Der Schweizer Online-Primus Galaxus ist seit 2018 in Deutschland auf dem Markt sowie seit 2021 auch in Österreich. Im Geschäftsjahr 2021 übersprang Galaxus in Deutschland erstmals die Umsatzhürde von 100 Millionen Euro. Im aktuellen EHI-Ranking der größten Onlineshops reichte das zwar erst für Platz 111, doch die Ansage von Firmen-Chef Florian Teuteberg ist: "Wir wollen in die Top 5."
Dieser Wachstumskurs bedeutet auch vor allem für die Logistik des Online-Händlers eine große Herausforderung. So musste Galaxus 2022 die Logistikteams am Standort Krefeld fast verdoppeln, um das weitere Wachstum zu stemmen und sich für die EU-Expansion zu rüsten. 45 neue Festanstellungen allein in Logistik und After Sales gab es in den zwei Logistikzentren in Krefeld-Fischeln und Krefeld-Hüls in diesem Jahr. Die noch eher geringe Bekanntheit von Galaxus bei potenziellen Bewerbern war bei der Personalgewinnung ein Hindernis. Im Interview sprechen Steffen Beniers, Leader Logistics bei Galaxus Deutschland, und Recruiting Specialist Claudia Raths über die Herausforderungen dieser bisher größten Einstellungswelle für den noch "kleinen" Standort in Krefeld und wie diese gemeistert wurden.
ChannelPartner: Sie sind die erste Recruiterin bei Galaxus in Krefeld. Gleich im ersten Jahr mussten Sie den Stamm an Logistikpersonal fast verdoppeln - und haben es in nur wenigen Monaten auch geschafft. Wie war das für Sie?
Claudia Raths: Total spannend, abwechslungsreich, natürlich auch anstrengend. Es ist wirklich jeden Tag etwas Neues passiert und zu Beginn des Jahres standen wir ja vor einer riesigen Glaskugel. Wie viele Leute brauchen wir genau? Bis wann? Was erwartet uns im Weihnachtsgeschäft? Der Prozess war mit viel Unsicherheit verbunden, doch wir konnten nun 45 neue Festanstellungen erreichen. Mit dem jetzigen Team von insgesamt 120 Personen in Logistik und After Sales konnten wir den arbeitsreichen November stemmen und sind auch für die weitere Zukunft gut aufgestellt. Es war cool mitzuerleben, wie wir konstant immer größer wurden in Krefeld. Natürlich vor allem auch durch die neue Halle.
ChannelPartner: Wonach haben Sie denn gesucht, was macht einen guten Logistiker aus?
Claudia Raths: Wir suchen offene Menschen mit Hands-on-Mentalität. Es ist wertvoll, wenn sie bereits Erfahrungen in anderen Logistikunternehmen sammeln konnten, wir sind aber auch offen für Quereinsteiger, solange die Einstellung und die Persönlichkeit passt.
"Ich hatte nicht gerechnet, dass wir so früh fertig werden"
ChannelPartner: Wo lagen die größten Herausforderungen?
Claudia Raths: Obwohl Galaxus bereits mehr als 100 Millionen Euro Umsatz in Deutschland erzielt und wir dieses Jahr auch erstmals mit TV-Werbung zu sehen sind, ist die Bekanntheit insgesamt noch eher gering. Wir probieren viel aus, veranstalten offene Bewerbungstage mit dem Jobcenter, haben die Nachbarschaft im Stadtteil zur Firmenfeier eingeladen, belohnen Mitarbeitende finanziell wenn sie uns neue Kollegen vermitteln und mehr.
ChannelPartner: Herr Beniers, wie zufrieden sind Sie mit dem Personal, das Frau Raths für die Logistikteams gewonnen hat?
Steffen Beniers: Ich erinnere mich an einen Moment im August oder September, als ich nach dem Zwischenstand der Rekrutierung fragte. Als sie dann sagte: "Wir sind durch", war ich etwas baff, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich bin sehr zufrieden, dass wir so früh fertig wurden. Schließlich wussten wir auch nicht genau, wie es mit dem neuen Standort funktioniert, wie ist der Zulauf, wollen die Leute hierher? Starke Leistung unserer HR und meiner Teamleiter, die die guten Leute auch schnell an uns gebunden haben und dabei nicht trödeln.
