Workaholic

So bekommen Arbeitssüchtige ihr Leben wieder in den Griff



Stefan Häseli regt als internationaler Speaker dazu an, wirkungsvolle Kommunikation im Alltag mit Spaß zu erleben. Weiterhin ist er Buchautor und bekannt als Ratgeber in Radio- und TV-Sendungen.
Wenn die Arbeit zur Sucht wird, können schnell Beruf und Familie darunter leiden. Hier lesen Sie, wer gefährdet ist und wie Workaholics Arbeit und Privatleben wieder in Einklang bringen können.

Arbeit ist etwas Positives - viel arbeiten ist in unseren Zivilisationsgraden ebenfalls und größtenteils positiv besetzt. Gleichwohl gibt es Menschen, die dabei ein eigentliches Suchtverhalten zeigen und in der damit verbundenen Schlaufe gefangen sind. Diese Menschen sehen in der Arbeit ihr ganzes Selbstwertgefühl, sind dadurch nicht mehr in der Lage, sich von ihr abzugrenzen. Sie arbeiten zwanghaft und leben einem möglichst ausgeprägten Perfektionismus nach.

Arbeitssucht kennt keine Grenze mehr zwischen Job und Entspannung. Der Mensch ist getrieben von Erfolgszwang - bis zur Erschöpfung.
Arbeitssucht kennt keine Grenze mehr zwischen Job und Entspannung. Der Mensch ist getrieben von Erfolgszwang - bis zur Erschöpfung.
Foto: Stokkete - shutterstock.com

So brechen allmählich soziale Kontakte ab und der Zwang, sich über die Arbeit zu definieren, steigt weiter. Die Spirale ist in Gang und wie bei jeder Sucht muss für die Befriedigung die Dosis ständig erhöht werden. Das kann schlussendlich in Krankheit münden. Ganz grob wird festgehalten, dass permanente Wochenarbeitszeiten über 50 Stunden darauf hinweisen, dass eine Gefahr von Workaholismus besteht.

Ursachen für Arbeitssucht

Die Ursache für Arbeitssucht ist oft ein positiver Kern. Denn davon betroffen sind vor allem engagierte Führungskräfte und Selbstständige. Sie legen sich derart ins Zeug und erleben eine hohe Befriedigung. Sofern das vorübergehende Phasen sind und die Betroffenen auch einen entsprechenden Ausgleich finden, ist das nicht nur normal, sondern hat viele positive Seiten.

Die tiefere Ursache für Arbeitssucht liegt dann vor, wenn dieses hohe Engagement eng mit dem persönlichen Wertesystem des Selbstwertgefühls verknüpft ist. Meist sind Menschen betroffen, die ihren eigenen Wert an die Arbeitsleistung koppeln. Daraus entsteht der Perfektionismus, der als eigentliche Ursache für die Arbeitssucht gilt.

Aus dem Zwang, alles perfekt zu machen, um als Mensch sich selbst und vermeintlich anderen gegenüber wertvoll zu erscheinen, geht die Fähigkeit in der Arbeit verloren, Wesentliches vom Unwesentlichen zu trennen. Es ist nicht mehr möglich, alles in der ‚normalen’ Zeit zu erledigen. In der Folge sind Sonderschichten in der Nacht dann dafür da, das auszugleichen.

An diesen Symptomen erkennen Sie die Arbeitssucht

• Sie denken immer mehr auch ausserhalb der Arbeitszeit an Ihre Arbeit.

• Sie überlegen sich, wo Sie noch mehr Zeit für Ihre Arbeit ‚beschaffen’ oder ‚herholen’ können und opfern dafür die Zeit für Freizeit, Hobby und soziale Kontakte.

• Sie entwickeln einen hohen Grad an Perfektionismus und verlieren die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen. Alles in der Arbeit ist wichtig.

• Sie spüren, dass Sie im Grunde zu viel arbeiten und machen eine saubere Planung. Sie stellen aber fest, dass Sie tatsächlich immer mehr Zeit mit Arbeiten verbringen, als Sie sich selber vorgenommen haben.

• Sie sind Perfektionist und haben das Gefühl für Prioritäten verloren. Aus Zeitgründen schieben Sie übergeordnete Aufgaben vor sich her.

• Sie vergessen Termine und können sich das nicht erklären.

• Sie ärgern sich darüber, dass Sie Schuldgefühle oder erste Anzeichen von Depression erfahren.

• Sie entwickeln körperliche Entzugssymptome, wenn Sie sich nicht der Arbeit widmen können (WLAN-freie Zonen, Krankheit, Urlaub mit der Familie usw.).

Erkennen Sie, dass Sie gefährdet sind

Seien Sie ganz ehrlich mit sich selbst, wenn sich erste Symptome regelmässig zeigen. Es ist ein Unterschied, ob Sie in einem Projekt für vier Wochen fast rund um die Uhr arbeiten, oder ob Sie über einen Zeitraum von mehreren Monaten und/oder Jahren die entsprechenden Symptome mehr oder weniger ständig wahrnehmen.

Beginnen Sie mit einer verbindlichen Arbeitsplanung für sich selbst

• Weihen Sie Freunde und Familie ein und erlauben Sie ihnen, Sie explizit darauf anzusprechen, wenn Sie zu viel arbeiten.

• Seien Sie sehr rigide mit Freizeitterminen. Das heißt: Nehmen Sie den Fußballabend mit Ihren Freunden und die Geburtstagsfeier Ihres 5-Jährigen genau so pflichtbewusst wahr, wie Ihre Geschäftstermine.

• Schalten Sie mobile Geräte am Abend aus und schaffen Sie sich Zeitinseln, an denen Sie nicht arbeiten können.

Arbeit an sich selbst

• Lernen Sie, Vertrauen zu anderen zu haben. Das schafft die Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren.

• Das Wichtigste: Lernen Sie, Ihr Selbstwertgefühl nicht ausschließlich von der Arbeit abhängig zu machen.

Sofern Sie glauben, dass viele Punkte in diesem Artikel auch auf Ihr Leben zutreffen, sollten Sie vor allem auch die Unterstützung eines Arztes oder Psychologen in Anspruch nehmen.

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