Der Arbeitsplatz der Zukunft ist eine komplexe Herausforderung für Unternehmen, die neben der Technologie auch Prozesse, Gebäude, Möbel, Führungsprinzipien sowie die Unternehmenskultur umfasst. Wesentlich konkreter sind die Ziele der Transformation: Produktivität steigern, Flexibilität und Agilität erhöhen plus eine größere Attraktivität als Arbeitgeber (für aktuelle und neue Mitarbeiter) sind die wichtigsten Treiber, die Betriebe auf dem Weg zum Future Workplace in einer aktuellen IDG-Studie angegeben haben.
Für Katrin Beuthner, Geschäftsführerin von United Planet, ist der Arbeitsplatz der Zukunft kein festes Konstrukt, das in einem Projekt umgesetzt wird, um dann unverändert fortzubestehen. "Ebenso wie die digitale Transformation ist auch der Arbeitsplatz der Zukunft ein Weg, der von jedem Unternehmen beschritten werden muss." Dabei werde er in zehn Jahren anders aussehen, als dies heute vorstellbar sei, argumentiert Beuthner. "Entsprechend wichtig ist es daher, diesen Weg in machbare Teilschritte aufzuteilen und mit Bereichen, in denen es sich am meisten lohnt, anzufangen." Die Herausforderung sei, das gesamte Unternehmen und seine Ziele im Blick zu behalten. "Nur weil es sich für eine bestimmte Abteilung besonders lohnt, hier zuerst zu digitalisieren, ergibt es jedoch keinen Sinn, die IT-Ausstattung ausschließlich auf diese Abteilung hin auszuwählen." Genau hierfür brauche es zwingend eine Digitalisierungsstrategie und eine verantwortliche Person, die das große Ganze im Blick behält.
Total Cost of Ownership als wichtige Kennzahl
Doch wie lässt sich feststellen, was sich tatsächlich lohnt? Nach Einschätzung von Beuthner bietet sich bei der übergreifenden Betrachtung der Digitalisierungsstrategie auch die Total Cost of Ownership (TCO) als wichtige Kennzahl an, um Insellösungen zu vermeiden. "Wer für jede Abteilung oder jeden Prozess in ein anderes Tool investiert, hat einen viel zu hohen Aufwand - nicht nur finanziell für die Lizenzen, sondern auch im täglichen Handling, in der Einrichtung sowie der Anpassung der Tools." Sinnvoller sei es, auf Produkte zu setzen, die vielfältig einsetzbar seien und sich über verschiedenste Abteilungen und Anforderungen hinweg nutzen ließen. "Spätestens ab dem zweiten Projekt lohnen sich auch teure Gesamtlösungen im Vergleich zu mehreren spezialisierten Einzelanwendungen."
Für den Arbeitsplatz als "soziotechnisches" System müsse der technische Fortschritt im Vorfeld durch eine umfassende Analyse der Mitarbeiterrollen und -tätigkeiten geplant werden, fordert Ellen Kuder, Direktorin Digital Workplace bei Dimension Data Germany: "Nur so kann man einen optimal auf die verschiedenen Rollen ausgerichteten Arbeitsplatz implementieren, der von den Mitarbeitern als nutzenstiftend und tätigkeitsunterstützend empfunden wird." Nicht zielführend sei hingegen eine reine Kostenbetrachtung von Einzelinvestitionen, die auch zu technologischen Inseln führen könne. Kuder: "Die Messbarkeit des Erfolgs liegt allein in der Effektivität und Effizienz der Mitarbeiter."
Zu den wichtigsten Kennzahlen gehören für sie die Mitarbeiterproduktivität, Prozesslaufzeiten und der Adoptionsgrad. "Wird der Technikeinsatz auf die Unternehmensziele und die Technologiestrategie des Unternehmens ausgerichtet, stellt man die Adoption der Lösungen sicher und kann die ökonomischen Potenziale heben." Beim klassischen Beispiel Videoconferencing seien laut Kuder vier Effekte zu verzeichnen: "Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt durch eine bessere Work-Life-Balance, Vermeidung von Reisen steigert die Produktivität, Verzögerungen im Entscheidungsprozess werden reduziert und nicht zuletzt wird das Reisebudget direkt entlastet." Die letzten drei Punkte - Produktivität, Prozesslaufzeit und Reisekosten - ließen sich monetär messen und bewerten. "Unter Berücksichtigung dieser Effekte können sich Investitionen innerhalb von sechs Monaten amortisieren."