ChannelPartner: So viel neues Personal, eine zweiten Halle, die vier Mal größer ist als die erste - 2022 war sicher auch für Sie ein extremes Jahr. Wie waren Ihre Erfahrungen?
Steffen Beniers: Sehr positiv, wenn man auf die Zahlen guckt. Paketmenge, Umsatz und Personal sind dieses Jahr deutlich angestiegen, obwohl der Gesamtmarkt ja eher federn lässt. Es ist Wahnsinn zu sehen, wie viele Leute jetzt bei uns arbeiten. Wenn ich auf der Fläche unterwegs bin, habe ich das Gefühl: Die passen zu uns. Leider muss ich mich auch daran gewöhnen, nicht mehr jeden Namen sofort zu kennen. Die Zeiten sind vorbei.
ChannelPartner: Was war aus Ihrer Sicht die größte Challenge?
Steffen Beniers: Die Leute zu überzeugen, bei uns anzufangen, oder sogar zu uns zu wechseln. Wir haben viel Konkurrenz um uns herum, Logistikzentren von großen, bekannten Unternehmen. Da muss man erst mal erklären, wer wir sind und warum es sich lohnt bei uns.
ChannelPartner: Und wie ist Ihnen das gelungen?
Steffen Beniers: Letzte Woche war ein Bewerber da, den musste man eigentlich nur durch die Halle führen, der war nach wenigen Minuten Feuer und Flamme und begeistert von der Atmosphäre, vom Arbeiten auf Augenhöhe. Es wirkt entspannt bei uns, trotz vieler Aufgaben. Es kann stressig werden, aber es ist kein negativer Stress. Und das macht viel aus, dadurch kommen die Leute gern zur Arbeit. Das gereicht uns zum Vorteil. Aber natürlich muss man die Leute erst mal aufmerksam machen auf uns, die müssen auch erstmal hier her finden, ob nun digital oder in Person.
"Menschen kommen direkt zu uns und fragen, ob es Arbeit gibt"
ChannelPartner: Bei so vielen neuen Leuten in kurzer Zeit kriegt man doch Probleme, alle vernünftig einzuarbeiten, oder?
Steffen Beniers: Tatsächlich konnten wir bisher improvisieren aufgrund der überschaubaren Größe. Aber nun brauchten wir einen neuen Prozess. Dafür haben Frau Raths und unser Group Leader Logistics Konstantin Kasakowski ein "Buddy"-Programm geschaffen. Wir schulen bestimmte Mitarbeitende darin, wie neue Kollegen einzuarbeiten sind. Diese "Buddies" tragen gelbe Westen, sind in der Halle schnell zu erkennen und für Neueinsteiger immer ansprechbar. Das hat bisher gut funktioniert, das Projekt wollen wir fortführen.
ChannelPartner: Frau Raths, ist das Recruiting durch die neue Halle nun einfacher? Sie bietet einige Vorzüge wie zum Beispiel größere Sozialräume...
Claudia Raths: Ja, es ist allein schon deswegen einfacher, weil wir rein optisch wahrgenommen werden. Die Halle steht an der Bundesstraße, die Galaxus-Flagge weht davor, Menschen kommen sogar direkt zu uns, klingeln und fragen, ob es Arbeit gibt. Beziehungsweise es spricht sich sogar herum, dass wir ein angenehmer Arbeitgeber mit coolen Werten sind, so kommen die Leute zu uns.
Steffen Beniers: Es ist ein riesiger Unterschied zu früher. Unsere erste Halle steht zwischen Größen wie Netto und Asics und da wir dort nur einen Teil einer großen Halle gemietet haben, ist von außen gar nicht ersichtlich, dass hier Galaxus sitzt. Nun sind wir im Stadtteil Hüls das erste Unternehmen mit großer eigener Halle in einem neuen Gewerbegebiet, das hat eine ganz andere Wirkung.
ChannelPartner: Haben Sie von denen, die bei Ihnen klingeln, jemanden eingestellt?
Claudia Raths: Tatsächlich kamen Personen aus dem Stadtteil zu unserer Eröffnungsfeier und haben sich vorgestellt und davon wurde bereits jemand eingestellt, der Buschfunk in Krefeld ist sehr aktiv.