Alain Caparros, 57 Jahre alt und nach einer klassischen Handelskarriere seit 2006 Vorstandsvorsitzender der Rewe Group, ist nicht unbedingt für sein Verständnis für den fortlaufenden Online-Trend bekannt: Unter seiner Führung wurde trotz Gegenwind im stationären Handel das Filialnetz von ProMarkt ausgebaut und mit der Myby.de-Übernahme 2009 bei der Elektronikkette ein teurer Multichannel-Kurs eingeschlagen. In diesem Sommer folgte nun das Eingeständnis des Scheiterns und wurden sämtliche ProMarkt-Standorte zum Verkauf ausgeschrieben. Caparros Begründung für den Niedergang des Elektronik-Retailers fiel demgegenüber recht eindimensional aus: ProMarkt habe die Konkurrenz aus dem Internet unterschätzt, erklärte der Manager im Frühjahr dem Bonner General-Anzeiger.
In einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger äußert sich Caparros nun erstmals ausführlicher zur ProMarkt-Schließung und zur zukünftigen Online-Strategie von Rewe: „ProMarkt war eine Schocktherapie“, erklärt der Handels-Experte in dem Gespräch. Obwohl sich die Rewe Group um Anschluss an die Entwicklung im Handel bemüht habe, habe man letztlich den Online-Trend verpasst.
Daran, dass der E-Commerce heute ein wichtige Rolle im Einzelhandel spielt, hegt Caparros keinen Zweifel: „Die Städte verlieren an Attraktivität, der demographische Wandel ist eine Herausforderung, die Verkaufsfläche nimmt zu, die Bevölkerung ab.“ Währenddessen nehme das Internet für viele Konsumenten eine immer wichtigere Rolle ein und wandere das Schaufenster so gewissermaßen „ins Wohnzimmer“. Quer durch alle Bevölkerungssegmente werde heute online eingekauft, wobei Preisargumente nur noch einen Teil der Anziehungskraft des E-Commerce darstellten. „Wir merken, dass wir bestimmte Kunden mit klassischer Werbung nicht mehr so erreichen wie früher“, so Caparros. Ohne Digitalwerbung, etwa im Social Media-Bereich, könne heute kein flächendeckender Marketingeffekt mehr erzielt werden.
Samwer-Startups als Vorbild
Um die Mechanismen im E-Commerce besser zu verstehen, setzt der Rewe-Chef nun auf Investments bei aufstrebenden Online-Händlern. Dazu zählt unter anderem der von Rocket Internet – dem Startup-Inkubator der Samwer-Brüder – gestartete Einrichtungs-Onlineshop Home24, an dem sich Rewe im September im Rahmen einer Kapitalerhöhung beteiligt hat. „An Home24 haben wir uns nicht beteiligt, um Möbelhändler zu werden“, erklärt Caparros dazu in dem Interview, „wir wollen lernen, wie die Online-Jungs ticken.“ Mit kurzen Entscheidungswegen, hochmotivierten Mitarbeitern und einer kollaborativen Unternehmenskultur sei Rocket Internet für den stationären Handel eine gewaltige Herausforderung. Um ihre Zukunftschancen zu wahren, müssten sich traditionelle Händler wie Rewe intensiv mit der Online-Konkurrenz auseinandersetzen.
- Mobilcom-Debitel startet neue Verkaufskonzepte
Mobilcom-Debitel will beim Verkauf von Wearables und Smart-Home-Anwendungen eine Führungsrolle einnehmen. Dazu startet die Mobilfunkkette nun mit neuen, auf Anwendungsszenarien basierenden Verkaufskonzepten. - Familien können sich Mobilfunktarif teilen
"Sharing" ist ein Zauberwort der Internet-Ökonomie. Künftig sollen Anwender nicht nur Werkzeuge oder Zimmer teilen können, sondern auch das Datenvolumen ihrer Mobilfunkverträge. Nach Vodafone steigen nun Media-Saturn und Telefónica auf den "Sharing"-Zug auf. - Conrad bestellt myToys-Managerin in Geschäftsführung
Conrad Electronic hat die Nachfolge für den in Ruhestand gehenden Geschäftsführer Bernhard Bach bekanntgegeben: Mit der ehemaligen myToys-Geschäftsführerin Virpy Richter setzt Conrad auf eine Managerin mit ausgewiesener Multichannel-Erfahrung. - Atelco erzielt im Überlebenskampf erste Erfolge
Wer dachte, dass die Insolvenzanmeldung von Atelco bereits das Aus für die Elektronikkette bedeutete, könnte sich geirrt haben: Nach Schließung und Verkauf einiger Filialen sieht der PC-Händler gute Chancen auf ein Überstehen der Insolvenz. - Conrad weitet Zusammenarbeit mit Seeed Studio aus
Conrad Electronic setzt seine Strategie fort, sich als bevorzugte Anlaufstelle für Technik-Fans und Elektronikbastler ("Maker") zu positionieren. Auf der "Maker Faire" in Berlin gibt es einen koordinierten Auftritt mit der Hardwareplattform Seeed Studio. - Media-Saturn-Chef soll gehen
Keine Ende des Gesellschafterstreits bei Media-Satur: Wie das manager magazin in seiner Oktober-Ausgabe berichtet, hat Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals die Abberufung des amtierenden Unternehmenschefs Pieter Haas beantragt. - Wohin steuert die Online-Sparte von Media-Saturn?
