IT-Freiberuflerstudie 2019

Stundensätze der Freiberufler bleiben unter 100 Euro

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Leichter Dämpfer für die erfolgsverwöhnten IT-Freiberufler: Die durchschnittlichen Stundensätze steigen vorerst nicht über die Marke von 100 Euro. Allerdings ist der generelle Trend zu externen Spezialisten ungebrochen, das Modell wird immer wichtiger für Unternehmen. Schließlich ist die große Mehrheit der Unternehmen und Freelancer damit zufrieden.

Auch wenn es in den vergangenen Jahren absehbar war, kam es doch überraschend: Die Hoffnungen der IT-Freiberufler an die weiterhin positive Entwicklung des Stundensatzes haben sich 2018 zerschlagen. Statt wie erwartet zu einem deutlichen Anstieg, ist es 2018 zu einem leichten Rückgang der Stundensätze auf 86,73 Euro gekommen.

Wider Erwarten ist es 2018 zu einem leichten Rückgang der Stundensätze auf 86,73 Euro gekommen.
Wider Erwarten ist es 2018 zu einem leichten Rückgang der Stundensätze auf 86,73 Euro gekommen.
Foto: IDG/ Grafik: Daniela Petrini

Die Freiberufler-Studie zum Download

Jeder Dritte rechnet mit Einnahmen von bis zu 100.000 Euro im Jahr

Dies geht aus der jährlichen COMPUTERWOCHE-Studie zum Markt für IT-Freelancer hervor. In der Ausgabe des vorherigen Jahres hatten die Befragten für 2018 einen Anstieg des Stundensatzes auf 93,80 Euro prognostiziert. Der Dämpfer zeigt sich auch in den prognostizierten Umsätzen für 2019: Rund ein Drittel der Freiberufler erwartet Einnahmen von bis zu 100.000 Euro, im Vorjahr waren es nur 28,7 Prozent gewesen. Zudem ist der Anteil der Freelancer mit einem Jahreseinkommen über 160.000 Euro leicht zurückgegangen.

Rund ein Drittel der Freiberufler erwartet Einnahmen von bis zu 100.000 Euro im Jahr.
Rund ein Drittel der Freiberufler erwartet Einnahmen von bis zu 100.000 Euro im Jahr.
Foto: Marian Weyo - shutterstock.com

Darüber hinaus gab es weitere Indizien, dass die positive Entwicklung der letzten Jahre gebremst wurde: So ist der Anteil der Unternehmen, die in den vergangenen zwölf Monaten externe Freiberufler, Berater oder Zeitarbeiter in der IT eingesetzt haben, gegenüber 2018 gesunken. Und bei der Sicherstellung von IT-Kompetenzen durch externe Fachkräfte deutet sich an, dass Konzerne den Fuß leicht vom Gas genommen haben. Hinzu kommt, dass Freelancer mehr fakturierbare Tage als im Vorjahr benötigt haben, um die gleichen Jahreseinnahmen zu erzielen.

Scheinselbstständigkeit oft ein Grund, warum es nicht zum Auftrag kommt

Und auch die Änderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen aus dem Jahr 2017, die 2018 gegriffen haben, wirkten sich offensichtlich aus. So scheint es, als würde von Unternehmen vermehrt versucht, Freiberufler für die Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) zu begeistern - darauf lassen die Angaben von Freelancern in der Umfrage schließen. Die Beschäftigung über Vermittler und befristete Verträge wurden ebenfalls von Einsatzunternehmen verstärkt als vermeintlich sicherer Lösungsweg vorgeschlagen.

Und immerhin 53 Prozent der Freiberufler haben Aufträge nicht erhalten, weil die rechtliche Situation rund um die Scheinselbstständigkeit als "unsicher" eingestuft wurde. Das sind 14 Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor - hier waren noch keine Auswirkungen der ANÜ-Reform erkennbar gewesen.

Mehr als jeder fünfte IT-Experte, mit denen Unternehmen zusammenarbeiten, ist ein Freiberufler.
Mehr als jeder fünfte IT-Experte, mit denen Unternehmen zusammenarbeiten, ist ein Freiberufler.
Foto: IDG/ Grafik: Daniela Petrini

Allerdings kann trotz aller Signale von einer Krise im Markt keine Rede sein. Schließlich ist das Modell der externen Unterstützung zu wichtig für Unternehmen. Dies zeigt sich vor allem darin, dass erstmals die Quote der festangestellten IT-Experten auf unter 50 Prozent gefallen ist: Nach Angaben der Einsatzunternehmen kommen inzwischen 54 Prozent der IT-Experten von außen.

Größere Unternehmen setzen weiter auf externe Unterstützung

Selbständige IT-Fachkräfte und Outsourcing-Dienstleister haben durch die Nachfrage geringfügig zulegen können, die Arbeitnehmerüberlassung verbesserte sich um zwei Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreswert. Und damit ist das Ende der Entwicklung noch nicht erreicht: Etwa zwei Drittel der Unternehmen gehen davon aus, dass der Anteil der Externen in den kommenden Jahren weiter steigen beziehungsweise deutlich steigen wird. Dies gilt allerdings eher für größere Firmen. Und nur fünf Prozent erwarten, dass sich der Anteil der Externen wieder verringern wird.

