Es gibt viele Gründe, warum ein Start-up scheitern kann. Die häufigste Ursache ist laut einer Studie von CBInsights das Produkt selbst: Fast die Hälfte der strauchelnden Start-ups hatte ein Angebot, für das im Markt einfach kein Bedürfnis bestand. Dieses Grundproblem traf beispielsweise auf das deutsche Start-up Doo zu, dessen Online-Dokumentenverwaltung einfach zu wenig Kunden fand. Es ist aber nicht immer die fehlende Markteinschätzung der Unternehmensgründer, ein erfolgreiches Start-up kann schnell in eine Existenzkrise geraten. Der beliebte Bilderdienst Twitpic musste aufgeben, als Twitter eine Namensänderung verlangte und der beliebte Videoblogging-Dienst Viddy hatte sich zu eng an ein bestimmtes soziales Netz gebunden. Es kann noch viele weitere Gründe geben, wie unsere Auswahl an Pleiten der letzten Jahre zeigt.
- Viddy
Der Niedergang von Viddy kam schnell. Gerade noch hatte die App riesige Nutzerzahlen und prominente Geldgeber. Gegen Facebook kam sie aber nicht an. - Sonar
Das Social-Media-Tool Sonar hatte viele Nutzer, langfristig konnte es aber zu wenige Einnahmen erzielen. - TunedIn
Social TV war einige Zeit in Mode, im Unterschied zu den USA gab es aber einen zu kleinen deutschen TV-Markt und zu viele Konkurrenten. - Fotopedia
Anspruchsvolle Foto-Präsentationen konnte man mit Fotopedia komfortabel erstellen. Die Einnahmen blieben aber hinter den Erwartungen zurück. - Twitpic
Twitpic dominierte längere Zeit die Bilderveröffentlichung per Twitter. Der Name war Twitter aber zu ähnlich zum eigenen, was für den Anbieter das Aus bedeutete. - Outbox
Sämtliche Post nur noch in digitaler Form zu erhalten, klang wie eine gute Idee. Das Unternehmen hatte aber einfach zu wenig Kunden und scheiterte vor allem am Wi-derstand der amerikanischen Post. - Aereao
Live-Fernsehen per Internet machte Aereao möglich. Das Geschäftskonzept war aber rechtlich recht angreifbar. Mitte Juni zog dann der Oberste Gerichtshof der USA den Stecker. - SimpleNFC
Eine Entwicklungsumgebung für NFC klang wie eine gute Idee, die Softwarefirma fand aber offensichtlich kaum Kunden. - Sproutkin
Ein Versanddienst für Kinderbücher sollte nicht zu teuer sein. Eine Abogebühr von 25 Dollar war offensichtlich einfach zu viel. - Dealomio
Günstige Angebote in der Nähe sollte die App von Dealomio zeigen. Gegen Groupon hatte der Dienst aber offenbar wenig Chanchen. - Doo
Eine solide technische Lösung und gute Apps konnten Doo nicht zum Erfolg verhelfen. Die Dokumentenverwaltung hatte zu wenige Kunden.
In unserer Aufstellung an gescheiterten Start-ups sind vor allem US-Unternehmen vertreten, was mehrere Ursachen hat: In Deutschland schaffen es nur wenige IT- und Web-Start-ups, zu einer nennenswerten Größe zu gelangen, Ausnahmen wie Teamviewer und Sociomantic bestätigen eher die Regel. Sind jedoch nur ein oder zwei Gründer betroffen, wird ihr Verschwinden oft kaum bemerkt; man könnte dies auch als fehlende "Fallhöhe" bezeichne.
In Deutschland scheinen viele Geldgeber außerdem nicht gerne zuzugeben, dass eines ihrer Projekte gescheitert ist. So führt die Website "Gründerszene" ein großes Archiv gescheiterter Internet-Projekte, die oft jahrelang als inaktive Webseite und Facbeook-Auftritt vor sich hin dümpeln, bis sie endgültig vom Netz genommen werden. Dazu gehören unter anderem so genannte "Groupon-Klone" wie CoupoMania, Deal Ticket, Heimatpreis, Reduti oder UnserDeal.
Deutlich mehr Kapitalgeber gibt es dagegen in den USA. Diese sind schnell bereit achtstellige Summen zu investierten, gerade bei der Finanzierung durch Venture Capital stehen US-Unternehmer dann aber auch deutlich mehr unter Druck und müssen vielleicht auch ihr Scheitern ausführlicher erklären.
