Ein Systemhaus muss Gewinne einfahren
Die Investitionen in den Personalausbau hatten in den vergangenen sechs Quartalen immer wieder auf den Gewinn gedrückt. Investoren wollen aber doch in der Regel jedes Quartal gute Erträge sehen. Wie groß war der Druck?
Olemotz (schmunzelt): Wenn der Gewinn über einen gewissen Zeitraum belastet ist, sind in der Tat überzeugende Argumente gefragt - sicher nicht immer einfach. Aber Mitarbeiter sind für uns das wichtigste Kapital. Dass dieser Weg der richtige war, zeigen die aktuellen Zahlen. Wir werden auch künftig weiter in die Mitarbeiterentwicklung investieren, allerdings nicht mehr in der Geschwindigkeit wie noch im Jahr 2012. Die Dynamik hat sich hier bereits seit dem dritten Quartal letzten Jahres spürbar verringert.
Welchen Anteil am gesamten Systemhausbereich hat das Geschäft mit Managed Services und Cloud bei Bechtle?
Olemotz: Wir schlüsseln den Umsatz nicht nach diesen Bereichen auf. Wir erbringen Managed Services ja nicht nur durch unsere zentralen Einheiten in der Bechtle Managed Services AG, sondern auch durch unsere 65 Systemhäuser. In vielen Projekten spielen Managed Services eine Rolle - und diese Projekte in Infrastruktur- und Serviceumsätze aufzugliedern, macht keinen Sinn. Ganz ähnlich sieht es mit Cloud Computing aus. Ist ein Virtualisierungsprojekt ein Cloud-Umsatz, weil es das Rechenzentrum ‚cloud-ready‘ macht? Cloud Computing ist eine evolutionäre Weiterentwicklung in unserer Branche. Warum sollten wir ein Geschäft, das sich natürlich weiterentwickelt, gesondert ausweisen?
Wir verfügen über die eigene Private-Cloud-Lösung "Build your own cloud" und über die höchsten Zertifizierungen aller namhaften Hersteller in diesem Umfeld. Wir haben mit Bechtle Secure Cloudshare eine Alternative zu herkömmlichen Filesharing-Lösungen auf den Markt gebracht, sind Citrix Cloud Advisor und waren der erste deutsche Systemhauspartner, der mit Microsoft ein gemeinsames Modell für den Einstieg in die Private Cloud anbot. Gut 75 Kunden beziehen Cloud-Services von Bechtle, Tendenz steigend.
Weshalb fragen Ihre Kunden verstärkt nach Cloud-Services?
Olemotz: Getrieben wird die Nachfrage momentan vor allem durch die schnelle Verbreitung der mobilen Lösungen. Wir machen um unsere Erfolge allerdings keinen großen Wirbel. Mancher Wettbewerber unterschätzt deshalb den Anteil, den wir heute schon mit Managed Services und mit Cloud-Lösungen erwirtschaften. Das behalten wir auch gern so bei. Vielleicht ist es unser schwäbisches Naturell, dass wir lieber unbemerkt im Windschatten wachsen.
Inwiefern hat der NSA-Skandal dazu beigetragen, Ihr Cloud- und Managed-Services-Geschäft zu stärken?
Olemotz: Erkennbar ist eine stärkere Sensibilisierung der IT-Verantwortlichen vor allem an der steigenden Nachfrage nach Security-Workshops und Sicherheitskonzepten. Bei Mobility-Projekten setzen Kunden grundsätzlich ein Security-Konzept voraus - als reines Hardwaregeschäft kommen diese Projekte gar nicht erst zustande. Ob uns die NSA-Affäre letztlich zusätzliche Umsätze beschert hat, lässt sich allerdings nicht eindeutig sagen.
Wird ein Großteil des klassischen Systemhausgeschäfts langfristig in die Cloud abwandern?
Olemotz: Momentan sehe ich das nicht. Jede Anwendung braucht auch eine Infrastruktur, auf der sie laufen kann. Jede Datei wird von einem Endgerät aufgerufen. Erstaunlicherweise sind die Umsätze im PC-Bereich bei uns nicht eingebrochen. Im Gegenteil. Das Handelsgeschäft ist noch immer sehr profitabel. Sie müssen das Geschäft nur realisieren können. Unser Vorteil gegenüber Wettbewerbern ist, dass wir nah am Kunden agieren. Deshalb setzen wir mit unseren 65 Systemhäusern auch weiterhin auf Dezentralität.
Sehen Sie darin auch eines der Alleinstellungsmerkmale von Bechtle?
Olemotz: Ja, denn an erster Stelle steht ganz klar die Nähe zum Kunden. Keine "gefühlte" Nähe, sondern tatsächlich räumliche Nähe - es gibt kein zweites Unternehmen mit einer annähernd vergleichbaren Flächendeckung in der DACH-Region. So banal es klingt, so wahr ist es: Geschäft wird auch in unserer Branche zwischen Menschen gemacht. Und da ist das Systemhaus vor Ort einfach vertraut und der im wahrsten Sinn naheliegende Partner. Die Begegnung auf Augenhöhe, die schnelle Erreichbarkeit, das Sprechen der gleichen Sprache sind durchaus wichtige Entscheidungskriterien. Das ist die menschliche Seite unseres Geschäfts.