Vor der Metro-Aufspaltung

Wo steht Media-Saturn?



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Media-Saturn ist weiter auf Wachstumskurs und präsentiert sich damit vor der Metro-Aufspaltung in günstigem Licht. Doch welche strategischen Akzente setzt der Elektronik-Retailer in Zukunft? Und was hat es mit Verkaufs- und Übernahmegerüchten an sich?

Die Ankündigung erfolgte bereits im März, doch in der vergangenen Woche wurden nun Details zur Aufspaltung des Lebensmittel- und Elektronikgeschäfts der Metro AG bekannt. So wird das Unternehmen bereits ab dem 30. September pro-forma in zwei organisatorisch voneinander getrennte Einheiten geteilt. Technisch wird die Aufteilung des Konzerns dadurch erreicht, dass das Großhandels- und Lebensmittelgeschäft (Metro Cash & Carry und Real) ausgegliedert und abgespalten wird. Der verbleibende Konzernteil fokussiert sich dann auf den Unterhaltungselektronik-Sektor. Bei der Unterhaltungselektronikgruppe wird als Vorstandsbesetzung vorgeschlagen der amtierende Media-Saturn-Chef Pieter Haas als CEO, Mark Frese, derzeit Vorstandsmitglied und CFO Metro AG als Finanzvorstand sowie Dieter Haag Molkenteller, derzeit Group Director Legal Affairs & Compliance Metro AG als Chief Legal and Compliance Officer. Um die Kapitalbasis des Unterhaltungselektronik-Geschäfts zu stärken, ist eine 10-prozentige Beteiligung am Großhandels- und Lebensmittelgeschäft geplant. Nahezu alle bestehenden Finanzverbindlichkeiten der Gruppe werden von der Großhandels- und Lebensmitteleinheit übernommen.

Soll nach der Metro-Aufspaltung CEO der Unterhaltungselektronikeinheit bleiben: Media-Saturn-Chef Pieter Haas
Soll nach der Metro-Aufspaltung CEO der Unterhaltungselektronikeinheit bleiben: Media-Saturn-Chef Pieter Haas
Foto: Media-Saturn

Die Metro AG präsentiert sich damit im Vorfeld der Konzernaufteilung in aufgeräumter Stimmung. Aus Sicht von Media-Saturn trägt auch eine positive Geschäftsentwicklung dazu bei. So wurde zuletzt berichtet, dass in den Monaten April bis Juni - dem dritten Quartal im Metro-Geschäftsjahr 2015/16 - der Umsatz um 1,5 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro stieg, was auf vergleichbarer Fläche einem Wachstum von 1,2 Prozent entspricht. In Deutschland stieg der berichtete Umsatz von Media-Saturn sogar um 7,4 Prozent, bzw. flächenbereinigt um 3,8 Prozent. Deutlich positiv habe sich dabei die Fußballeuropameisterschaft ausgewirkt. Hier habe der Umsatz mit der Produktgruppe Fernsehgeräte, die allerdings eine unterdurchschnittliche Marge erwirtschafte, insbesondere im Juni 2016 signifikant zugelegt. Seit mehreren Quartalen verzeichnet der Retailer damit reell steigende Umsätze und hat seine Schwächephase zu Anfang des Jahrzehnts sichtlich überwunden.

Service geht vor Online

Im Rahmen der Roadmap zur Metro-Aufspaltung wurde auch die strategische Ausrichtung von Media-Saturn noch einmal bekräftigt. Zum einen nimmt die Service-Orientierung des Elektronik-Retailers eine immer stärkere Rolle ein. So verzeichne man nach der Übernahme des After-Sales-Dienstleisters RTS bei den Service-Umsätzen inzwischen Steigerungsraten im zweistelligen Bereich. Im Juli hatte sich die Metro-Gruppe zudem mit einer Minderheitsbeteiligung an dem Service-Startup Deutsche Technikberatung beteiligt, das zuvor den Media-Saturn-Accelerator Spacelab erfolgreich durchlaufen hatte. Auch in den Märkten stärkt Media-Saturn den Service-Akzent, u.a. mit "Smartbars" für Handy-Reparaturen, die es bereits an mehr als 90 Standorten gibt. Ebenso geht die Diversifizierung der Store-Formate weiter: Nach der Einführung von Saturn Connect wurde Ende Mai im Berliner Hauptbahnhof ein kleinformatiger, nur 800 Quadratmeter großer Media Markt eröffnet, der Schwerpunkte auf mobile Produkte, Multichannel-Angebote und die Abholung von Online-Bestellungen legt. Das Verbindende Ziel der Strategie von MSH-Chef Pieter Haas ist es weiterhin, den Kunden eine Vielzahl möglicher Touchpoints zu bieten, um so als Händler der Wahl in möglichst vielen Lebenssituationen und Bedürfnislagen zur Verfügung zu stehen.

