Mit seinem Plattformmodell wandelt der britische Haushaltsgerätespezialist AO auf den Spuren von Amazon: Die eigene Infrastruktur soll für Dritte geöffnet werden - als Dienstleistungsgeschäft, aber auch um Skaleneffekte für das eigene Wachstum zu erzielen. Vorbild für den von AO Deutschland im Oktober 2019 angekündigten Lieferservice für Händler und Hersteller ist dabei das Stammgeschäft in Großbritannien. "Dass wir das grundsätzlich auch für Dritte öffnen, ist in UK seit geraumer Zeit geübte Praxis und das adaptieren wir jetzt auch in Deutschland", erklärt Sascha Hubert, Head of Logistics Services bei AO Deutschland, im Gespräch mit ChannelPartner.
Punkten könne AO mit der hohen Erwartungshaltung, die man an die firmeneigene Logistik stelle: "Der Ausgangspunkt für unseren Lieferservice ist, dass wir unseren Kunden eine Rundum-Lösung bieten wollen und deshalb flächendeckend unsere eigene Logistik, Lager, Depots, Zustellflotte und Installationsservice haben." Zum anderen wolle AO durch herausragenden Service entlang der gesamten Customer Journey punkten.
In England konnte AO mit seinem Lieferservice bereits einige Partner gewinnen, darunter in diesem Jahr auch ein Handelsschwergewicht wie den Discounter Aldi. Wie Hubert berichtet, stoße man mit dem Angebot auch in Deutschland auf gute Resonanz: "Im Moment gibt es zwei, drei potenzielle Partner, mit denen wir in detaillierten Gesprächen sind. Das sind Hersteller aber auch Händler mit einem nicht so großen Fokus auf Elektrogroßgeräten."
"Wir gehen bei der Auswahl der Partner selektiv vor"
Entscheidend ist die Frage, wen AO mit seinem Lieferservice adressiert. Selbst ist der Online-Händler auf Haushaltsgeräte und andere sperrige Waren spezialisiert. "Mit unserem Zweimann-Handling zielen wir zunächst auf Elektrogroßgeräte", räumt Hubert ein. "Aber wir sind aber auch für andere Themen offen." Bei der Auswahl der potenziellen Partner werden AO immer selektiv vorgehen, da man als Händler nun einmal kein Systemanbieter wie DHL oder Hermes sei.
"Welche Partner in Frage kommen, ist abhängig von der Sortimentsstruktur. Der Partner muss ins System passen und ein ähnliches Mindset haben wie wir. Logistik muss für einen Partner ebenfalls ein wesentlicher Teil der Customer Journey sein, nicht einfach nur ein austauschbarer Zustelldienst." Lieferpartner von AO müssten einen klaren Fokus auf dem Thema Zustellung haben.
Wegen des eigenen Schwerpunkts auf Elektronik könnten Versandpartner auch gerne aus anderen Handelsbereichen stammen. "Auch bei Möbel gibt es Chancen, dass es passt.", erklärt Hubert. Dabei denkt der Logistik-Chef von AO Deutschland weniger an ein sperriges Sofa, als beispielsweise an verpackte Möbel zum Selberaufbauen.
Bei einer Partnerschaft mit AO gilt es eine weitere Hürde zu überwinden: "Auch unser Marken-Branding ist ein wichtiges Thema. Händler, die sagen, mit grünen Vans auszuliefern ist nicht richtig, passen nicht. Aber es gibt auch potentielle Partner, die verstehen, dass wenn sie mit AO ausliefern, sie signalisieren, dass sie ihren Kunden eine hohe Zustellqualität bieten."
Denn AO liefert auch in Deutschland bereits ab dem Folgetag nach einer Bestellung zum Wunschtermin von Montag bis Samstag aus dem Lager am Unternehmenssitz in Bergheim aus. Für Partner gibt es dabei zwei Modelle: Entweder der Partner kommissioniert aus dem eigenen Händlerlager und AO liefert von dort aus oder Händler lagern die Ware bei dem Online-Händler ein und AO kommissioniert und liefert in seinem Auftrag aus.
"Unser Vorteil ist, das wir selbst E-Commerce-Händler sind"
Mit dem Lieferangebot sieht Hubert AO als Teil eines größeren Trends zu neuen Logistikservices. Beispiele dafür seien Amazon und Zalando, die ihre Lieferkapazitäten inzwischen für Dritte öffnen, aber auch kleinere Player. "Es gibt einen generellen Trend zu eigenen Logistikangeboten überall dort, wo die großen Systemanbieter nicht reichen oder da wo Händler eine kritische Masse erreicht haben wie zum Beispiel Flaschenpost oder Picnic. Es gibt auch einen Trend zu hochspezifischen end-to-end-Lösungen." Genau dort sieht Hubert AO verortet: "Eine Konkurrenz zu DHL oder UPS wollen wir nicht werden, wir sehen uns eher in der Nische als Nischenplayer."
Der wesentliche Unterschied zu etablierten Lieferservices sei, dass AO selber E-Commerce-Händler sei und wisse, wie wichtig der Touchpoint Logistik sei. "Naturgemäß sind unsere Prozesse schlank und viel einfacher strukturiert." Hubert ist zuversichtlich, dass AO seinen Logistikservice auch auf dem deutschen Markt etablieren kann: "Wir suchen nicht 400 Händler, sondern ausgewählte Partner. Unsere Priorität ist nicht der Preis, aber wir bieten Qualität zu wirtschaftlichen Konditionen - 400.000 Sendungen, die AO.de pro Jahr ausliefert, sind dafür eine gute Basis."
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