuland. Gesetzliche Vorgaben und Datenschutzbestimmungen sind zu beachten. - 7. Den Menschen nicht vergessen:
Wer bisher handfeste Maschinen produziert hat und diese nun um digitale Dienstleistungen erweitert, mutet den Mitarbeitern erhebliche Umstellungen zu.
CW: Deutschland ist als IT-Standort nicht unbedingt Weltspitze. Was muss geschehen, damit Firmen das Potenzial ihrer Betriebsdaten heben können?
Frank Riemensperger: Wir haben hervorragend ausgebildete Fachkräfte und eine sehr gute Forschungsinfrastruktur. Deutschland kann die Smart-Service-Welt, in der komplexe intelligente Produkte mit datenbasierten Diensten zu Gesamtpaketen verknüpft werden, anführen. Jetzt geht es darum, schnell in die Smart Services einzusteigen und diese auch zu kommerzialisieren. Im Klartext heißt das: Unternehmen müssen Daten um ihre Produkte herum sammeln, veredeln und monetarisieren.
Um an die Betriebsdaten zu kommen, muss ich keine Router bauen. Es geht um Anwendungs- und Datenkompetenz, um Algorithmen und Analytik. Wer die Plattformen betreibt, an die die intelligenten Produkte angeschlossen sind, der hat auch die Möglichkeit, die Daten zu sammeln. Diese Plattformen sind ja Kontrollpunkte für den Anschluss und für das Sammeln von Daten. Daraus lassen sich dann Services generieren.