Urlaub

Abhängen will gelernt sein

ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.

Management muss langfristig planen können

Im ersten Schritt gilt es dafür, die freien Tage in der Firma erst einmal durchzusetzen. Viele Chefs sehen sich dafür mit in der Verantwortung. "Als Unternehmer muss ich dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter ihren Urlaub nehmen. Gelingt das nicht, zeugt das von schlechtem Management", sagt Uwe May, Geschäftsführer der IT-Beratung Maihiro in Ismaning. Wie er seine 40 Leute dazu bringt, die Auszeiten trotz prall gefüllter Auftragsbücher wirklich zu nehmen? "Durch regelmäßige Erinnerung und langfristige Planung."

Besonders jüngere Leute, die noch das lockere Studentenleben gewöhnt sind, muss er manchmal zu ihrem Glück zwingen. "Für sie ist es schwierig, sich im Januar schon festzulegen, wann sie im Sommer wegfahren wollen", so May. Seine Planungs- und Erinnerungsstrategie geht auf. Manche Maihiro-Mitarbeiter schaffen es sogar, vier bis sechs Wochen am Stück zu fehlen - vorausgesetzt, die Auftragslage erlaubt das.

Das "Ich-will-weg-Programm"

"Eine gute Vorbereitung auf den Urlaub kann gut drei Tage Nachbearbeitungszeit sparen", empfiehlt Katharina Dietze, Geschäftsführerin des Schwelmer Instituts für Beratung und Training in Unternehmen (IBT). Hier ihr Programm für das entspannte Fehlen bei der Arbeit:

  • Früh genug ist ein Stellvertreter auszuwählen und zu briefen. Der Kollege sollte dem Vorgesetzten und dem gesamten Team bekannt sein.

  • Für E-Mails empfiehlt sich das Anlegen eines Unterordners. Nicht so wichtige Posteingänge können hierhin umgeleitet werden – beispielsweise Newsletter, Privatpost und cc-Mails. Auf diese Weise muss sich der Urlaubsrückkehrer nach drei Wochen Abwesenheit nicht wahllos durch mehrere 100 Mails klicken, sondern hat zuerst nur die wichtigsten auf dem Schirm.

  • Außerdem bietet es sich an, dass der Stellvertreter oder die Sekretärin einen Unterordner "In Abwesenheit bearbeitet" anlegt. Darin sind alle Mails samt Antwort des Stellvertreters aufbewahrt. So weiß der Rückkehrer gleich, was mit der bereits gelesenen Mail passiert ist.

  • Generell gilt: Keine Angst vor dem Zugriff des Stellvertreters auf das eigene Mail-Postfach. "Da herrscht weit verbreitetes Misstrauen", beobachtet Dietze. "Viele fürchten, dass der Stellvertreter in den privaten Mails schnüffelt oder auf Geheimes stößt." Das sei unbegründet. Dietze: "So viel Vertrauen sollte man schon haben."

  • Zeit zum Durchatmen gewinnt man bei der Rückkehr,indem man schon vor Urlaubsantritt einen halben Tag Puffer einbaut, also offiziell erst einen Tag später aus dem Urlaub zurückkehrt. "Dann wird man nicht gleich am ersten Tag mit Anfragen von außen bombardiert", erklärt Dietze.

  • Selbständige , die ihr Büro nicht ganz verwaisen lassen möchten, leiten ihre Anrufe und Mails auf Handy, private Internet-Adresse oder Blackberry um. Damit die Erholung nicht zu sehr unter der Arbeitsbelastung leidet, ist es ratsam, für die Beantwortung der Nachrichten jeweils eine Stunde morgens und abends zu reservieren.

Das ist nicht immer der Fall. Manchmal ist ans Fernbleiben einfach nicht zu denken - in heißen Projektphasen etwa oder beim Aufbau einer Firma. Auch damit lässt sich leben, besonders wenn die Arbeit Spaß macht. "Wer im Job immer wieder neue Herausforderungen und Erfolge erlebt, kann möglicherweise eine Zeitlang sehr ausgefüllt leben", erklärt Mediziner Frank. Allerdings sei es gefährlich, für das persönliche Wohlfühlen allein auf ein einziges Pferd wie den Job zu setzen. "Reinpowern kann also eine Zeitlang - etwa ein halbes Jahr - angebracht sein", so Frank. "Danach sollte man aber auch wieder andere Lebensinhalte in den Alltag einbauen."

Hans-Christian Boos, Arago: "Ich bezweifle, dass man in drei bis vier Wochen seinen Akku für das ganze Jahr aufladen kann."
Hans-Christian Boos, Arago: "Ich bezweifle, dass man in drei bis vier Wochen seinen Akku für das ganze Jahr aufladen kann."
Foto: privat

Das findet auch Arago-Chef Boos: "Ich bezweifle stark, dass man in drei oder vier Wochen seinen Akku fürs ganze Jahr aufladen kann." Deshalb sorgt der gelernte Informatiker jeden Tag für Entspannungszeiten. Morgens schaut er bei seinen Pferden vorbei, nach der Arbeit klettert er oder setzt sich aufs Fahrrad. "Wenn man zwei Stunden mit dem Rad durch die Landschaft fährt, kriegt man den Kopf richtig frei", erzählt er begeistert. Wer braucht da schon vier Wochen Südamerika?

Abschalten schwarz auf weiß

Wer viel arbeitet, hat zwischendurch Ruhe verdient. Hier eine kleine Auswahl an Büchern übers Relaxen.

  • Christoph Eichhorn: "Gut erholen – besser leben. Das Praxisbuch für den Alltag", Verlag Klett-Cotta, 2006, 14,50 Euro.

  • Lothar Seiwert: "Die Bären-Strategie: In der Ruhe liegt die Kraft", Ariston Verlag, 2005, 14,95 Euro.

  • Lois Levy: "Total relaxed. 30 andere Ideen zum Auftanken, Abschalten und Wohlfühlen, Moderne Verlagsgesellschaft Mvg, 2005, 7,90 Euro.

  • Lisette Thooft: "Zehn Gebote der inneren Ruhe. Entschleunigen und entspannen in der No-Time-Gesellschaft", Verlag Urachhaus, 2006, 14,50 Euro.

  • Louis L. Hay, John C. Taylor: "Die innere Ruhe finden", Ullstein Taschenbuch Verlag, 2004, 6,95 Euro.

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