ITIL allein reichte nicht aus
Auch Hellmann Worldwide Logistics setzt in Teilbereichen dieses Tool ein. Mit ihm lassen sich beispielsweise Punkte für bestimmte Anforderungen vergeben - um daraus zu einer Priorisierung zu kommen. Hellmann wollte so unter anderem die Nearshore-IT in Ungarn steuern. Wegen des entfernten Standorts dieser Mitabeiter setzte man anstelle des Schwarzen Bretts auf ein Softwarewerkzeug.
Mittlerweile wird das Tool auch in den USA genutzt. Dort fand das Kanban-Prinzip schon 2011 Eingang. Mit der Einführung betraute Stefan Borggreve, damals in seiner Eigenschaft als IT-Leiter für die Region Americas, den Business-Architekten Marco Mathews. Der führte Tafel und Aufgabenkarten ein. "Um die Methode und den Prozess zu lernen, war es ideal, mit einem physischen Board und Papierkarten anzufangen, um nicht direkt die zusätzliche Komplexität einer Softwarelösung ins Spiel zu bringen", so Borggreves Überzeugung.
Es ging zunächst um die Reorganisation der Arbeit von etwa einem Dutzend Mitarbeitern in den USA. Dort war der Infrastrukturbereich bis dato eher chaotisch "organisiert". Wie Borggreve anmerkt, reichte auch der Einsatz der Best Practices nach ITIL nicht aus, um dafür zu sorgen, dass "im Tagesgeschäft die richtigen Ressourcen zur richtigen Zeit an den richtigen Themen arbeiten".
Steine des Anstoßes waren der erhebliche Aufwand an Wartungsarbeiten sowie eine relativ geringe Bearbeitungsquote von Projekten und internen Verbesserungen. "Wenn man nicht den gesamten Tätigkeitsbereich der Ressourcen inklusive der Wartungsarbeiten im Blick hat, nutzt einem das schönste Projekt-Management nichts", sagt Borggreve, der heute verantwortlich für die Business Production Solutions bei Hellmann zeichnet.
Es galt also, die Support-Quote zu verringern, um die Aufgabenflut insgesamt besser bewältigen und mehr Zeit in zukunftsorientierte Projekte investieren zu können - kurzum: weniger Wartung, mehr Wertschöpfung. Aber wo anfangen, wenn es keine Prozesse dafür gibt oder sich zumindest niemand daran hält?
Durch die Kanban-Einführung definierten die Mitarbeiter sehr genau ihren Abarbeitungsprozess sowie die notwendigen Spielregeln - mit dem Erfolg, dass sie sich nun auch daran hielten. Unter Mathews` Anleitung wurde der Prozess regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und weiter optimiert. Die Prozessverletzungen liegen seither unter einem Prozent, versichert Borggreve. Für wirklich dringende Probleme wie Server-Ausfälle gibt es selbstverständlich eine "Fastlane".
Mittlerweile ist der Kanban-Funke aus der kleinen US-IT in die zehnmal so große Global Information Systems und die operativen Einheiten übergesprungen. Immer mehr von den Teamaufgaben werden heute auf diese Weise transparent gemacht und vorangetrieben. Damit verbunden ist eine kontinuierliche Verbesserung, die sich aus den Informationen über Arbeitsfluss und Flaschenhälse speist.
Die IT wird zum Kanban-Berater
Kanban geht fast überall, sagt Borggreve. Auch wenn das System seine Grenzen habe, also beispielsweise kein Projekt- und Portfolio-Management ersetzen könne. Dafür eigne es sich bestens zum kurzfristigen und effizienten Ressourcen- und Task-Management: "Für uns ist das Kanban-Board ein wunderbarer Durchschleusmechanismus."
Bei Blizzard wird Kanban heute in den unterschiedlichsten Fachbereichen genutzt: in der Qualitätssicherung, Instandhaltung, aber auch im Marketing, beispielsweise um Leads zu bearbeiten oder Messen zu planen, ja sogar für Ausschreibungen im HR-Bereich und dazu noch als Instrument zur Bewältigung von Adhoc-Aufgaben.
Die IT habe sich quasi als interne KanbanBeratung etabliert, freut sich Kaak: "Wir werden immer wieder geholt, um die Zusammenhänge darzustellen und Tipps für die Umsetzung zu geben."
Erfolgsfaktoren für eine Kanban-Einführung
Damit die Kanban-Einführung ein Erfolg wird, müssen laut Stefan Borggreve von Hellmann World- wide Logistics drei Voraussetzungen erfüllt sein:
Das Management auf allen Ebenen muss hinter diesem Prinzip stehen.
Man darf den Veränderungsprozess nicht zu sehr pushen. Vielmehr muss er in den Köpfen der Leute ankommen, um sich von dort langsam und stetig zu entwickeln.
Das Vorhaben sollte konti- nuierlich von einem Experten begleitet werden.