Bis weit in das 20. Jahrhundert war das Rollenverständnis ganz simpel: Frauen waren als Töchter, Ehefrauen oder Mütter definiert. Und das war's auch schon. Heutzutage ist das zumindest in den meisten europäischen Ländern schlichtweg undenkbar. Frauen, das Bild der Frau und ihr Selbstverständnis sind meilenweit davon entfernt, sich auf eine bestimmte Rolle festlegen zu lassen.
Im Familienbild, in der Partnerschaft, in der Politik, in vermeintlich unveränderlichen Arbeitsweisen - überall ist alles in Bewegung. Alles fließt! Das wusste schon Heraklit, aber erst in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat der Wandel auch das Frauenbild erfasst.
Einsturz der Männerdomänen
Es weht ein frischer Wind in ehemaligen Männerdomänen: Die Parlamente werden vielfältiger, es gibt zahlreiche Regierungschefinnen, und in den Unternehmenskulturen sind spürbare Veränderungen eingetreten. Frauen verändern heute ganze Berufs- und Branchenbilder und schaffen die angestaubten Vorstellungen ab, wie man als Frau sein muss und was frau zu tun und zu lassen hat.
Auch die Pandemie hat ans Tageslicht gebracht, worin Frauen gut sind: Sich auf neue Situationen einstellen, das Verhalten schnell an die Erfordernisse anpassen und kreativ auf die Welt um sich herum reagieren. Die Entwicklung neuer Arbeitsweisen, neuer Hilfsmittel und neuer Technologien - auch das ist Frauengeschichte. Oft waren Frauen vom Start weg an der Entwicklung von Technologien beteiligt. Oft sind die Werkzeuge selbst auch kleine Helfer für ihre Anpassungsfähigkeit. Werkzeuge und Technologien ermöglichen es, mobil zu bleiben, unabhängiger und freier zu arbeiten.
Pionierinnen der Technik
Nerds im Kapuzenpulli hinter Rechnern, Männer, die glauben, dass Frauen keine Ahnung von Computern haben. Diese Klischees sind zwar längst veraltet, zeigen aber noch Wirkung. Die IT-Branche ist zwar immer noch zahlenmäßig in Männer-Hand, aber langsam, Schritt für Schritt, Jahr für Jahr ändert sich das. Ein Blick in die Historie macht Mut und zeigt, was in Zukunft alles möglich ist. Denn es mangelt keineswegs an Technik- und IT-Expertinnen als Vorbilder.
Den ersten Computer-Algorithmus hat bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine Frau geschrieben - die 1815 in London geborene Ada Lovelace, nach der die Programmiersprache Ada benannt ist. Dann war Grace Hopper eine der Pionierinnen der Informatik. Die 1906 in New York City Geborene arbeitete mit dem Mark I, dem ersten vollelektronischen Rechner der Welt, erfand den Compiler, bereitete Cobol den Weg und etablierte die Bezeichnung "Bug" für Fehler in Rechnern oder Programmen.
Ein weiteres Beispiel gibt die 1918 in Berlin geborene Marianne Laqueur. Diese deutsche Informatikerin und Kommunalpolitikerin begann ihre Karriere in einer türkischen Bank als Übersetzerin von Inhalten aus dem Türkischen ins Englische und Deutsche. Auf ihr Exil während des Zweiten Weltkrieges folgten diverse verantwortungsvolle Tätigkeiten bei verschiedenen großen IT-Unternehmen weltweit, unter anderem IBM und NCR. Ihre internationale Karriere brachte Marianne Laqueur den Ruf einer der ersten weiblichen Computerspezialistinnen ein.
Kurzum, es liegt auf der Hand, dass ohne Frauen nichts geht. Ohne weibliches Zutun hätten die USA 1969 auch sicher nicht auf dem Mond landen können!
Wandlung und Resilienz: beides weiblich
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung und die Flexibilisierung der Arbeit deutlich beschleunigt. Durch dieses größte Remote-Work-Experiment aller Zeiten erkannten immer mehr Unternehmen endlich, dass man Effektivität am besten nicht an der Anzahl der Stunden bemisst, die Menschen im Büro verbringen, sondern an der Qualität der Arbeit, die sie leisten.