Die ganz großen Impulse sind bisher ausgeblieben, dennoch lassen sich Eckpunkte der Strategie der Ende 2014 gegründeten Electronics Online Group von Media-Saturn ausmachen: Neben Onlineshops zählt dazu das neue Start-up-Programm "Spacelab". - Bewegung im Dauerkonflikt
Wie die "Wirtschaftswoche" meldet, sondiert die Beteiligungsgesellschaft Advent einen Einstieg bei Media-Saturn. Das geschieht auf Wunsch des Media-Saturn-Minderheitsgesellschafters Erich Kellerhals, der den Elektronikkonzern aus der Metro AG loseisen will. - EP auf der IFA 2015
Statt der traditionellen Herbstmesse setzte Electronic Partner 2015 auf eine deutlich aufgestockte IFA-Präsenz. Die Partner wurden dort auf neue Initiativen beim Ladenbau, bei der Warenwirtschaft und beim eCommerce vorbereitet. - Euronics auf der IFA 2015
Bei Euronics wachsen die Umsätze und auch das eCommerce-Geschäft zieht an. Der Bereich Smart Home steht dagegen noch in den Startlöchern. Deshalb setzt die Verbundgruppe auf die Anziehungskraft konkreter Anwendungsszenarios. - Expert auf der IFA 2015
Wie auf der IFA 2015 zu erfahren war, will Expert sein eCommerce-Angebot zum Weihnachtsgeschäft 2015 weiter ausbauen. Zudem plant die Verbundgruppe die Eröffnung eines "Labor-Marktes" in Schwerin. - Neuer Streit bei Media-Saturn
Sie liegen seit Jahren miteinander im Clinch – jetzt sorgt die Übernahme des Wartungsdienstleisters RTS bei den beiden Media-Saturn-Holding-Eigentümern Erich Kellerhals und der Metro für neuen Zündstoff. Wieder mal müssen Gerichte entscheiden. - Media-Saturn übernimmt After-Sales-Dienstleister RTS
In der Vergangenheit war die angebliche Service-Kompetenz von Media-Saturn oft ein Streitthema. Nun macht das Unternehmen ernst und übernimmt den After-Sales-Dienstleister RTS, der über ein Netz an Tochterfirmen europaweit Elektronik-Services anbietet. - So kommt der Pilot-Saturn bei den Kunden an
Im Pilotmarkt in Ingolstadt will Saturn sein Verkaufskonzept der Zukunft erproben. Doch welche Praxiserfahrungen macht der Retailer mit dem Markt? Neun Monate nach der Eröffnung unterhielten wir uns darüber mit Markt-Ingolstadt-Geschäftsführer Carsten Geilert.
Deshalb kündigt Caparros auch für die Zukunft weitere Beteiligungen an E-Commerce-Unternehmen an. Gleichzeitig dämpft der Spitzenmanager die Erwartungen an die Innovationsfähigkeit von Handelskonzernen wie Rewe: „ Aufnahmefähigkeit ist leider nicht unsere Stärke. Die meisten stationären Händler wissen alles, können alles und und haben – noch – den Anspruch unsterblich zu sein.“ Daher gebe es oft passiven Widerstand bei Mitarbeitern, die von den Anpassungen an den Online-Trend betroffen seien. Ab einem gewissen Alter sei zudem „die Festplatte voll“, so Caparros.
Rest-ProMärkte könnten Supermärkte werden
Mit dem Kapitel ProMarkt hat Rewe jedenfalls komplett abgeschlossen. So schließt Caparros auch beispielsweise einen Outlet-Verkauf von Restware per eBay, wie ihn Saturn und die Metro praktizieren, aus. ProMarkt-Filialen, für die sich kein Käufer finden lasse, würden geschlossen. Eine Option, die man prüfe, sei es allerdings, dort Supermärkte oder Temma-Filialen mit Bio-Lebensmitteln zu eröffnen. So würde es sich zum Beispiel anbieten, anstelle der ProMarkt-Filiale in den Kölner Opern-Passagen einen Rewe-Supermarkt sowie ein „Made by Rewe“-Bistro zu eröffnen. (mh)