Bechtle hat im vergangenen Jahr ab dem dritten Quartal richtig an Fahrt gewonnen - mitten in den Sommermonaten, in denen die Branche gewöhnlich eher schwächelt. Was war der Grund?
Thomas Olemotz: Die Investitionsneigung der Industrie verbesserte sich deutlich. Während viele Unternehmen im ersten Halbjahr spürbar mit angezogener Handbremse unterwegs waren, kam dann mit verbesserten Konjunkturaussichten Zuversicht auf. In der Folge realisierten Kunden Projekte, die zuvor bereits in der Pipeline waren. Das ist die eine Seite. Die zweite Seite war mindestens ebenso wirkungsvoll: Wir haben auf den Ehrgeiz und die Motivation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesetzt, nach einem eher verhaltenen ersten Halbjahr in der zweiten Jahreshälfte zu zeigen, was möglich ist. Das vierte Quartal hat uns im Vorstand dann salopp gesagt vom Hocker gehauen. Alle Achtung für diese Mannschaftsleistung.
Sie haben nach der Allianz mit dem US-amerikanischen Handelsunternehmen PC Connection angekündigt, das internationale Partnernetzwerk weiter ausbauen zu wollen. In welchen Ländern planen Sie die nächste Kooperation?
Olemotz: Wir haben unsere Fühler neben den USA in ganz unterschiedliche Richtungen ausgestreckt - darunter Kanada, Asien, Nordeuropa. Wir führen konkrete Gespräche mit einer guten Handvoll möglicher Partner und tauschen uns dazu auch sehr offen mit unseren großen Herstellerpartnern aus. Denn die Hersteller haben in der Regel einen sehr guten Einblick in Performance, Zuverlässigkeit und Prozessqualität ihrer Reseller, sie kennen außerdem das Management. Deshalb ist uns die Einschätzung wichtig.
Durch die Kooperation mit PC Connection hat sich Bechtle im E-Commerce-Bereich außerhalb Europas ein Standbein geschaffen. Planen Sie im zweiten Schritt, die Allianz auf das Infrastrukturgeschäft zu erweitern?
Olemotz: Das wäre ein nächster logischer Schritt.
- 1982 - Es begann mit den Gummibärchen an der Kinokasse
Unternehmer Gerhard Schick, der 1982 u.a. für 18 Kinobetriebe in Heilbronn verantwortlich ist, Prof. Klaus von Jan von der FH Heilbronn, und Maschinenbau-Student Ralf Klenk, verbünden sich: Sie entwickeln eine Software für die Süßigkeitenverwaltung an den Kinokassen. - 1983 - Vom ersten Projekt zum Unternehmen
Überzeugt, dass Computern die Zukunft gehören wird, wittern der Unternehmer Gerhard Schick, der Professor Klaus von Jan und der Student Ralf Klenk eine Geschäftschance: Ein Unternehmen, das die Software vermarktet. - 1983 - Das Kind braucht einen Namen
Die Gründer sind sich einig: Der Firmanname soll Vertrauen schaffen, schwäbisch klingen, griffig sein und weit vorne im Alphabet stehen. Gerhard Schick durchforstet die Personalliste seiner Firma vor. Bei Hans-Joachim Bechtle bleibt der Finger stehen. - Geburtsstunde
Der Name ist gefunden. Am 21. Juli 1983 um 9 Uhr ist Notartermin: die Bechtle GmbH ist gegründet. - Der erste Kunde...
Noch vor Eröffnung des ersten Bechtle-Ladengeschäfts im Heilbronner City Süd-Center kauft Hans-Joachim Bechtle, der Namensgeber der Firma, im September 1983 zehn Disketten "1DSS S 1/1" zum Preis von 60,53 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer. - Der erste Flop...