Der Umfrage "Men & Women Experience Remote Work Differently" von Flexjobs zufolge geben 7 von 10 Frauen an, dass ihr bevorzugter Arbeitsplatz nach der Pandemie Remote Work sei. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Zeit lässt sich viel leichter einteilen. Wenn man sich beispielsweise nicht mehr darum scheren muss, wie man die Rushhour auf dem Weg ins Büro übersteht, kann man sich besser auf die Arbeit konzentrieren - und man ist weniger mit all den kleinen Sorgen und Ablenkungen im Büro beschäftigt.
Technologie überbrückt den Gender-Gap
Tools und Technologien helfen dabei, beweglich zu bleiben, machen ortsunabhängig und freier. Der Markt der Technologie- und Softwareindustrie hat das Potenzial von Remote Work und das Bedürfnis nach passenden IT-Lösungen schnell erkannt. Um virtuelle Zusammenarbeit bestmöglich zu gestalten und das Remote Office zu einem produktiven und sicheren Ort zu machen, stehen unzählige Tools zur Verfügung: für Projektmanagement, Kollaboration, Cloud, Telefonie, Videokonferenzen bis hin zum Zeitmanagement.
Wichtige Dokumente mit einer digitalen Signatur zu unterschreiben, Notizen, Skizzen und Pläne zu organisieren und mit Terminen und Zuständigkeiten zu versehen oder einfach mal chatten - alles kein Problem. Selbst emotionales Feedback lässt sich digital einbinden und zwar ohne Medienbruch. Ein Beispiel ist das Screen-Recording-Werkzeug "Capture", mit dem man kurze, persönliche Videobotschaften direkt in das betreffende Dokument einbetten kann. Solche unmittelbaren Feedbacks geben Kontext und Bindung. Ganz egal, ob die Beteiligten sich räumlich nah oder fern sind.
Versierte Sprecherinnen der nonverbalen Sprache
Die feministischen Linguistinnen Senta Trömel-Plötz und Luise F. Pusch haben in den 1980er-Jahren Aufsätze und Bücher geschrieben, in denen es neben der damals Männer-dominierten deutschen Sprache auch immer um die nonverbale Sprache ging. Diese, so stellten die Untersuchungen unisono fest, beherrschen Frauen nahezu meisterlich. Nonverbale, kleine Interaktionen in Meetings oder Konferenzen wie Zustimmung durch leichtes Nicken mit dem Kopf, Zweifel oder Ablehnung durch Kopfschütteln oder das Hochziehen der Augenbraue sagen dem Gegenüber oft mehr als tausend Worte.
Ganz unbewusst signalisieren diese für Frauen typischen Verhaltensnuancen oder kleine Redebestätigungen wie ein "mh" dem Gegenüber Zuwendung und volle Aufmerksamkeit. Das fördert sowohl die Tiefe und die Qualität von Gesprächen als auch den Zusammenhalt in Arbeitsgruppen. Denn diese kleinen Gesten fördern Empathie, sie wirken wie sozialer Klebstoff im Unternehmenskontext. Um sicherzustellen, dass solche Mikrointeraktionen auch nach der Verschiebung des Lebens und Arbeitens in den virtuellen Raum nicht verloren gehen, sollten wir versuchen, sie nachzubilden.
Rollenschablonen verlassen und Mut zu Großem finden
Frauen sollten sich viel öfter bewusst machen, dass sie über eine wesentlich größere Palette an Talenten und Ressourcen verfügen, als sie von sich selbst wahrnehmen. Selbsterkenntnis könnte Wegbereiter zum Erfolg sein. Wer sich wandelt, gewinnt. Und Frauen sind wahre Wandlungswunder!
Das Frauenbild kann sich wandeln: Warum sollte nicht aus Tochter, Ehefrau oder Mutter künftig Multitalent werden?! Und das bedeutet auch, dass die Frau als vielseitiges Wesen in ihrer Lebenswelt, im Arbeits- und in ihrer Alltagswelt die richtigen Mittel und Werkzeuge wählen kann, um noch selbstbestimmt(er) und mutig(er) agieren zu können.
Zahlen zur Situation von Frauen in der IT-Branche
Wo Frauen in der IT am besten verdienen