Die aktuelle Ausgabe des EHI Onlineshop-Rankings zeigte, dass es die altgedienten Elektronikversender nicht leicht haben: Amazon und MediaMarktSaturn dominieren inzwischen den Onlinehandel mit Elektronikartikeln, zudem exerziert Apple den Herstellern vor, dass die Zukunft im Direct-to-Consumer-Modell liegt. Kleinere Elektronikversender wie Comtech sind inzwischen vom Markt verschwunden während Neueinsteiger wie AO sich wieder aus Deutschland zurückgezogen haben. Die großen Player suchen unterdessen die passenden strategischen Nischen: Conrad hat sich zur B2B-Beschaffungsplattform gewandelt und Notebooksbilliger.de strebt nach der Rückbesinnung auf die IT-Kompetenz nun die Expansion in die Niederlande an.
Dass Cyberport diese Tage mit der etwas eigenwillig benannten "NEXT25"-Woche relativ still sein 25-jähriges Jubiläum begeht, wirft ein Schlaglicht auf den hinter Notebooksbilliger.de sechstgrößten deutschen Elektronikversender. Jeweils 12 Tages-Deals gibt es im Rahmen der gemeinsam mit Intel beworbenen Aktionswoche, bevor am Wochenende mit mehreren Hundert Aktionsartikeln gelockt wird. Daneben fällt die Kommunikation zum Jubiläum recht sparsam aus. Aktuelle Umsatzzahlen vermeldet der zum Burda-Konzern gehörende Onlinehändler schon seit Jahren nicht mehr. In der Schätzung von EHI Retail kommt Cyberport 2021 auf einen Umsatz von 699 Millionen Euro, was einer Steigerung von rund 12 Prozent gegenüber 2020 entspricht.
Gesucht: Neue Mehrwerte für stationäre Stores
Ein strategisches Alleinstellungsmerkmal von Cyberport ist die Multichannel-Aufstellung des Unternehmens. Nach dem Start einer Shop-in-Shop-Kooperation mit GaleriaKaufhofKarstadt lag die Zahl der stationären Standorte von Cyberport vor Beginn der Coronapandemie fast bei 20. Zieht man von den heute auf der Cyberport-Webseite gelisteten Stores die Abholtheke am Firmensitz in Dresden-Siebenlehn sowie den zum 31. März 2023 schließenden Cyberport-Laden in Essen ab, bleiben in Deutschland noch zehn stationäre Standorte übrig sowie in Österreich zwei Geschäfte in Wien. Natürlich ist Cyberport auch vom Niedergang von GaleriaKaufhofKarstadt betroffen: So befindet sich auch der letzte verbliebene Shop-in-Shop in Nürnberg in einem für Mitte 2023 zur Schließung vorgesehenen Galeria-Kaufhaus.
Mit einem innovativen kanalübergreifenden Service bemüht sich Cyberport seit einigen Monaten, aus dem stationären Geschäft Mehrwerte für seine Online-Kunden zu generieren. "StoreDouble" heißt der vollmundig als "Shopping der Zukunft" angepriesene Videoberatungsservice des Elektronikversenders. Per Telerobotik können Cyberport-Kunden virtuell durch einen stationären Store fahren und sich von Technikexpertinnen und -experten alles zeigen und erklären lassen, als wären sie vor Ort. Angeboten wird der Service in den Cyberport Stores in Berlin Mitte und Citygate Wien.
Um teilzunehmen müssen Kunden vorab per Onlineformular einen Termin in der Zeit von 11 bis 18 Uhr vereinbaren. Wie der Service angenommen und genutzt wird, dürfte spannend sein. Früher haben bereits Handelsketten wie beispielsweise Butlers ähnliche kanalübergreifende Formate angeboten, die viel Medienecho bekamen, aber nur wenig Umsatzrelevanz entwickelten.
Systemhausgeschäft als zusätzliche Säule
Neben dem Onlinegeschäft und den Stores bildet seit Ende 2021 das B2B-Business die dritte Säule im heutigen Set-up von Cyberport. Damals hatte der Onlinehändler die beiden comTeam-Systemhäuser Bizteam und Eickelschulte übernommen und zur neugegründeten Cyberport IT-Services GmbH zusammengeführt. Zudem betreibt Cyberport wie eine Reihe anderer Online-Elektronikhändler bereits seit Jahren einen gesonderten Geschäftskundenbereich mit individuellen Ansprechpartnern, Nettopreisen und Angebotserstellung.
Die Cyberport-Konzernmutter Burda sieht im B2B-Geschäft eine relevante Ergänzung für die künftige strategische Ausrichtung des Elektronikversenders: "Wir wollen gemeinsam in den kommenden Jahren einen führenden IT-Services-Player für kleine und mittelständische Kunden in Deutschland bauen", erklärt der Medienkonzern dazu explizit.
Zum 25-jährigen Jubiläum mangelt es bei Cyberport somit nicht an Aktivität. Doch ebenso wie bei der überraschend verhalten gefeierten Jubiläumswoche vermisst man auch bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens die klare Stoßrichtung. Richtig erfolgreiche Online-Player zeichnen sich durch eine klare und gut wahrnehmbare Fokussierung aus - sowohl in der strategischen Aufstellung wie auch in der Positionierung zum Endkunden hin. Cyberport präsentiert sich nach einem Vierteljahrhundert dagegen eher als ein Gemischtwarenladen.
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