Von kostenlos bis zu mehreren tausend Euro teuer
Selbstredend treten die TK- und Netzwerk-Hersteller für die eigenen Lösungen ein, wenn sie nach den passenden IP-basierten Systemen gefragt werden. Firmen mit bis zu zehn Mitarbeitern bietet Snom sogar eine kostenlose, rein softwarebasierte TK-Anlage an, die unter Windows, Linux und MacOS ihr Werk verrichtet. Wer mehr Nebenstellen und zusätzliche Funktionen benötigt, kann bei snom auch eine hardwarebasierte TK-Anlage erwerben.
Mit zunehmender Größe der TK-Anlage wächst auch deren Funktionspalette. Es kommen Features hinzu wie die Entrichtung von Sammelanschlüssen, diverse Anrufumleitungen; Anklopfen oder paralleles Klingeln bei besetzten Leitungen. All diese von ISDN her bekannten Optionen sind im Prinzip auch mit IP-Telefonen - fest und mobil - realisierbar. Angereichert wird das Ganze mit aus den von der IT-Welt her bekannten Funktionen wie Datenverschlüsselung.
Aber auch der snom-Manager Rudi Stahl glaubt, dass ISDN weiterhin seine Daseinsberechtigung hat, etwa als Ausfallsicherung: "Dann bleibt der Kunde trotz IP-Telefonie weiterhin unter seiner alten Rufnummer erreichbar." Dem stimmt auch Karl-Heinz Schoo von Also Actebis zu: "ISDN ist und bleibt auch noch in den nächsten Jahren ein Thema." Demnach gehe der ISDN-Bestand zwar kontinuierlich zurück, er werde aber noch über viele Jahre hinweg den TK-Markt dominieren, so die Einschätzung von Schoo.
Ähnlich äußert sich Cisco-Manager Thomas Nicolaus: "ISDN wird uns in Deutschland sicherlich noch einige Jahre erhalten bleiben." Trotzdem sollten seiner Ansicht nach Reseller bei der Beratung ihrer Kunden darauf achten, dass die neu anzuschaffenden TK-Anlagen SIP-kompatibel sind, damit sie auch mit Systemen, die dieses moderne IP-Kommunikationsprotokoll unterstützen, zusammenarbeiten können. Außerdem sollten moderne TK-Anlagen auch Videokommunikaton unterstützen. "Ebenso wichtig ist die Integrationsfähigkeit in gängige Desktop-Betriebssysteme und diverse Anwendungssoftwarepakete", argumentiert Nicolaus.
Laut Aastra-Vertriebsleiter Michael Page müssen IP-basierte Telefonanlagen klassische TK-Leistungsmerkmale mitbringen, sonst wird das nichts mit dem Umstieg von ISDN auf Ethernet. Dennoch: "ISDN wird uns wohl auch noch eine Weile erhalten bleiben - wie lange, das hängt unter anderem von den Geschäftsmodellen der Provider ab."
Mittelständischen Kunden empfiehlt Page seine "All-in-One-Lösung", größere Unternehmen bis hin in den Enterprise-Bereich sind mit dementsprechend großzügiger ausgestatteten Kommunikationsservern am besten beraten. Hierbei legt der Vertriebsleiter großen Wert auf Funktionen wie CTI, Präsenzanzeige oder die sogenannte Fixed Mobile Convergence, also auf die Möglichkeit, sein mobiles Endgerät überall dort zu nutzen, wo es anders nicht geht oder es quasi kostenlos ist, zum Beispiel via WLAN. Ferner glaubt Page, dass Videokommunikation immer mehr an Bedeutung zulegen wird. "Die einzelnen Komfortfunktionen sollten je nach Bedarf individuell per Lizenz freischaltbar sein, sodass Kunden nur für die Dienste bezahlen müssen, die sie auch wirklich nutzen", schließt der Aastra-Manager seine Ausführungen ab.
Auch Avayas Channel-Chef Salvatore Maimone propagiert unterschiedliche Lösungen für Mittelständler und große Unternehmen. Zusätzlich zu den von Page erwähnten Funktionen möchte Maimone auch Audiokonferenzen veranstalten, ferner komplette Callcenter mit den eigenen TK-Anlagen einrichten und auch Instant Messaging ermöglichen. "In der Übergangsphase bleibt ISDN noch ein Thema, speziell wenn es darum geht, vorhandene S0-Anwendungen und Schnittstellen zum Carrier zu behalten. Diese Schnittstellen bieten wir natürlich weiterhin an. Aber der Umbruch zur 'All IP'-Welt ist in vollem Gange. Unsere UC-Lösungen verfügen über offene SIP-Schnittstellen zu Endgeräten und zu Dienstanbietern, um auch in diesem Umfeld von den Vorteilen der IP-Kommunikation profitieren zu können", blickt Maimone in die nähere Zukunft,
"ISDN bleibt weiterhin ein Thema, allerdings mehr auf der Netzseite, wo es jedoch nur noch simuliert wird. In den Unternehmen wird die Kommunikationsinfrastruktur vermehrt auf IP umgestellt. Es gib keinen Grund mehr, zwei verschieden Netze zu betreiben", meint Gigaset-Manager Christian Reindl. Und recht hat er, denn das IP-basierte Netzwerk ist ohnehin schon überall vorhanden und kann stets auch zur Audiokommunikation genutzt werden.
Andere Hersteller wollen ISDN noch nicht so schnell aufgeben, um es bei komplettem IP-Netzwerk-Ausfall als Übergangslösung und Backup zu behalten. Außerdem hätten viele Kunde teilweise recht hohe Summen in ihre bestehenden ISDN-TK-Anlagen investiert, und diese Investitionen wollen natürlich erst einmal amortisiert sein, so heißt es zumindest in der von SEN in Auftrag gegebenen Studie "State of Enterprise Communications 2012". "Deshalb wird es zunächst häufig Hybridmodelle geben", glaubt SEN-Manager Alexander Baumann. Allerdings sollte seiner Erfahrung nach die Integration von ISDN- und Analog-Infrastruktur in neue IP-Technik ohne nennenswerten Aufwand möglich sein, sonst sinkt sofort deren Akzeptanz bei den Kunden.
- Karl-Heinz Schoo, Head of Business Unit UCC bei Also Actebis: "IP-basierte TK- Anlage? Wenn nicht jetzt, wann dann?"
- Jürgen Walch, Teamleiter bei Herweck: "Die Frage lautet nicht, ob, sondern wie sich Fachhändler mit IP-basierten TK-Anlagen beschäftigen sollten."
- Thomas Nicolaus, Leiter Collaboration Architektur bei Cisco Deutschland: "Re-Fokussierung auf Wachstumsmärkte"
- Michael Page, Vertriebsleiter bei Aastra; "Immer mehr Mittelständler migrieren in Richtung VoIP"
- Rudi Stahl, EMEA-Chef bei der snom technology AG: "Individuelle maßgeschneiderte Lösung für den Kunden zusammenstellen"
- Alexander Baumann, SMB-Manager bei Siemens Enterprise Communications: "Die Zukunft gehört der vereinheitlichten Kommunikation via IP."
- Salvatore Maimone, Leiter Channel Group bei Avaya: "Vielfältige Services - Netzwerk-Assessment, Implementierung mit Integrationsdienstleistungen und kompletter Betrieb der TK-Anlage"
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