Als Chief Commercial Officer (CCO) ist Oliver Klinck neben dem englischsprachigen Deutschlandchef Eben Sermon die zweite zentrale Führungsfigur von Ebay Deutschland. Das wurde auch an der Händlerkonferenz "Ebay Open" in Berlin deutlich, wo Klinck die wichtigsten Neuerungen auf dem Online-Marktplatz im Detail präsentierte. Im Interview mit ChannelPartner erklärt der 51-jährige, was Ebay mit dem Händlerprogramm "Local Heroes" sowie den neuen zentrale Zahlungs- und Fulfillment-Services genau vorhat.
ChannelPartner: Auf der Händler-Konferenz "Ebay Open" haben Sie das Programm "Local Heroes" präsentiert. Wie einfach wird es sein, lokale Einzelhändler dazu bewegen, über Ebay in den Online-Handel einzusteigen? Wer heute noch nicht online ist, hat dafür meist gute Gründe...
Oliver Klinck: Wir sprechen nun schon seit ein paar Wochen Händler zu dem neuen Programm an und treffen dabei auf die volle Bandbreite an Reaktionen: von Aussagen wie "Online will ich nicht" über Händler, die sich noch unsicher sind, bis zu Ladenbetreibern, die sich erst seit der Ansprache durch uns mit dem Thema beschäftigen. Vor allem der Anteil der Letzteren ist ziemlich hoch. Deshalb ist es richtig, dass wir mit dem "Local Heroes"-Programm hier nun zusätzliche Steigbügelhilfe bieten.
ChannelPartner: Mit welcher konkreten Strategie wollen Sie die lokalen Händler von Ebay überzeugen?
Klinck: Um möglichst viele Händler über das neue Programm zu informieren, arbeiten wir unter anderem mit einer externen Agentur zusammen, die für uns das Programm in Telefongesprächen vorstellt. Durch die dabei entstehende Feedback-Schleife bekommen wir sehr hilfreiche Anregungen und Insights. Zum Beispiel im Hinblick auf das neue Ebay Shoplabel. Für die Händler ist das eigentlich super: Sie können mit ihrem Ebay-Bewertungsprofil vor Ort Vertrauen schaffen und lokale Kunden erhalten die Möglichkeit, die gewünschten Produkte nicht mehr quasi anonym im Internet, sondern direkt beim bekannten lokalen Händler zu kaufen - und das auch online, wenn sie es möchten. Trotzdem merken wir, dass es Zeit brauchen wird, das Shoplabel bei den lokalen Händlern zu etablieren. Aber davor scheuen wir nicht zurück - wir sind schließlich Überzeugungstäter mit unserem Engagement für den lokalen Handel!
ChannelPartner: Heißt das, dass Sie das "Local Heroes"-Programm nun mit höchster Priorität voranbringen wollen?
Klinck: Es ist für uns auf jeden Fall ein wichtiges Programm und natürlich haben wir das Ziel, es signifikant voranzubringen. Gleichzeitig werden wir regelmäßig prüfen, wie groß die Resonanz ist, um gegebenenfalls Anpassungen zu machen.
ChannelPartner: Der Erfolg wird wohl zu großen Teilen davon abhängen, ob Ebay bei dem Thema einen langen Atem beweist. Viele Local-Commerce-Projekte sind daran gescheitert, dass sie zu kurzfristig angelegt waren. Welche Learnings konnten Sie dazu durch ihre Pilotprojekte in Mönchengladbach und Diepholz sammeln?
Klinck: Die Stadtprojekte waren etwas anders angelegt. Dabei ging es darum, den lokalen Handel einzelner Städte bei Ebay abzubilden. Nun wollen wir Händler deutschlandweit und unabhängig von einer bestimmten Stadt dafür fitmachen, sich über Ebay ein zweites Standbein im Online-Handel aufzubauen. Aber natürlich wissen wir, dass es eine zentrale Frage ist, wie wir der Einbindung lokaler Händler bei Ebay Nachhaltigkeit verleihen. Ich bin überzeugt, dass das nur gelingen kann, wenn auch die Käufer nachhaltig darauf anspringen. Das ist wie beim Thema Umweltschutz: Jeder will das Klima retten. Aber wer ist dazu bereit, auch wirklich konsequent danach zu handeln? Wir hoffen, dass das bei unserer Initiative "Local Heroes" gut funktioniert.
