In-Memory-Datenbank

SAPs Business Suite läuft auf HANA

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Die HANA-Roadmap

In den letzten 30 Monaten hat SAP erhebliche Anstrengungen unternommen, um HANA zunächst als BI Analytics In-Memory Datenbank zu entwickeln und dann die Weiterentwicklung zu einer Enterprise Datenbank voranzutreiben. Diese Entwicklung ist aber – trotz der gezeigten positiven Fallbeispiele – noch nicht komplett abgeschlossen. Oracle, IBM DB/2 und Microsoft SQL Server haben hier einen mehrjährigen Vorsprung. SAP HANA hat demgegenüber den absoluten Vorteil, dass die Architektur schon in der Entwicklungsphase für OLAP und OLTP designed wurde. Nachteilig ist heute noch, dass die Leistungsfähigkeit einer Datenbank nicht nur von dieser selbst, sondern auch von dem existierenden „Umfeld“ abhängt, welches noch nicht voll entwickelt ist. Die Entwicklung dieses „Umfeldes“ hängt nicht allein von SAP ab, sondern insbesondere von einer größeren Zahl von weiteren SW-Tool-Anbietern. (s.u.)

Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V.: „SAP hat unsere Vorschläge angenommen, das Preismodell am Vertragswert der SAP-Installation zu orientieren."
Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V.: „SAP hat unsere Vorschläge angenommen, das Preismodell am Vertragswert der SAP-Installation zu orientieren."
Foto: DSAG

Bei der bisherigen positiven Marktentwicklung und –prognose der HANA Datenbank sollte die Motivation nicht schwerfallen, diese muss aber auch nachhaltig mit entsprechenden Ressourcen hinterlegt sein.

Auch SAP selbst hat hier einen potenziellen Zielkonflikt – denn die bestehenden Systeme müssen weiterentwickelt werden und SAP hat auch eine Vielzahl von Neuerungen und Innovationen im Rahmen der „klassischen“ Architektur. Die Kunst wird sein, hier Synergien zu nutzen und andererseits genug Ressourcen für die Neuentwicklungen im Rahmen der HANA Architektur „freizuschaufeln“.

Die HANA Architektur wurde zwar bisher von SAP sehr konsequent entwickelt, das weitere Wegstück liegt aber noch in der Zukunft. Wichtig für alle Stakeholder in diesem Umfeld ist jetzt eine transparente und solide Roadmap, die auch exekutiert wird. SAP ist normalerweise für Verlässlichkeit bekannt, das negative Beispiel Business by Design wirkt aber durchaus etwas nach. Außerdem ist eine solche Forderung natürlich leichter ausgesprochen als realisiert – das Thema ist weiterhin komplex und die Aufgabenstellungen a priori schwer zu planen, insbesondere da, wo externe Abhängigkeiten bestehen. Die Experton Group geht aber davon aus, dass SAP hier sehr bedacht vorgehen und gut kommunizieren wird.

Obwohl es sich grundsätzlich um einen hochintegrierten Stack handelt und SAP sich auch der engen Zusammenarbeit mit den wichtigsten Technologie Partnern sicher sein kann, gibt es gerade im DB- und System Management noch eine Vielzahl von „kleineren“ Aufgabenstellungen, die von unabhängigen 3rd-party Tools übernommen werden.

Hierzu gehören insbesondere weitere Tools u.a. zur Administration, Monitoring, Sicherung, Archivierung, Backup/Recovery etc. der Datenbank, sowie Schnittstellen und Adaptoren zu klassischen System Management Tools. Für diese Entwicklung kann SAP einen Beitrag leisten, besonders wichtig sind aber auch entsprechende Initiativen und Investment der wichtigsten Technologie Partner. Diese sollten auf der einen Seite durch die positive Entwicklung und das Momentum gut motiviert sein, auf der anderen Seite existieren teilweise natürlich auch Wettbewerbssituationen.

