Im Jahr 2009 beschrieb das Beratungsunternehmen McKinsey ein neues Konzept, um Leads individuell auf Ihrem Kaufzyklus zu begleiten. Unter dem Namen "Consumer Decision Journey" wurde eine Strategie entwickelt, um personalisierte Inhalte zum richtigen Zeitpunkt und auf dem richtigen Kanal zu offerieren, basierend auf verschiedenen Kundenprofilen (Buyer Personas) und deren Bedürfnissen. Diese Inhalte sollten den Lead zielgerichtet zum Kauf motivieren.
Damals ging es lediglich um die Kaufentscheidung des Kunden, doch wie auch McKinsey mittlerweile erkannt hat, hört die Kundenreise nicht mit dem Kassenklingeln auf.
Die Kundenreise verstehen
Die Customer Journey, wie wir sie heute kennen, umfasst die gesamte Kundenreise vom ersten bis zum letzten Kontakt. Marketing, Vertrieb und Service müssen daher nicht nur einzeln, sondern auch gemeinsam dafür sorgen, dass das Kundenerlebnis nahtlos und ausnahmslos positiv verläuft. Da diese kundenahen Bereiche jedoch jahrelang wie autarke Inselbereiche definiert und geführt wurden, entstehen aus dieser neuen kundenzentrierten Sicht einige Herausforderungen:
Kundendaten werden kaum geteilt. Was der Service weiß, bleibt dem Marketing verborgen. Es gelingt heutzutage kaum einem Unternehmen, einen Kunden über mehrere Kanäle und Kaufphasen hinweg zu betreuen, ohne dass es zum Informationsverlust kommt.
Die Kundenkommunikation ist nicht homogen. Insbesondere bei der Nutzung externer Dienstleister (zum Beispiel in Form von Call-Centern) kann die Ansprache und Kommunikation große Qualitätsunterschiede aufweisen.
Marketing, Vertrieb und Service können sich nicht richtig zuarbeiten, wenn sie nichts über die Ziele und Strategien der jeweils anderen Bereiche wissen. Jeder arbeitet seine Aufgaben ab, ohne das große Ganze im Auge zu haben. Dabei werden Möglichkeiten und Chancen zur besseren Kundenbetreuung und -pflege verpasst.
Customer-Journey-Management: Wenn einer eine Reise tut
Um individuelle Customer Journeys zu gewährleisten, braucht es einige Grundlagen, die sicherstellen, dass wirklich der Kunde als Individuum wahrgenommen wird und sich flexibel im Kaufzyklus bewegen kann. Hier spielen sowohl technische als auch soziale Kompetenzen eine große Rolle.
1. Buyer Personas entwickeln: die Profile typischer Kunden sollten nicht nur demografische Merkmale enthalten, sondern auch Bedürfnisse, Verhalten und Vorlieben.
2. Kommunikationskanäle identifizieren & verknüpfen: Sowohl On- als auch Offline-Kanäle müssen möglichst nahtlos miteinander verknüpft werden. Zuvor sollte man jedoch genau prüfen, welche Kanäle wie von den Kunden genutzt werden.
3. Touchpoints identifizieren: Wie und wo können Kunden mit einem Unternehmen Kontakt aufnehmen und zu welchem Zweck? Wer alle Touchpoints identifizieren kann, der ist auch in der Lage, zu überprüfen, wo Kunden vermehrt abspringen und wo Potenzial zur Konversion steckt.
4. Content Mapping erstellen: Zu viele Unternehmen haben mehr Content als nötig, doch es fehlt an klaren Strukturen, wo und an wen dieser Content kommuniziert werden soll. Ein Content Mapping zeigt auf, welche Personas auf welchen Kanälen und über welche Touchpoints welche Inhalte benötigen.
5. Datenanalysen nutzen: Insbesondere online lassen sich zahlreiche Kundendaten sammeln und auswerten, um Kundenerlebnisse zu bewerten und zu optimieren. Wichtig ist dabei vor allem, dass alle kundennahen Unternehmensbereiche Zugang zu den aktuellsten Daten (und den Erkenntnissen daraus) haben.
6. Prozesse automatisieren: Eine personalisierte Kundenansprache kann besonders durch die Automatisierung von E-Mails und Benachrichtigungen einfacher skaliert und flexibler gestaltet werden. Ob sich ein Kunde nachts oder nachmittags für einen Newsletter anmeldet, ist dann unerheblich, er erhält eine personalisierte Willkommensmail unmittelbar danach.
Der erste Eindruck zählt - aber auch der letzte
Das Marketing ist in den meisten Fällen der erste Eindruck, den ein Kunde von einem Unternehmen bekommt und selbstverständlich sollte dieser positiv sein. Doch wenn das Erlebnis anschließend in anderen Bereichen enttäuscht, dann zählt der erste Eindruck nicht halb so viel, wie es sich wohl viele Unternehmen wünschen würden.
Wenn ich ein Restaurant betrete, das wundervoll eingerichtet ist und eine fantastische Speisekarte anbietet, das Essen jedoch nicht schmeckt und ich nur passend in bar bezahlen kann, die Toilette gesperrt ist und der Kellner mir keine Quittung geben will, dann werde ich weder das Restaurant noch einmal besuchen, noch es weiterempfehlen.
Ähnlich wird es auch einem Kunden gehen, der vom Marketing und Produkt überzeugt ist, aber ausschließlich negative Erfahrungen mit dem Service hat und regelmäßig nach 20 Uhr Anrufe vom Vertrieb erhält. Der Kunde nimmt alle kundennahen Bereiche eines Unternehmens als Ganzes wahr und daher sollte auch das Unternehmen die Kundenreise als Ganzes betrachten und nicht in einzelne Stationen und Bereiche aufteilen, die mal mehr mal weniger gut betreut werden und nicht miteinander verknüpft sind. (haf)