Seit Mai gibt im Berliner Hauptbahnhof eine kleinformatige Multchannel-Filiale von Media Markt
Seit Mai gibt im Berliner Hauptbahnhof eine kleinformatige Multchannel-Filiale von Media Markt
Foto: DB

Hinter der servicezentrierten und digital getriebenen Neuausrichtung von Media-Saturn tritt das Thema Pure Online weiterhin in den Hintergrund. So wurde bei der Metro-Bilanzkonferenz einmal mehr eingeräumt, dass die Online-Umsätze derzeit nur noch in den Webshops von Media Markt und Saturn steigen, der Online-Händler Redcoon sich dagegen weiterhin im Rückwärtsgang befinde. Als Begründung genannt wurde die "Beendigung von ausgewähltem unprofitablem Großhandelsgeschäft", was sich fünf Jahre nach der Übernahme von Redcoon etwas merkwürdig ausnimmt - schließlich wurde der Abschied vom Grauhandelsgeschäft schon kurz nach der Akquisition im Jahr 2011 angekündigt. Auf eine Ernüchterung im reinen Online-Geschäft bei Media-Saturn deutet auch die sang- und klanglose Einstellung des vor einem Jahr gestarteten Onlineshops Biwigo hin. Mit dem Haushaltsgeräte-Shop wollte der Retailer dem gleich ausgerichteten britischen Überflieger AO.com Konkurrenz machen. Doch hält sich auch der Erfolg von AO.com in Deutschland in Grenzen: Zwei Jahre nach dem Einstieg in den deutschen Markt liegt der Umsatz der Briten hierzulande noch unter 50 Millionen Euro - und das bei Verlusten von 25 Millionen Euro. Der Schluss liegt Nahe, dass das Online-Haushaltsgerätegeschäft in Deutschland weniger attraktiv ist - in Großbritannien besitzt AO.com mit mehr als 600 Millionen Umsatz dagegen eine ganz andere Marktstellung.

Kellerhals’ Kritik zielt ins Leere

Der mangelnde Erfolg vom Pure-Onlinegeschäft lieferte auch Media-Markt-Gründer und Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals eine Steilvorlage für erneute Kritik. "Das Online und Multichannel Geschäft macht nach wie vor Verluste. Die zusätzlich erworbenen Unternehmen, vor diesen Käufen hat Convergenta Invest gewarnt, liefern zusätzlich Verluste", heißt es in einer Stellungnahme von Kellerhals zu den Aufteilungsplänen der Metro AG. Aber nicht jeder Vorwurf des Media-Markt-Gründers trifft. So beklagt Kellerhals die Abwanderung von erfahrenen Managern bei Media-Saturn. Aber dass CFO Oliver Seidl im Juli sowie zuvor bereits Personalchef Ralph Spangenberg das Unternehmen verlassen, ist mit auf die Dauerkontroverse mit dem Minderheitsgesellschafter zurückzuführen. Die Folge: Aktuell besteht die MSH-Geschäftsführung nur noch aus drei Personen: CEO Pieter Haas, Media-Saturn-Deutschlandchef Wolfgang Kirsch und COO Joachim Rösges. Weiter kritisiert Erich Kellerhals, die Metro-Aufspaltung sei strategisch falsch und biete keine gute Börsenstory. Dabei wird nun vieles umgesetzt, was der Media-Markt-Gründer selbst seit längerem gefordert hat.

Media Markt und Saturn werden nach der Konzernaufspaltung zum Kern der Metro AG
Media Markt und Saturn werden nach der Konzernaufspaltung zum Kern der Metro AG
Foto: Media-Saturn

Weiterhin offen ist die Frage, wie es mit der Metro-Unterhaltungselektronikeinheit um Media-Saturn nach der Konzernaufspaltung weitergeht. Dass ein Verkauf der Gruppe geplant ist, scheint eher unwahrscheinlich. So verrät auch Erich Kellerhals auf seiner Webseite noch einmal, dass der von ihm gemeinsam mit Finanzinvestoren geplante Rückkauf von Media-Saturn von der Metro AG abgelehnt wurde. Auch eine Übernahme von Media-Saturn durch Wettbewerber ist skeptisch zu betrachten. In Frage kämen vor allem die nächstgrößeren CE-Händler Dixons-Carphone und Best Buy, doch sind beide Unternehmen noch stark mit sich selbst beschäftigt. Recht hartnäckig halten sich Gerüchte, Media-Saturn könnte nach der Aufspaltung selbst zukaufen. Die Palette reicht dabei vom Onlinehändler Cyberport bis zum Mobilfunkkonzern Freenet. Nach den Erfahrungen mit Redcoon dürfte das Cyberport-Szenario weniger attraktiv sein als ein Zusammengehen mit der serviceorientierten Freenet-Gruppe mit ihren Töchtern Mobilcom-Debitel und Gravis. Es bleibt also weiterhin spannend um Media-Saturn. (mh)

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