Wie rechnet sich der Business Case des Umstiegs für bestehende SAP Kunden und wer entscheidet über die Investition? Hierbei handelt es sich um die sicherlich wichtigsten Fragestellungen: „Was bringt die HANA Architektur Migration konkret für das Unternehmen, wie hoch ist der Aufwand und wie sind die Risiken zu bewerten und möglichst einzugrenzen?“. SAP hat dies auch erkannt und unterstützt die Kunden durch ROI Kalkulatoren und entsprechende Beratungsleistungen. Hiermit wird ein guter Beitrag geleistet, die „Hauptarbeit“ muss aber trotzdem das Anwenderunternehmen leisten. Die Herausforderung liegt dabei insbesondere in der langfristigen und ganzheitlichen Sichtweise. Für einzelne HANA Projekte im Analytics Bereich ist eine Wirtschaftlichkeitsrechnung relativ einfach und es gibt auch gute Fallbeispiele. Schwieriger ist es, den Business Case für die komplette Migration zur HANA Architektur für das ganze Unternehmen zu rechnen. Wie auch die Erfahrungen mit SOA Investments gezeigt haben, ist ein hohes Erstinvestment notwendig. Falls dieses auf die ersten Projekte voll umgelegt wird, ist eine positive Wirtschaftlichkeitsbetrachtung schwierig.

Somit müssen Anwenderunternehmen eine langfristige und strategische Entscheidung treffen. Neben der Betrachtung des potenziellen Nutzens kann dabei auch eine nähere Betrachtung der aktuellen SAP Installation im Unternehmen bei einer Entscheidung helfen. Zumeist handelt es sich um „ältere“ Systeme, d.h. die Erst-Installation liegt 15 Jahre oder noch länger zurück. Die Systeme wurden zwar kontinuierlich weiter entwickelt, leider aber oft auch nur mit „technischen Migrationen“, d.h. bei Release Wechseln wurde u.a. darauf verzichtet, Geschäftsprozesse anzupassen, zu standardisieren und zu modernisieren. Die neuen Möglichkeiten der HANA Architektur könnten hier einen Anstoß geben, das ERP System von Grund auf zu renovieren und fit für die nächsten 10-20 Jahre zu machen.

Welche Migrationswege sind (hinsichtlich Aufwand, Kosten und Risiko) möglich und effizient? Auch hierbei handelt es sich um ein erfolgskritisches Thema, daher hat sich SAP entsprechend „Gedanken gemacht“. Ein Big Bang ist gerade für größere Unternehmen unrealistisch, daher zeigt SAP in den ersten Anwendungsbeispielen einen anderen Weg auf. Die Grundidee ist dabei, die bestehende SAP Installation inklusive aller Datenbestände und insbesondere auch der bestehenden Applikationen zunächst 1:1 auf die neue HANA Architektur zu migrieren.

Diese Migration ist laut SAP mit überschaubarem Aufwand und ohne Nachteile möglich. Wenn dies erfolgt ist, hat man zwar noch keine signifikanten Vorteile erzielt, aber die Basis für wertschöpfende Neuentwicklungen geschaffen. Die SAP Aussagen wurden von den ersten Pilotunternehmen klar bestätigt.

Implikationen für SAP-Anwender

Die Ankündigung und insbesondere die Implikationen sind so signifikant, dass jeder SAP Anwender sich damit beschäftigen muss! Die Initiative von SAP zur Umstellung der kompletten Architektur der Basissysteme betrifft SAP selbst, das Umfeld der Technologie- und Implementierungspartner und die Wettbewerber von SAP.

Das erste Kundenfeedback zeigt einen klaren Business-Vorteil durch eine massive Beschleunigung von Planungs-, Simulations- und Analyseaufgaben. Entscheidungen können zeitnah mit allen verfügbaren Daten getroffen werden, ohne langwierig auf Daten aus BW oder ähnlichen Systemen zu warten. Dadurch verbessern sich die Entscheidungsgeschwindigkeit und vor allem die Qualität. Auch allein zeitnahe Entscheidungen können in einzelnen Branchen, z.B. Handel oder Banken und Versicherungen, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen.

Die relativ einfache Verfügbarkeit in Form eines Enhancement Packages und der relativ niedrigen Appliance Kosten machen es auch für größere mittelständische Unternehmen einfach, schrittweise auf diese Technologie zu migrieren.

Kritisch könnte die Verfügbarkeit von HANA SAP-Beratern sein, die beispielsweise ABAPs optimieren und Systeme optimal parametrisieren. Die drei strategischen SAP-Partner Accenture, HP und IBM sollten aber zumindest mittelfristig genügend Ressourcen bereitstellen können. (Experton/rw)

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