Anfangs konzentriert sich Bechtle auf die Entwicklung und Vermarktung technischer Berechnungssoftware etwa zur Werkzeugverwaltung. Letztere deckt zwar alle erdenklichen Funktionen ab, ist aber zu kompliziert in der Bedienung - der erste Flop. - ... und der Durchbruch
Dann schlägt die "Bechtle Praktiker Software" (BPS) am Markt ein. Der Durchbruch gelingt allerdings mit dem zweiten, nur als Nebenerwerbsquelle geplanten Standbein - dem Vertrieb von Hardware. Die Nachfrage nach Computern, Monitoren, Druckern und Zubehör kennt keine Grenzen. - Mitte der 80-er Jahre
Bechtle gelingt es, 1985 zum IBM-Vertragshändler zu werden. Mit IBM im Portfolio öffnen sich für Bechtgle die Tore zu den Großkunden. Bis heute verbindet beide Unternehmen eine starke Partnerschaft. - 1991 - "Der Otto in der IT"
Gerhard Schick glaubt an das Versandgeschäft per Katalog - auch für IT-Produkte. Per Telefon werden die Preise der Versandhandelskonkurrenten Secomp und Misco verglichen. Der Bechtle-Katalog legt den Grundstein für den späteren Online-Shop und die heutige E-Commere-Sparte des Konzerns. - Die 90-er Jahre: Überregional wachsen mit Zukäufen
Ralf Klenk und Gerhard Schick kaufen 1993 erste Unternehmen zu: erst in Würzburg, und Chemnitz, dann in Mannheim, Dresden, Karlsruhe, Leipzig. Zum Jahrtausendwechsel beschäftigt Bechtle 2.254 Mitarbeiter an 43 Standorten und setzt 752 Millionen Euro um. - 2000: Börsengang
Bereits 1988 reiften die ersten Pläne. Mit 100 Millionen Mark Umsatz will man im Jahr 2000 an die Börse. Zur Jahrtausendwende war es soweit. Statt der geplanten 100 Mio. Mark stehen zum Zeitpunkt des Börsengangs alerdings satte 773 Millionen DM in der Bilanz. - 2003: Party zum 20-jährigen Bestehen
Bechtle kauft immer mehr Unternehmen zu und wächst rasant. Mittlerweile sind 1.100 Mitarbeiter an Bord. "Die Schwungmasse für weiteres Wachstum ist vorhanden", erklärt Gründer und Vorstand Gerhard Schick am 20. Geburtstag des Unternehmens. - 2004: Umzug in die neue Firmenzentrale und in den TecDAX
Im März 2004 zieht Bechtle mit rund 500 Mitarbeitern in die neue Firmenzentrale am Neckarsulmer Bechtle-Platz 1, mit über 25.000 Quadratmeter Nutzfläche. Gründer und Gesellschafter Ralf Klenk übernimmt den Vorstandsvorsitz von Gerhard Schick, der in den Aufsichtsrat wechselt. - 2004: Der Geschäftsbereich "Öffentliche Auftraggeber" wird gegründet
Die Geschäftseinheit bündelt das Know-how für Projekte mit öffentlichen Auftraggebern. Es lohnt sich: Der Umsatzanteil in diesem Segment klettert von 18% im Jahr 2008 binnen 5 Jahren auf fast 30 Prozent. - 2006: Größe braucht Struktur
Das rasante Wachstum forderte organisatorische Veränderungen. Bereichsvorstände für die einzelnen Regionen im geamten Bundesgebiet ergänzen den bis dato zweiköpfigen Vorstand.
Das Systemhaussegment, das bei Bechtle neben dem Infrastrukturgeschäft auch Cloud und Managed Services umfasst und inzwischen zwei Drittel zum Gruppen-Umsatz beisteuert, legte 2013 in Deutschland um elf Prozent zu. Angesichts der Entwicklung im IT-Gesamtmarkt müssen Sie also Marktanteile gewonnen haben. Kampfpreise können dafür nicht die Ursache sein, sonst hätten Sie nicht gleichzeitig die EBIT-Marge auf 3,7 Prozent erhöhen können. Woran lag es also?
Olemotz: Die Gründe sind sehr breit gefächert. Das Segment hat zum einen von der hohen Nachfrage im Inland, der guten Wettbewerbsposition und dem Beschäftigungszuwachs sowie von den umfangreichen Qualifizierungsmaßnahmen profitiert. Zum anderen aber haben wir uns in den vergangenen Monaten durch die Übernahme von rund 60 IBM-Mitarbeitern und dem Kauf der Amaras AG mit weiteren 33 Mitarbeitern deutlich im Bereich Managed Services verstärkt. Wir konnten zudem unseren Geschäftsbereich Software und Anwendungslösungen durch die Übernahme des Microsoft-Partners Viritim und des 3D-CAD-Spezialisten Planetsoftware ausbauen. Und nicht zuletzt haben wir auch im vergangenen Jahr enorm in die Weiterbildung und den Ausbau unserer Mitarbeiter investiert. Wir sind überzeugt, dass wir die technologischen Veränderungen, aber auch den Generationswandel, der sich am Markt abzeichnet, nur mit der kontinuierlichen Entwicklung unserer Mitarbeiter stemmen können. Das ist eine Schlüsselgröße.