Ein reguläres Arbeitsverhältnis kann nach dem Kündigungsschutzgesetz nur unter sehr eng gesetzten Voraussetzungen einseitig durch eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers beendet werden. Dies kann etwa bei schwerer Pflichtverletzung gegeben sein, wie der Fall eines Monteurs zeigt, den das Sächsische Landesarbeitsgericht jüngst zu verhandeln hatte.
Weil er mit seinem Firmenwagen mehrere Unfälle verursacht hatte und beim Arbeitgeber darüber hinaus verschiedene Beschwerden über dessen vorgeblich rüpelhafte Fahrweise eingegangen waren, wurde einem Arbeitnehmer nach Abmahnung fristlos gekündigt. Auslöser war ein Verkehrsunfall, bei dem der Arbeitnehmer auf Grund nicht rechtzeitigen Abbremsens auf ein an einer roten Ampel haltendes Fahrzeug auffuhr. Während das andere Fahrzeug keinen Schaden erlitt, entstand an dem Dienstfahrzeug ein Schaden in Höhe von circa 1.500,00 Euro.
Entgegen einer geltenden Fuhrparkordnung meldete der Arbeitnehmer diesen Schaden nicht unverzüglich bei dem Dienstvorgesetzten, sondern gab an, dass es sich um einen fremdverschuldeten Schaden gehandelt habe. Vom tatsächlichen Geschehen abweichend, sagte er, dass ein Fremdfahrzeug gegen das Dienstfahrzeug gefahren sei. Auch teilte er mit, dass er zum Unfallzeitpunkt nicht im Fahrzeug gewesen war. In einem nachfolgenden Gespräch mit dem Arbeitgeber räumte der Kläger sodann den wahren Unfallhergang ein. Er gab dabei auch zu, dass er seinen Beifahrer genötigt habe, der falschen Schadensdarstellung zuzustimmen.
Abweichend von der Vorinstanz entschied das Sächsische Landesarbeitsgericht am 28. April 2011, dass die fristlose Kündigung wirksam gewesen ist. Das Gericht begründete dies im Kern damit, dass der Kläger mit seiner Täuschungshandlung gegen ihn bestehende Schadensersatzansprüche verschleiert und seinen Kollegen dazu angestiftet habe, einen unwahren Unfallhergang zu schildern.
Dieser Fall zeigt, dass bei schwerwiegender Pflichtverletzung die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gerechtfertigt sein kann. Die Anforderungen an den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung sind allerdings hoch.
Zweistufige Prüfung
So prüft das Gericht im Rahmen einer zweistufigen Prüfung stets, ob zunächst ein an sich wichtiger Grund gegeben ist, der geeignet ist, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Auf zweiter Stufe wird eine Interessenabwägung durchgeführt, bei der auch zu fragen ist, ob es ein milderes Mittel gebe, um die hinter der Kündigung stehende negative Zukunftsprognose zu widerlegen. Zu denken ist hier in erster Linie an das Mittel einer Abmahnung. Im Rahmen einer Gesamtabwägung wird durch das Gericht geprüft, ob die Interessen des Arbeitgebers an einer sofortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses gewichtiger sind als die Interessen des Klägers am Erhalt seines Arbeitsplatzes.
Diese Prüfungsreihenfolge zeigt, dass grundsätzlich keine absoluten Gründe existieren, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. Eine Ausnahme hierzu findet sich allerdings im Seemannsgesetz. Danach kann beispielsweise die anfängliche Untauglichkeit eines Besatzungsmitglieds für den Schiffsdienst eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. In dieser Konstellation wird keine Interessenabwägung mehr vorgenommen.
Bei Personengruppen, die nach dem Gesetz als besonders schutzbedürftig gelten, ist zu beachten, dass hier etwaige Zustimmungserfordernisse durch eine Behörde zwingend eingehalten werden müssen, wie sie etwa in § 9 Mutterschutzgesetz zu finden sind. Selbst besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen können dieses Zustimmungserfordernis nicht entbehrlich machen. Dies hat der Große Senat des BAG bereits 1956 in einem Urteil festgestellt, welchem ein Sachverhalt dergestalt zu Grunde lag, dass eine schwangere Mitarbeiterin die Familienangehörigen ihres Arbeitgebers mit einem Beil bedroht hatte. Der Arbeitgeber holte vor Ausspruch der Kündigung nicht die Zustimmung der zuständigen Behörde ein. Das BAG hatte entschieden, dass diese Kündigung unwirksam war.
Besondere Anforderungen bei Azubis
Besondere Anforderungen gelten auch bei der außerordentlichen Kündigung Auszubildender. Hier legt die Rechtsprechung insbesondere im Rahmen der Interessenabwägung einen besonders strengen Maßstab an und berücksichtigt neben dem Aspekt, dass die Ausbildung stets befristet ist, vor allem die Tatsache, dass die Beendigung einer Berufsausbildung ohne einen Abschluss zu erheblichen Nachteilen im Werdegang des Auszubildenden führen kann. Weiter erinnert die Rechtsprechung stets an das oft jugendliche Alter der Betroffenen und dem einem Ausbildungsverhältnis innewohnenden Erziehungsauftrag. Nach vorheriger Abmahnung kann allerdings ein wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben oder Zuspätkommen ebenso wie die unerlaubte, private Nutzung von Betriebsmitteln in erheblichem Umfang die außerordentliche Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses rechtfertigen.