Video-Blogging: Viddy
Der Foto-Blogdienst Instagram war ein großer Erfolg, der Dienst Viddy hoffte dies mit einem Video-Blogdienst toppen zu können. Die Anfänge waren vielversprechend: Die Nutzerzahlen stiegen 2012 von einer auf zehn Millionen Nutzern und in einer zweiten Finanzierungsrunde konnte Viddy 30 Millionen Dollar an Kapital einsammeln. Das Start-up schätzte gegenüber den Investoren den eigenen Wert dann auch auf 370 Millionen Dollar. Zu den Investoren und Nutzern gehörten viele US-Prominente wie Shakira und Jay-Z's Label Roc Nation, zu den Nutzern unter anderem Justin Bieber. Die Grundlage der App war allerdings eine enge Anbindung an Facebook. Als Facebook diese enge Einbindung beschnitt, sank die Nutzerzahl rapide. Facebook hatte Instagram übernommen und bald eine Video-Aufnahmefunktion ergänzt. Bald darauf wurde das Mutter-Unternehmen von Fullsceen übernommen und der Dienst schließlich offiziell geschlossen.
Gründer: JJ Aguhob, Brett O'Brien
Finanzierung: 20,2 Millionen US-Dollar, New Enterprise Associates, Khosla Ventures, Goldman Sachs, Battery Ventures
Mobile Social: Sonar
Sonar, eine App der Sonar Media Inc., war einmal eine der beliebtesten Apps auf Android- und iOS-Smartphones und hatte nach eigenen Angaben Millionen Nutzer. Freunde und Gleichgesinnte in der Nähe wurden von dem Tool automatisch erkannt, auf einer Karte angezeigt und man konnte mit ihnen chatten. Sonar unterstützte Facebook, LinkedIn, Twitter und Foursquare. Die große Zahl an Nutzern sorgte aber nicht für entsprechende Einnahmen. Nach drei Jahren kam Ende 2013 das Aus. Nach Berichten des Gründers Brett Martin hatten auch viele falsche Managemententscheidungen zum Ende beigetragen. So hatte ein geplatzter Kauf durch ein Unternehmen viel Geld und Ressourcen gekostet.
Gründer: Daniel Klaus, Brett Martin
Finanzierung: 200.000 Dollar von Social Starts und Shawn V. Gruver
Social TV: TunedIn
Social TV war das Thema des Berliner Start-ups TunedIn. Während eines TV-Films konnten Nutzer der App Zusatzinformationen bekommen oder mit anderen Zusehern chatten. Idee des in New York gegründeten und später nach Berlin umgesiedelten Unternehmens war es, Fernsehen, Internet und Social Media zu verknüpfen. In den USA ist beispielsweise das Vorbild tvtag (früher GetGlue) mit diesem Konzept recht erfolgreich.
Noch im Februar 2013 hatte Axel Springer 75 Prozent der Anteile übernommen, Anfang Juli 2014 meldete das Second-Screen-Unternehmen dann aber bereits Insolvenz an. Laut einem Bericht bei "Gründerszene" hatte sich der Second Screen-Markt nicht so entwickelt wie geplant. Mit Anbietern wie Zapitano, Couchfunk, Tweek und Wywy hatte es wohl zu viele Konkurrenten auf einem kleinen Markt gegeben. Zehn Mitarbeiter beschäftigte das Unternehmen am Schluss.
Gründer: Justin Scull, Sebastian Bartz
Finanzierung: Axel Springer, Höhe nicht bekannt
Foto-Enzyklopädie: Fotopedia
Ein Online-Fotodienst der anderen Art wollte Fotopedia sein - eine kollaborative Foto-Enzyklopädie. Profi- und Amateur-Fotografen waren die Zielgruppe. Das von früheren Apple-Mitgliedern gegründete Start-up ermöglichte den Nutzern, aufwendige Foto-Präsentationen zu erstellen; Wikipedia und Google Maps konnten integriert werden. Auch einige Kommunikationsfeatures waren geboten und die einfach bedienbaren Foto-Seiten genügten selbst höheren optischen Ansprüchen. Vor allem auf iPad- und iPhone war der Dienst sehr beliebt. Das Ende im Juli 2014 hatte finanzielle Gründe, das Unternehmen verdiente kaum Geld. So schrieben die Betreiber zum Abschied: "We truly believe in the concept of storytelling but don't think there is a suitable business in it yet."
Gründer: Jean-Marie Hullo, Bertrand Guiheneuf, Manuel Colom, Sébastien Maury and Olivier Gutknech
Finanzierung: Banexi Ventures Partners, David Rosenblatt, DG Incubation Inc, Ignition Partners, Joi Ito, Local Globe (& Saul Klein), Mats Carduner, Reid Hoffman, Ron Conway IRA, Soft Tech (Jeff Clavier)