"Channel-Konflikte gibt es nicht"
Channel-Konflikte sind also ausgeschlossen?
Heidbrink: Aus meiner Sicht kann es das nicht geben, nicht in der Form, dass wir anfangen, direkt zu verkaufen und der Partner überrascht wäre. Es gibt eine oder zwei Hände voll Kunden, wo wir von vornherein dem Partner sagen, wir haben mit dem Kunden was vor, wir wollen beispielsweise eine komplexe Campus-Infrastruktur aufbauen, wir möchten in die Infrastrukturberatung tiefer einsteigen. Das ist aber in aller Regel etwas, das vom Tag eins mit dem Partner abgestimmt ist und auch über den Partner verkauft wird. Das hängt natürlich auch davon ab, wie der Kunde das will, aber da ist kein Partner überrascht. Im Gegenteil, in vielen Fällen wird es vom Partner geschätzt, weil sich oft viele Service-Opportunities ergeben, die wir gar nicht liefern können und wollen.
Klingt traumhaft, gibt es denn auch Dinge im Cisco-Channel, die besser laufen könnten?
Heidbrink: Womit Partner zu Recht unzufrieden sind, ist die Reaktionsgeschwindigkeit und die Art, wie wir in Deutschland Entscheidungen treffen. Das ist ja ein Grund, warum Cisco sich stark verschlankt und viel Verantwortung in die Länder zurückgibt. Wir machen sehr viele Programme, die alle gut gemeint sind, die dem Partner helfen sollen, das, was sie investieren auch differenziert in den Markt zu bringen. die sind häufig so komplex, dass sie keiner mehr versteht. da haben wir Aufräumbedarf.
Was haben Sie sich denn für die ersten 100 Tage vorgenommen?
Heidbrink: Ich hab die ersten 100 Tag meine Ohren nur auf Eingang gestellt. Ich besuche gerade die 30 größten Partner in Deutschland und höre mir im Detail an, ob das, was ich vermute, auch zutrifft. Wir werden sehr laut in Richtung Corporation zurückspiegeln, welche Programme wir möchten und welche wir nicht mehr haben wollen. Da müssen wir aufräumen. Es kann nicht sein, dass Partner mehrere Mitarbeiter beschäftigen müssen, um durch Cisco-Programme durchzusteigen, die haben ja ihre eigene ERP-Lösungen und Preisstellungssysteme und müssen das alles einpflegen und wenn wir etwas ändern, muss das wieder eingepflegt werden. Da werden wir aufräumen, das muss klarer und schlanker werden. Wo ich heute nicht so viel Bedarf spüre, ist die Geschwindigkeit in der Abstimmung und Verlässlichkeit, da sind wir besser geworden. Der Kunde hat immer die freie Wahl, das müssen wir natürlich akzeptieren.
Werden sie an den Projektregistrierungsprozessen etwas ändern?
Heidbrink: Ich sehe da zumindest zurzeit keinen Riesendruck darauf. Es gibt ein Programm im unteren Mittelstand namens OIP, das einfach das frühe Anzeigen von Neugeschäft möglich macht. Das wird auch intensiv genutzt.
Sie sprechen zurzeit mit vielen Partnern, was treibt den Channel Ihrer Erfahrung nach besonders um?
Heidbrink: Im positiven Sinne sind es die Möglichkeiten im Rechenzentrum mit Virtualisierungsstrategien. Als wir mit dem Unified-Computing-System auf den Markt gekommen sind, haben sich alle kaputt gelacht. Jetzt wollen die Jungs auch noch Server bauen - so ein schlechtmargiges Geschäft in einem komplett belegten Markt, hieß es. Heute sind wir weltweit Nummer drei im Blade-Server-Markt und Nummer zwei in USA, obwohl wir relativ restriktiv in unseres Partnerwahl waren. Wir haben jetzt aber entschieden, mit den Lösungen sehr stark in den Mittelstand hineinzugehen. Das wird sich auch auf der Zertifizierungsseite widerspiegeln.
In Deutschland boomte in den vergangenen beiden Jahren das Geschäft. Ist dieser Trend ungebrochen oder drücken die Hiobsbotschaften aus Griechenland und anderen Ländern in der Euro-Krise auf die Investitionsbereitschaft?
Heidbrink: Wir haben zurzeit in Deutschland überhaupt keinen Grund, uns über die Investitionsbereitschaft unserer Kunden zu beschweren. Bei Kommunikationslösungen und WLAN-Systeme haben wir bei den Marktanteilen ein All Time High. (haf)