"Auch große Marken kommen heute aktiv auf Ebay zu"
ChannelPartner: Die zweite große Neuigkeit am Rande der "Ebay Open" war der Start der neuen Ebay Zahlungsabwicklung in Deutschland. Oft treffen derartige Neuerungen erst einmal auf eine gewisse Abwehrhaltung. Wie ist Ihr Eindruck aus den Gesprächen mit den Händlern?
Klinck: Das Interesse an der neuen Zahlungsabwicklung ist so groß, dass wir filtern müssen, wer zuerst an der Umsetzung teilnehmen soll. Für Händler, die viel ins Ausland verkaufen, macht die Umstellung im Moment beispielsweise noch nicht so viel Sinn. Deshalb wählen wir die teilnehmenden Händler sorgfältig aus.
ChannelPartner: Bei der Einführung von Ebay Fulfillment sind sie bewusst vorsichtig gestartet und sprechen dabei auch von einem "Marathonlauf". Werden Sie sich für die Implementierung der neuen Zahlungsabwicklung ähnlich viel Zeit lassen?
Klinck: Bei der Einführung der Zahlungsabwicklung schlagen wir ein anderes Tempo an als beim Thema Fulfillment. Die Zahlungsabwicklung ist eine Kernfunktion, die zu einem bestimmten Zeitpunkt für alle Ebay-Händler verpflichtend sein wird.
Ebay Fulfillment verfolgt einen anderen Ansatz: Wir bieten unseren Logistikservice vor allem denjenigen Händler an, welche die Kriterien für unser "Ebay Plus"-Programm nicht selber erfüllen können. Es ist keine Lösung, die für alle Händler sinnvoll ist.
ChannelPartner: Jede große Neuerung bei Ebay hatte den Nebeneffekt, dass auch einige Händler herausgefallen sind, welche die entsprechenden Kriterien nicht erfüllen konnten. Wird das auch bei der Zahlungsabwicklung so sein?
Klinck: Die neue Zahlungsabwicklung wird weltweit bei Ebay eingeführt und es ist klar, dass sie irgendwann für alle Händler verpflichtend sein wird. Wir haben schon viel von den USA gelernt, wo die Zahlungsabwicklung bereits seit 2018 umgesetzt wird. Das wird uns dabei helfen, die Erfahrung im Sinne unserer Händler zu gestalten und zu optimieren.
Es geht bei der Zahlungsabwicklung in erster Linie darum, dass wir unseren Kunden noch mehr Auswahlmöglichkeiten bei der Bezahlung und noch mehr Sicherheit bieten. Und es gibt keinen Grund, warum unsere Händler dem nicht folgen sollten.
ChannelPartner: Ein wichtiges Element der Zukunftsstrategie, die Ebay-Deutschlandchef Eben Sermon den bei der "Ebay Open" anwesenden Händlern vorgezeichnet hat, war es, das Warenangebot auf Ebay noch weiter auszubauen. Wie entwickelt sich in dieser Hinsicht die Zusammenarbeit mit den Herstellern und Markeninhabern?
Klinck: Die großen Marken für Ebay zu gewinnen, ist ein Thema, das sich über die Zeit entwickelt hat. Zwar gibt es je nach Branche noch gewisse Unterschiede, aber wir sehen übergreifend eine viel größere Offenheit. Zum Beispiel im Fashion-Bereich haben noch vor fünf Jahren viele Hersteller gesagt, sie wollten auf keinen Fall über Online-Marktplätze verkaufen. Inzwischen kommen die gleichen Marken proaktiv zu uns und wollen eine Präsenz bei Ebay haben. Es gibt nur noch ganz wenige Fälle, in denen Hersteller gar kein Interesse haben, über Ebay zu verkaufen.
Einer der Gründe für diesen Sinneswandel ist, dass die Artikel der Hersteller über die Händler ohnehin bei Ebay sind, wo eben viel Käufernachfrage gebündelt ist. Es liegt nun an den Herstellern zu entscheiden, ob sie hier mit einem Wildwuchs leben oder ob sie das lieber aktiv mitgestalten möchten, was wir natürlich sehr unterstützen.
ChannelPartner: Trifft das so auch auf den Elektronikbereich zu?
Klinck: Ja. Bei den Elektronik-Marken gibt es eigentlich gar keine Vorbehalte mehr gegen Ebay. Heute sind nahezu alle wichtigen Elektronikmarken bei Ebay vertreten. Einige Marken verkaufen ihre Waren selbst bei Ebay, andere ziehen das Modell vor, einzelne Händler für den Verkauf ihrer Waren bei Ebay zu autorisieren. Beide Modelle unterstützen wir.