Unterschiede zwischen Einkaufskooperationen und Verkaufsplattformen
Zunächst sind zwei grundsätzliche Netzwerktypologien zu unterscheiden: Einkaufskooperationen und Verkaufsplattformen. Beide funktionieren extrem unterschiedlich. Einkaufskooperationen machen Sinn und haben sich seit Jahren bewährt. Mehrere Händler schließen sich zusammen, um bei den Lieferanten bessere Preise und Konditionen zu bekommen. Der Lieferant seinerseits ist gerne bereit, alle Händler zu beliefern.
Bei einer Verkaufsplattform sehen die Spielregeln hingegen komplett anders aus. Ein Kunde wird pro Transaktion, sprich pro Bestellung, nur wiederum einem Händler den Auftrag erteilen - 1:1 also. In der Konsequenz stehen auf Verkaufsplattformen alle Händler in Konkurrenz. Während das Marktprinzip von Angebot und Nachfrage bei Einkaufskooperationen zu Gunsten des Händlers verbessert wird, bleibt es auf Verkaufsplattformen vollständig wirksam. Durch die höhere Transparenz verschärft sich der Wettbewerb um den Kunden sogar. Diesen Marktmechanismus kann auch ein Netzwerk nicht außer Kraft setzen.
Was ist das Ziel eines Akquise-Netzwerkes?
Das Ziel eines Netzwerkes muss per se immer außerhalb des Netzwerkes selbst liegen, sonst ist es reine Selbstbeweihräucherung. Einkaufskooperationen wollen sich bei Lieferanten besser positionieren, Verbände bringen sich zum Beispiel gegenüber der Politik in eine bessere Position. Und Verkaufsplattformen? Diese müssen natürlich den Kunden im Blick haben. Das Ziel und die Hoffnung der Netzwerkpartner sind ganz klar: Mehr Kunden und mehr Aufträge durch die Aktivitäten im Netzwerk bekommen. Kann diese Forderung erfüllt werden?
Versprechungen der Plattform-Betreiber
Schaut man in die Verlautbarungen der Initiatoren neuer Plattformen, steht neben den vollmundigen Ankündigungen »dass man es den Großen zeigen wird« meist nur eine Liste technischer Vorteile:
Einfache Anbindung der Partner an die Plattform
Schneller Kontakt der Partner untereinander
Verknüpfung der Angebote und Shops
Wenig Aufwand, auch für kleine Händler geeignet
Geringe Kosten für die Integration
Doch technische Integrationen und Verknüpfungen verkaufen nichts. Sie sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend für einen Erfolg der Plattform. Da kein echter Mehrwert für die Teilnehmer spürbar ist, wird zur Ablenkung meist schnell ein Blumenstrauß von Nebenfunktionen aus dem Hut gezaubert: Direkte E-Mail-Kommunikation, Social Networking, Foren, Chat, Jobbörsen und so weiter. Und um das Strohfeuer der Begeisterung weiter am Brennen zu halten, wird unverzüglich die Internationalisierung angekündigt. Man kann zwar im Heimatland noch keine nennenswerten Umsätze vorweisen, aber international mit fremder Sprache, Kultur und anderen Gesetzen soll`s dann klappen. Die Logik soll mal einer verstehen.
- Tipp 1 - Checkout überprüfen
Die meisten Käufe werden auf der Bezahlseite abgebrochen. Hier sollten Shop-Betreiber ansetzen. - Tipp 2 - Lieferangaben: So kurz wie möglich
Je weniger Daten potentielle Käufer eingeben müssen, umso geringer die Chance, dass sie abspringen. - Tipp 3 - Zahlungsoptionen prüfen
Findet ein Kunde das gewünschte Bezahlverfahren nicht, droht ein Kaufabbruch. Eine breite Auswahl an Bezahlverfahren kann dies verhindern. - Tipp 4 - Lieferzeit und Lieferkosten: bitte zum Nulltarif!
Sind die Versandkosten zu hoch, springen Kunden ab. Viele Kunden erwarten inzwischen sogar Versand zum Nulltarif. - Tipp 5 - Shops auf mobile Endgeräte optimieren
Immer mehr Kunden nutzen ihre mobilen Endgeräte zum Einkauf. Shop-Betreiber sollten ihre Webseiten darauf einstellen.
Was ist der handfeste Mehrwert für die Teilnehmer?
Zunächst besteht die Hoffnung, dass mein Angebot das Angebot eines Netzwerkpartners sinnvoll ergänzt oder erweitert, sodass für den Kunden ein wirklicher Mehrwert entsteht: 2+2=5 sozusagen. Das funktioniert aber in den seltensten Fällen. Meist überschneiden sich die Angebote der Anbieter oder stehen sogar in direkter Konkurrenz. Sogenanntes »Cross-Selling« bringt in den wenigsten Fällen einen echten Mehrumsatz im Netzwerk. Oft wird das Budget des Kunden nur von einem Produkt auf ein anderes verlagert oder auf mehrere aufgeteilt. Der Kunde hat schließlich nur ein begrenztes Budget zu vergeben. Das heißt, die Aufgabe einer Verkaufsplattform muss es sein, mehr Kunden auf die Plattform zu bringen, damit insgesamt mehr Kaufvolumen für alle Teilnehmer zur Verfügung steht.
Fazit: Die Akquise-Leistung der Plattform ist das A und O
Das alles Entscheidende für den Erfolg ist die Akquise-Leistung der Plattform für seine angeschlossenen Händler. Die Frage ist: Wer bringt die Kunden auf den Marktplatz? Wer investiert ins Marketing? Ohne Marketing kein Traffic, ohne Traffic keine Conversion, ohne Conversion kein Umsatz. So einfach ist das.
Zu Zalando.de sagen E-Commerce-Experten zum Beispiel etwas überspitzt: Es handelt sich in erster Linie gar nicht um einen Marktplatz, sondern um eine hocheffiziente SEO-Maschinerie. Das Frontend ist extrem auf die Generierung von Traffic ausgelegt. Durch die hohen Besucherzahlen ergeben sich die Bestellungen quasi nebenbei.
Amazon wiederum hat das Budget für Google AdWords in 2013 mit 158 Millionen US-Dollar beziffert. Stellt sich die Frage, wie eine neue Verkaufsplattform mit den Etablierten mithalten kann, wo sie diese doch angreifen will? Hat sie ein vergleichbares Marketing-Budget zur Verfügung oder bleibt sie die Antwort auf die Frage schuldig, wie die Kunden gewonnen werden? Kann hier keine schlüssige Antwort gegeben werden, bleibt die Frage: Cui bono - Wem nützt es?
Zu Zeiten der New Economy in den 2.000er Jahren gab es das geflügelte Wort: "Auf dem Weg ins Nirgendwo verdient nur der Brückenbauer." Gemeint war, dass nur der Plattform-Betreiber selbst über Gebühren und Dienstleistungen verdient hat. Der Erfolg der Partner im Netzwerk blieb in der Regel aus. Daher, Augen auf bei der Teilnahme an neuen Plattformen und genau prüfen, ob es sich wirklich lohnt. Gerade im E-Commerce gilt: Kein Marketing-Budget, kein Umsatz, kein Erfolg. Wir lassen uns gern vom Gegenteil überzeugen. (bw)