Expert Hauptversammlung 2020

Online-Aufsteiger wider Willen



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Wegen der Corona-Krise veranstaltete Expert seine Hauptversammlung erstmals virtuell im Internet. Dabei wurde bekannt, dass die Umsätze der Verbundgruppe trotz Pandemie deutlich im Plus liegen – vor allem dank kräftiger Online-Zugewinne.
Blick in die virtuelle Pressekonferenz zur virtuellen Hauptversammlung von Expert mit den Vorständen Frank Harder (links), Gerd-Christian Hesse (2. von rechts) und Stefan Müller (rechts)
Blick in die virtuelle Pressekonferenz zur virtuellen Hauptversammlung von Expert mit den Vorständen Frank Harder (links), Gerd-Christian Hesse (2. von rechts) und Stefan Müller (rechts)
Foto: Expert

Wäre Expert ein börsennotierter Handelskonzern wie die Media-Saturn-Mutter Ceconomy, hätte Frank Harder die Online-Entwicklung, die sein Unternehmen in den letzten Monaten verzeichnet hat, voller Stolz verkündet. Denn wie der Expert-Vorstand am Rande der virtuell abgehaltenen Hauptversammlung 2020 erklärte, habe die Verbundgruppe durch die Corona-Krise online eine viel höhere Sichtbarkeit erlangt und verzeichne schon jetzt eine Online-Durchdringung, wie sie sonst wohl erst in zwölf bis 15 Monaten erzielt worden wäre. "Die Zielvorgabe von acht Prozent Online-Anteil wird Expert schon in diesem Geschäftsjahr erreichen", so Harder.

Das bedeutet, dass die Verbundgruppe im laufenden Geschäftsjahr auf Online-Umsätze von deutlich mehr als 150 Millionen Euro kommen wird - Innenumsatz wohlgemerkt. Überschlägt man das auf den Außenumsatz, so wie er von den maßgeblichen Online-Wettbewerbern kommuniziert wird, kommt man auf ein Umsatzvolumen im Bereich von 330 bis 350 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im EHI-Ranking der Top 100 Onlineshops würde Expert damit im vorderen Viertel liegen und hinter Conrad die Rolle des achtgrößten Elektronikversenders einnehmen.

Bericht aus der Praxis: So meistert ein Expert-Markt die Wiedereröffnung

Doch Expert ist eine Verbundgruppe, deren Mitglieder weiterhin überwiegend im stationären Handel verwurzelt sind. Und so sprach Expert-Vorstand Harder mit sichtlich gemischten Gefühlen über die dynamische Online-Entwicklung der Gruppe: "Wir haben das nicht bewusst angestrebt, doch wollen wir die Kunden, die ihr Einkaufsverhalten in der Corona-Krise verändert haben, nicht entmündigen. Wir werden aber weiterhin im Rahmen des Möglichen alles dafür tun, damit die Kunden in die stationären Geschäfte kommen."

Expert-Vorstand Frank Harder: "Die Zielvorgabe von acht Prozent Online-Anteil werden wir 2020 erreichen!"
Expert-Vorstand Frank Harder: "Die Zielvorgabe von acht Prozent Online-Anteil werden wir 2020 erreichen!"
Foto: Expert

Ähnlich entschuldigend sprach der Expert-Vorstand über die Fortschritte, welche der E-Commerce-Auftritt der Verbundgruppe in den letzten Monaten genommen habe. Man habe viel für die Suchmaschinenoptimierung getan, das Online-Sortiment verbreitert und im Onlineshop Funktionen wie die Anzeige passender Zubehörartikel weiter verbessert. "Aber trotzdem bleibt noch viel zu tun", so Harder. Der Grund, warum die Verbundgruppe bemüht ist, ihren Online-Erfolg möglichst kleinzureden, liegt im Verhältnis zur Entwicklung der stationären Märkte.

Durch den Aufschwung nach dem Corona-Lockdown konnte die Verbundgruppe ihren Umsatz in den Monaten April bis August im Vergleich zum zurückliegenden Jahr um gut sieben Prozent auf 788,9 Millionen Euro steigern. Doch legt man den gestiegenen Online-Anteil zugrunde, dürfte die Umsatzsteigerung im E-Commerce mindestens 80 Prozent betragen, im stationären Handel dagegen nur rund drei Prozent.

Virtueller Startschuss fürs Weihnachtsgeschäft

In dieser Situation war es für Expert wichtig, mit einer möglichst gelungenen virtuellen Hauptversammlung inklusive Lieferantenmesse bei den Mitgliedern für eine gute Stimmung vor dem Start ins Jahresendgeschäft zu sorgen. In der technischen Umsetzung war die eine echten Messe nachempfundene digitale Plattform von Expert schon einmal sehr gelungen. Und auch bei den Teilnehmern stieß das virtuelle Veranstaltungskonzept auf große Zustimmung, das zeigte ein herausragendes Anmeldeergebnis von 92 Prozent der Gesellschafterbetriebe. Zum Vorjahr stieg die Anmeldequote damit um 20 Prozentpunkte.