Bei der Auswahl von Freiberuflern achten die Unternehmen vor allem auf die Qualität der vorgelegten Profile der Freiberufler.
Bei der Auswahl von Freiberuflern achten die Unternehmen vor allem auf die Qualität der vorgelegten Profile der Freiberufler.
Foto: IDG/ Grafik: Daniela Petrini

Als Gründe für die anhaltende Nachfrage wurden genannt: Lastspitzen abfedern, Know-how einkaufen und Vorteile auf der Kostenseite. Große Unternehmen freuen sich besonders über externes Legacy- und Branchen-Know-how, kleinere Firmen schließen tendenziell allgemeine Lücken bei Kompetenzen und Ressourcen. Kein Wunder, dass auch 2019 gilt: Die Qualität der vorgelegten Profile von IT-Fachkräften ist das wichtigste Entscheidungskriterium bei der Auswahl und Beauftragung. Bedarf ist in den Unternehmen jedenfalls auf absehbare Zeit genug vorhanden - IT-Security, Digitalisierung, die Cloud und KI halten die Organisationen über Jahre auf Trab. Und bei den IT-Projektkategorien liegen Beratung, Softwareentwicklung sowie die Facetten des Segments "Qualität" in Front.

Kleinere Unternehmen suchen Freiberufler direkt oder über Online-Portale

Veränderungen gab es bei den Beschaffungskanälen für Externe: Kleinere Unternehmen setzen in den kommenden zwei Jahren primär auf direkte Vermittlung und Online-Portale, höherwertige Dienstleistungen sind für sie kaum interessant. Große Unternehmen haben die gleichen Top-Prioritäten, allerdings sind Personaldienstleister, IT-Berater und die ausgelagerte Rekrutierung über Third-Party-Manager/Managed-Service-Provider wesentlich wichtiger für sie. Vor allem Letzteres hat überproportional bei den Zukunftsaussichten gewonnen: Für 23 Prozent der großen Unternehmen wird dieser Kanal an Bedeutung zunehmen.

Ein Grund für den Erfolg externer Experten liegt sicherlich nicht nur an der Nachfrage nach Kompetenzen oder Ressourcen, sondern auch an der Zufriedenheit der Beteiligten. Deutlich wird dies am Beispiel der gemischten Teams aus internen und externen Mitarbeitern.

Von Personaldienstleistern erwarten Freiberuflern, dass sie zuverlässig bezahlt werden und die Verträge fair gestaltet sind.
Von Personaldienstleistern erwarten Freiberuflern, dass sie zuverlässig bezahlt werden und die Verträge fair gestaltet sind.
Foto: IDG/ Grafik: Daniela Petrini

Die Bedeutung der so genannten Mixed Teams hat auch in diesem Jahr zugenommen - allerdings nur geringfügig und auf einem hohen Niveau. Knapp 93 Prozent der Unternehmen nutzen die Mischung in ihren Projekten. Abgelehnt wird das Modell durch 7,4 Prozent der Firmen, 1,5 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Stattliche 99,2 Prozent der Unternehmen sind zufrieden mit Mixed Teams, nur 0,8 Prozent sind "eher nicht zufrieden". Befragte aus der IT und von Fachbereiche sind sogar zu 100 Prozent zufrieden. Auch gut 70 Prozent der Freiberufler sind "grundsätzlich immer" oder zumindest "sehr häufig" zufrieden mit dem Einsatz in Mixed Teams.

Ersetzt der Roboter den Recruiter?

Bei der Frage nach dem disruptiven Potenzial der Künstlichen Intelligenz (KI) - Stichwort: Robo Recruiting - im Personalwesen gehen die Meinungen jedoch auseinander. Hier sind ITler deutlich zurückhaltender als Vertreter von Unternehmen, die der KI sowohl Aushilfsjobs als auch Entscheidungskompetenz zutrauen. IT-Freiberufler hingegen gehen überwiegend davon aus, dass KI eher für die Vorauswahl der Kandidaten geeignet ist - eine Revolution erwarten deutlich weniger. Dies gilt besonders für ältere und erfahrenere Freelancer.

Allerdings sieht es nicht so aus, als hätten Freiberufler, Einsatzunternehmen oder Personaldienstleister derzeit gesteigertes Interesse an Revolutionen, sondern an einem eingeschwungenen System, von dem alle Beteiligten profitieren. Angesichts des technologischen Wandels und Veränderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen sind aber auch gefragte Experten gut beraten, kontinuierlich an den eigenen Kompetenzen und der Selbstvermarktung zu arbeiten. Das Erfolgsrezept für den Wettbewerb kam von einem Freiberufler selbst: "Skill-Verbesserung und intensiver Kundenkontakt werden das A und O bleiben."

"IT-Freiberufler-Studie 2019"

Die Studie der COMPUTERWOCHE basiert auf einer Online-Befragung, in deren Rahmen im Zeitraum von 25. Februar 2019 bis 15. März 2019 insgesamt 1.016 Interviews durchgeführt wurden. Grundgesamtheit sind zum einen die IT-Freiberuflerselbst sowie IT-Projektverantwortliche und IT/TK-Entscheider aus Einsatzunternehmen der DACH-Region zum anderen, also beispielsweise CIOs/IT-Vorstände, IT-Leiter, IT-Projektleiter, Fachbereichsleiter, Einkäufer und vergleichbare Funktionen. Hierzu wurden zwei Stichproben gezogen und zwei unterschiedliche Fragebögen entwickelt. Den Ergebnissen der Studien liegen 625 Interviews mit IT-Freiberuflern sowie 391 Interviews in den Einsatzunternehmen zugrunde.

Partner der Studie:

Goldpartner: Experis GmbH

Silberpartner: Allgeier SEModis GmbH

Bronzepartner: GULP Information Services GmbH; Etengo (Deutschland) AG; Freelance.de

Die Umfrage wurde durchgeführt in Kooperation mit dem Deutschen Bundesverband Informationstechnologie für Selbständige e.V. (DBITS) und dem Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. (VGDS).

Die Freiberufler-Studie zum Download

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