Fasziniert von den Erfolgen der App Stores von Apple und Google für Smartphones, kopieren IT-Anbieter das Marktplatzmodell für den Vertrieb von Geschäftsapplikationen.
von Joachim Hackmann (Computerwoche-Redakteur)
Ende vergangenen Jahres hat Gartner B2B-Marktplätze zum Trendthema 2012 erklärt. Die diesjährige CeBIT scheint die Einschätzung der Analysten zu bestätigen. Die Telekom, HP, Atos und Fujitsu stellen auf der hannoverschen Leistungsschau ihre virtuellen Marktplätze vor und umwerben Geschäftskunden sowie Lösungspartner. Die B2B-Stores konzentrieren sich nicht wie ihre Vorbilder von Apple und Google auf mobile Endgeräte, sondern werden als zentrale Vertriebsplattform für Cloud- und SaaS-Applikationen positioniert.
- Gartners Trends 2012
Die in der Folge aufgelisteten Trends haben strategische Bedeutung für Unternehmen, weil sie die IT oder das Kerngeschäft künftig erheblich beeinflussen. - Media-Tablets
Angesichts der Vielzahl von Formfaktoren, Plattformen, Geräteklassen und Techniken im Mobility-Bereich sollten IT-Abteilungen die Rolle einer zentalen Planungsstelle aufgeben und lernen, die Vielfalt zu verwalten und gewinnbringend zu fördern. - Mobil-zentrische Applikationen und Interfaces
Smartphones und Tablets haben die Grundlagen der GUI-Entwicklung verändert: Touch, Sprache und Gesten lösen Icons, Menüs und Maus ab. - Internet der Dinge
Das Internet der Dinge kommt nun doch. Zunehmend werden Geräte, Maschinen und andere Objekte mit Intelligenz und Kommunikationstechnik ausgestattet. - App Stores und Marktplätze
70 Milliarden App-Downloads im Jahr 2014 erwartet Gartner. Die Masse macht der Privatkunde, doch Online-Marktplätze gibt es künftig vermehrt auch im Geschäftsumfeld. - Big Data
Datenmenge und Zahl der Formate steigen, gleichzeitig müssen Informationen schneller verarbeitet werden. Logische Data Warehouses lösen traditionelle Installationen ab. - In-Memory-Computing
Preisverfall und Verfügbarkeit von Flash-Speichern bereiten den Boden für das In-Memory-Computing. - Extrem energiesparende Server
Neue Anbieter bewerben ihre energiesparenden Server. Oft sind sie zu leistungsschwach und zu betreuungsintensiv. - Cloud Computing
Der Trend zur IT aus der Wolke wird kaum eine Branche verschonen. Die meisten Verantwortlichen treten nun in die Phase konkreter Projekte ein.
Deutsche Telekom: Business Marketplace
Die Telekom richtet sich mit ihrem "Business Marketplace" an mittelständische Anwender. Partner sollen die Softwarelösungen beisteuern, erste Abkommen mit Softwareherstellern wurden laut Telekom bereits unterzeichnet. Um das Netz künftig weiter auszubauen, suchen die Cloud-Scouts der Telekom weltweit nach interessanten Partnern. Anwender werden mit Rund-um-Services von der Empfehlung über die Buchung von Diensten bis hin zur Abrechnung und zum Kundenservice gelockt.
Atos: Canopy betreibt einen Marktplatz
Atos wird in Hannover das gemeinsam mit EMC und VMware gegründete Joint Venture Canopy präsentieren. Neben Cloud-Beratungs-, Implementierungs- und PaaS-Diensten (Platform as a Service) wird das Gemeinschaftsunternehmen einen Marktplatz für Anwender und Partner betreiben. Der "Enterprise Application Store" soll im zweiten Quartal 2012 starten. Atos stellt bis zum Jahresende eine breite Palette von Applikationen in Aussicht, etwa für E-Mail, Product-Lifecycle-Management (PLM), Engineering-Change-Management, Analytics, ERP und CRM. Gespräche mit möglichen Lieferanten werden laufend geführt.
HP: cCell und Aggregation Broker
Die deutsche Dependance von Hewlett-Packard (HP) spricht mit dem "Aggregation Broker" ebenfall vornehmlich den Mittelstand an, fügt den Marktplatz aber in ein umfassendes Cloud-Konzept mit der Bezeichnung "cCell" ein. Die Basis bilden Hardwarekomponenten von HP, die Computing-Leistung, Speicher und Backup auf Mietbasis zur Verfügung stellen und sich wahlweise beim Anwender, Systemhaus oder im HP-Rechenzentrum installieren lassen. Die Zellen beziehen Applikationen über den zentralen Marktplatz, den wieder-um Softwarepartner mit ihren Geschäftsanwendungen bestücken.
Fujitsu: Business Solutions Store
Auch Fujitsu nimmt die Messe zum Anlass, den eigenen "Business Solutions Store" zu bewerben. Ab der CeBIT ist der Marktplatz zunächst einmal nur für Partner zugänglich, ab Juni soll der Store auch Kunden offenstehen.