Die Regeln werden schärfer

Wann Radfahrer haften



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Immer öfter müssen Fahrradfahrer nach Unfällen haften. Die Arag-Experten beantworten einige Fragen zu den Verkehrsregeln, wie sie für Radler gelten.
Nutzt ein Radfahrer einen Radweg entgegen der Fahrtrichtung, überwiegt bei einer Kollision sein Verschulden.
Nutzt ein Radfahrer einen Radweg entgegen der Fahrtrichtung, überwiegt bei einer Kollision sein Verschulden.
Foto: Ljupco Smokovski - Fotolia.com

Fahrradtouren haben derzeit Hochkonjunktur. Allerdings gelten auch für Fahrradfahrer die Verkehrsregeln - auch wenn sich das noch nicht bei allen Verkehrsteilnehmern mit Drahtesel herumgesprochen hat. Immer öfter müssen Radfahrer nach Unfällen haften. ARAG Experten beantworten einige Fragen zu den Verkehrsregeln, wie sie für Radfahrer gelten.

Wer haftet, wenn man als Radler auf der Busspur mit einem Wagen kollidiert?

Je nach Konstellation der Fahrradfahrer - in einem konkreten Fall sogar zu 100 Prozent. Benutzt ein Fahrradfahrer nämlich die Busspur entgegen der Fahrtrichtung am äußeren linken Rand und achtet dabei nicht auf den links verlaufenden Bürgersteig, so verhält er sich grob verkehrswidrig. Kommt es dann zu einem Verkehrsunfall - hier mit einem aus einer Grundstücksausfahrt kommenden Kfz, dessen Fahrer sich nicht einweisen lässt - so liegt hierin nur ein geringes Verschulden des Kfz-Führers, das gegenüber dem grob verkehrswidrigen Verhalten des Radfahrers vollständig zurücktritt (OLG Frankfurt a. M., Az.: 4 U 88/11).

Haftet ein Radfahrer auch, wenn er entgegen der Fahrtrichtung einen Radweg nutzt?

Ja! Fährt ein Pkw aus einer Grundstückausfahrt heraus und überfährt einen sich dort befindlichen Radweg, haftet er für einen Zusammenprall mit einem von rechts nahenden Radfahrer nicht, wenn er sich selbst langsam voran getastet hat und der Radfahrer entgegen der für den Radweg vorgeschriebenen Richtung unterwegs war. In diesem Falle greift die ansonsten geltende Vermutung, dass der Ausfahrtvorgang für den Unfall kausal ist, nicht. Und selbst die Betriebsgefahr des Pkw, die ansonsten meist zu einer zumindest anteiligen Mithaftung führt, tritt hier zurück, da das Verschulden des Radfahrers deutlich überwiege (LG Berlin, Az.: 41 O 41/11).

Haften auch Kinder?

Unter Umständen ja! Eine 13-jährige Radfahrerin, die ihren Schulweg seit neun Monaten fast täglich befährt, haftet beispielsweise für einen Unfall, wenn sie eine Straße trotz Rotlicht überquert. In dem konkreten Fall näherte sich eine Autofahrerin einer Kreuzung bei Grün. Sie befand sich bereits im Bereich der Einmündung, als sie die von rechts kommende Fahrradfahrerin bemerkte, die auf dem Weg zur Schule war. Ohne das rote Ampelsignal zu beachten, überquerte das Mädchen die Straße. Um eine Kollision zu verhindern, zog die Autofahrerin ihr Fahrzeug nach links und streifte dabei ein ihr entgegenkommendes Fahrzeug. An ihrem Auto entstand ein Sachschaden, den sie gegenüber der Radfahrerin geltend machen konnte.

Das Gericht gab dem Antrag der Frau statt. Als Verkehrsteilnehmerin ist auch eine 13-jährige Radfahrerin verpflichtet, die Regeln des Straßenverkehrs zu beachten (AG Gießen, Az.: 49 C 147/12). Die Gerichte gehen laut die Arag-Experten überwiegend davon aus, dass Kinder ab zwölf in der Lage sind, ihre begangenen Pflichtverstöße als solche wie auch deren mögliche haftungsrechtlichen Folgen zu erkennen. Dies kann üblicherweise bereits von Kindern, die die Grundschule besuchen, erwartet werden und erst recht von Schülern höherer Schulstufen (AG Halle/Saale, Az.: 104 C 4653/10)

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