Das boomende Online-Shopping in Deutschland bringt nicht nur wachsende Umsätze, sondern auch viele Rücksendungen mit sich. Retourenquoten von mehr als 50 Prozent sind vor allem im Modebereich keine Seltenheit. Das bedeutet nicht nur Aufwand und Kosten, es belastet auch die Umwelt.
Zu Retouren kommt es, weil der Verbraucher das Produkt vor dem Kauf nicht physisch begutachten und einschätzen kann. Muss das so sein, oder gibt es einen effizienten Weg, um Retouren zu vermeiden? Auf Basis von empirischen Studien hat ein Forscherteam um Gianfranco Walsh, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Instrumente für das präventive Retouren-Management entwickelt. Sie helfen, Rücksendungen zu vermeiden.
Präventives Retouren-Management
Will man Rücksendungen vermeiden, spielen vor allem kundenorientierte Instrumente wie Produktbewertungen, Avatare oder virtuelle Versuchsszenarien eine Rolle. Hinzu kommen monetäre Anreize, beispielsweise Gutscheine, wenn nicht retourniert wird. Als dritte Kategorie können ablauforientierte Instrumente hilfreich sein. Hier spielen verbesserte Durchlaufzeiten oder künstlich gesetzte Schikanen wie beispielsweise das Weglassen von Retourenscheinen eine wesentliche Rolle.
Als besonders wirksam haben sich in Tests, die 2012 gemeinsam mit Online-Shops betrieben wurden, Instrumente wie Produktbewertungen, das Nicht-Beilegen von Retourenscheinen sowie die fehlende Beschreibung des Retourenprozesses erwiesen. Die Instrumente sollten dabei stets kunden- und produktspezifisch eingesetzt werden. In der Praxis bedeutet das, dass je Produkt oder Produktgruppe und je Kunde oder Kundengruppe unterschiedliche Instrumente zur präventiven Retourenvermeidung angewendet werden sollten.
Datenanalyse legt den Grundstein
Um das richtige Instrument zu wählen, ist es unerlässlich, das Retourenverhalten in Zusammenhang mit Kunden und Produkten mit modernen Techniken der Datenanalyse zu ermitteln. Je nach Artikeldatenbank und der Verknüpfung mit externen Marktplätzen sowie Bewertungsplattformen kann eine riesige Menge auszuwertender Daten anfallen. Die Analyse von strukturierten und unstrukturierten Daten spielt hier eine wichtige Rolle. Schwierig zu analysieren sind unstrukturierte Daten wie Produktbewertungen, Meinungen zu Produkten sowie Prozesse in sozialen Netzwerken.
Moderne Methoden der Datenanalyse, etwa Text Mining, bieten Hilfe. Nur so können Retourenmuster wie zum Beispiel Abweichungen von Kleidungsgrößen, die der Kunde früher akzeptiert hat, und Präferenzen, denen er sonst folgt, zielgerichtet entdeckt und geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Techniken wie das In-Memory-Computing lassen sich zur Analyse der Retourenmuster nutzen. Sie setzen idealerweise bereits an, während der Kunde im Webshop die Ware betrachtet, und nicht erst nach der Bestellung. Dadurch wird es möglich, schon während des Shop-Besuchs eines potenziellen Kunden die richtigen Weichen zur Retourenvermeidung zu stellen - beispielsweise bei der Größenauswahl oder mit bestimmten Hinweisen. (hv)