Expert-Vorstandschef Stefan Müller: "Wir freuen uns, dass das virtuelle Veranstaltungsformat so gut angenommen wurde. Dennoch bedauern wir, dass wir uns in diesem Jahr nicht wie gewohnt persönlich austauschen konnten."
Expert-Vorstandschef Stefan Müller: "Wir freuen uns, dass das virtuelle Veranstaltungsformat so gut angenommen wurde. Dennoch bedauern wir, dass wir uns in diesem Jahr nicht wie gewohnt persönlich austauschen konnten."

Die 138 virtuellen Messestände und rund 70 Workshops wurden von über 1.750 Expert-Mitgliedern sehr gut angenommen - die Zahl der Messebesucher vervierfachte sich zum Vorjahr. Unter anderem wurde die Messe für individuelle Live-Kommunikation, Durchführung von professionellen Workshops und Schulungen sowie zur Kontaktpflege genutzt, mit dem Ziel eine professionelle, gemeinschaftliche Saisonvorbereitung - auch unter den aktuellen Umständen - sicherzustellen.

Für die Kommunikation der Gesellschafter und Industriepartner wurde zusätzlich ein virtueller Networking-Bereich eingerichtet, der das interaktive Angebot abrundete. "Wir freuen uns, dass das virtuelle Veranstaltungsformat so gut angenommen wurde. Dennoch bedauern wir, dass wir uns in diesem Jahr nicht wie gewohnt persönlich austauschen konnten", erklärte Expert-Vorstandschef Stefan Müller.

Die digitale Plattform von Expert verstand es erfolgreich, klassisches Messe-Feeling virtuell nachzuempfinden
Die digitale Plattform von Expert verstand es erfolgreich, klassisches Messe-Feeling virtuell nachzuempfinden
Foto: Expert

Zu Beginn der Expert-Tagung, die am Samstag, 26. September 2020, per Livestream aus der Expert-Zentrale übertragen wurde, bedankte sich Friedrich-Wilhelm Ruf, Aufsichtsratsvorsitzender der Expert SE, für das beispiellose Engagement aller Expert-Gesellschafter und deren Mitarbeitern sowie der Expert-Zentrale in der Phase des Lock-Downs. Auch Expert-Chef Müller thematisierte bei dem Anlass die gut bewältigten Herausforderungen: "Die Expert-Strategie geht auf - das Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr ist ein Beleg dafür. Wir gestalten die Zukunft mit Zuversicht: eine klare Strategie, zielgerichtete Kommunikation unter der permanenten Optimierung und Fokussierung - das sind auch künftig die Stärken von Expert."

"Die Kernaufgabe besteht weiterhin darin, die Wirtschaftlichkeit und Liquidität aller Expert-Gesellschafter zu sichern", ergänzte Gerd-Christian Hesse, Vorstand für Finanzen, Versicherung und Personal. "Das ist uns in den vergangenen Monaten gelungen und wir beginnen das aktuelle Geschäftsjahr mit einem sehr guten Ergebnis."

Ausbildung: Expert startet ins neue Ausbildungsjahr - mehr Azubis und Dual-Studierende

Expert-Vorstand Harder, zuständig für Vertrieb, Marketing und E-Commerce, ging auf die aktuelle Markt- und Warensituation ein: "Wir freuen uns sehr über die Sonderkonjunktur. Expert profitiert vom Zuhause-Trend und konnte sich im Zeitraum April bis Juli besser als der Markt entwickeln. Dieses hervorragende Ergebnis möchten wir auch künftig halten." Mit einem Fokus auf das stationäre Geschäft, nutze Expert weiterhin alle Vertriebswege, um Kunden den Zugang zu Expert-Produkten zu ermöglichen. Bei der Warenversorgung arbeite Expert in intensivem und partnerschaftlichem Dialog mit den Industriepartnern daran, diese kontinuierlich sicherzustellen.

Aktienrechtliche Hauptversammlung

Im Anschluss an die Tagung fand die virtuelle aktienrechtliche Hauptversammlung statt, in deren Rahmen die Aufsichtsratsmitglieder Bruno Hall und Harald Stang mit großer Zustimmung in ihren Positionen bestätigt wurden. Sie bleiben damit für weitere vier Jahre Mitglieder des Aufsichtsrates der Expert SE. Der Aufsichtsrat setzt sich demnach wie folgt zusammen: Friedrich Wilhelm Ruf (Aufsichtsratsvorsitzender), Bruno Hall (stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender), Robert Feuchtgruber, Josef Ludwig Kappenberger, Harald Stang und Jan Brinkmann.

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