Den idealen Führungsstil gibt es nicht. So lautet eine zentrale Botschaft von Paul Hersey. Eine weitere Kernbotschaft des "Erfinders" des Situativen Führens ist: Führungskräfte sind umso erfolgreicher, je flexibler sie im Betriebsalltag agieren. Mal gilt es, Mitarbeiter zu loben, mal zu tadeln. Mal ist ein aktives Unterstützen richtig, mal muss die Führungskraft sich bewusst zurücknehmen.
Im betrieblichen Alltag reduziert sich Führung oft auf ein Anweisungen- und Feedbackgeben. Auf der Strecke bleibt das gezielte Entwickeln der Mitarbeiter. Leider! Denn damit beginnt ein Teufelskreislauf. Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter nicht fördern, können sie ihnen auch nicht mit der Zeit mehr und komplexere Aufgaben übertragen. Also steigt Schritt für Schritt ihre eigene Belastung. Denn im Betriebsalltag kommen permanent neue Herausforderungen auf sie zu - zum Beispiel weil sich das Unternehmensumfeld ändert. Außerdem knappern Mitarbeiter, die zu wenig Förderung erfahren, fortwährend am Zeitbudget ihrer Vorgesetzten durch permanente Rückfragen. Oder weil Nacharbeiten nötig sind.
Stufe der Selbstständigkeit beachten
In der Entwicklung von Mitarbeitern lassen sich vier Stufen der Selbstständigkeit unterscheiden.
Stufe 1: Der Mitarbeiter ist, wenn er mit einer neuen Aufgabe konfrontiert wird, weder fähig noch bereit, diese zu lösen (zum Beispiel, weil ihm noch das erforderliche Können fehlt).
Stufe 2: Der Mitarbeiter ist zwar bereit, die neue Herausforderung anzugehen, aber ihm fehlt die nötige Kompetenz.
Stufe 3: Der Mitarbeiter verfügt zwar über das erforderliche Können für die neue Aufgabe, aber ihm fehlt die nötige Motivation - zum Beispiel, weil er noch unsicher ist.
Stufe 4: Der Mitarbeiter hat (zum Beispiel, weil er ähnliche Herausforderungen schon häufiger bewältigte) das nötige Können, um die Aufgabe selbstständig zu lösen, und ist auch bereit dazu.
Abhängig vom Entwicklungsstand des Mitarbeiters muss die Führungskraft ein unterschiedlches Verhalten zeigen.
Den Führungsstil anpassen
Beim Führungsverhalten lassen sich zwei Grundkategorien unterscheiden:
- ein aufgabenorientiertes Verhalten: Es konzentriert sich darauf, wann und wie etwas getan werden muss. Das Ziel eines solchen Führungsverhaltens ist es, die Kompetenz der Mitarbeiter zu entwickeln.
- ein beziehungsorientiertes Verhalten: Es zielt auf die Eigeninitiative von Menschen und ihre Einstellung zu einer Aufgabe ab. Beispiele für ein beziehungsorientiertes Verhalten sind Loben, Zuhören und Ermutigen.
Aus diesen beiden Grundkategorien lassen sich abhängig von deren Ausprägung und Kombination vier Führungsstile ableiten.
Stil 1 - Anweisen: Dieser Führungsstil zeichnet sich durch ein stark dirigierendes und wenig unterstützen-des Verhalten aus. Der Vorgesetzte gibt dem Mitarbeiter detaillierte Anweisungen, wie eine Aufgabe zu erfüllen ist, und überwacht präzise das Vorgehen und die Leistung.
Stil 2 - Überzeugen: Dieser Führungsstil ist durch ein stark dirigierendes und unterstützendes Verhalten geprägt. Der Vorgesetzte erläutert Entscheidungen, erfragt und lobt Vorschläge (selbst wenn diese nur teilweise richtig sind) und gibt genaue Anleitungen. Vom Mitarbeiter sind Ideen zum Vorgehen erwünscht. Die Entscheidungen trifft aber weiterhin die Führungskraft.
Stil 3 - Partizipieren: Dieser Führungsstil ist stark unterstützend und wenig dirigierend. Er zielt primär auf ein Stärken oder Bewahren des Mitarbeiter-Engagements ab. Wer diesen Stil nutzt, trainiert, hört zu und ermutigt, zu eigenverantwortlichen Entscheidungen.
Stil 4 - Delegieren: Dieser Führungsstil ist wenig dirigierend und unterstützend. Mitarbeiter sollen hier eigenständig handeln und der Vorgesetzte sorgt für die nötigen Ressourcen. Dabei gilt es zu beachten: Der Vorgesetzte bestimmt weiterhin, welche Ergebnisse gewünscht sind, und stellt sicher, dass Zielklarheit besteht. Er beobachtet zudem die Leistung.
Die Mitarbeiter gezielt entwickeln
Wenn Führungskräfte die vier Führungsstile und den jeweiligen Selbständigkeitsgrad eines Mitarbeiters kennen, können sie entscheiden, welches Führungsverhalten bei einer Aufgabe angemessen ist. Ist die Aufgabe für den Mitarbeiter neu und seine Kompetenz noch niedrig, ist ein Anweisen angesagt. Bei einem Mitarbeiter, der mit hoher Bereitschaft, aber geringem Können an eine neue Aufgabe herangeht, gilt es zunächst die Motivation zu erhalten. Zudem ist ein Erklären und Trainieren angesagt. Hat ein Mitarbeiter hingegen schon eine hohe Kompetenz, scheut sich aber, diese anzuwenden, dann ist primär eine mentale Unterstützung nötig. Und hat ein Mitarbeiter bereits eine recht große Routine und stimmt seine Leistungsbereitschaft? Dann kann die Führungskraft die Aufgabe an den Mitarbeiter delegieren.
Durch ein so flexibles Führungsverhalten werden die Kompetenz und das Leistungsvermögen der Mitarbeiter sukzessiv ausgebaut. Für Führungskräfte bedeutet dies: Sie müssen seltener als Feuerwehr fungieren und haben mehr Zeit für ihre Kernaufgaben. Und sie erhalten ein Vielfaches, der in die Entwicklung der Mitarbeit
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