Allerdings gebe es auch viele weiche und schwer messbare Kriterien, die durchaus Investitionen in einen Arbeitsplatz der Zukunft rechtfertigen würden, ergänzt United-Planet-Geschäftsführerin Beuthner. "Die Attraktivität des Unternehmens in Zeiten des Fachkräftemangels beispielsweise kann gemessen werden, jedoch nur über einen längeren Zeitraum." In diesem Zusammenhang sei auch die Mitarbeiterzufriedenheit eine wichtige Kennzahl. Hinzu komme die Produktivität, die sich bei Wissensarbeitern etwa über die reduzierte "Suchzeit" nach Dokumenten, Informationen und Kollegen niederschlägt.
Bei Produktionsmitarbeitern würden zentral zugängliche Informationen helfen, die Arbeitsabläufe unterstützen oder immens erleichtern. Beispiele hierfür sind automatisch aktualisierte, digitale Verpackungsvorschriften direkt am Arbeitsplatz oder ein automatisiertes Bordbuch, welches messbar Arbeitszeit einspart. "Auf eine zentrale, digitale Plattform zuzugreifen heißt, Menschen und Daten sinnvoll zu vereinen, um die Kommunikation, die Zusammenarbeit sowie unternehmensinterne Prozesse und damit letzten Endes die Produktivität im Unternehmen zu verbessern", sagt Beuthner.
Routineprozesse bergen großes Optimierungspotenzial
Für die Priorisierung der Maßnahmen empfiehlt sie die Frage nach der individuellen Relevanz: Welche Maßnahme bringt mein Unternehmen am weitesten? Für eine Firma könne es die Steigerung des Umsatzes durch einen Online-Shop oder eine stärkere Anbindung der Kunden durch ein Kundenportal sein, während ein anderes Unternehmen auf Kosteneinsparung durch Prozessoptimierung, erhöhte Transparenz oder einfacheres und damit effizienteres Arbeiten setzt. Für die dritte Organisation hingegen ist vielleicht die Mitarbeiterzufriedenheit sowie das Finden und Halten von guten Mitarbeitern am wichtigsten. "In allen Szenarien haben Hardware, Home Office und benutzerfreundliche Software unterschiedliche Gewichte."
Beuthner rät Unternehmen, in jedem Fall klein anzufangen: "Gerade in den Routineprozessen, die jeder Mitarbeiter täglich ausführt, gibt es enormes Potenzial zur Optimierung." Dabei dürfe man allerdings nicht vergessen, dass sich der Arbeitsplatz der Zukunft in erster Linie um die Mitarbeiter dreht und somit weiche Faktoren elementar sind: "Die besten Finanzkennzahlen und TCO-Rechnungen bringen nichts, wenn die Mitarbeiter durch eine Maßnahme derart verunsichert werden, dass Demotivation oder Fluktuation entsteht."
IDG-Studie "Arbeitsplatz der Zukunft 2018"
Grundgesamtheit: Die Studie zum Arbeitsplatz der Zukunft basiert auf einer Online-Befragung in der DACH-Region, in deren Rahmen im Zeitraum vom 19. Juni bis 27. Juni 2018 insgesamt 630 abgeschlossene und qualifizierte Interviews geführt wurden. 285 Befragte gaben an, Führungskräfte zu sein (Unternehmenssicht), und 345 gaben sich als Mitarbeiter aus (Mitarbeitersicht). Grundgesamtheit sind strategische (IT-)Entscheider der obersten Führungsebene und der Fachbereiche, Entscheider und Spezialisten aus der IT-Organisation sowie Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen.
Partner der Studie 2018 waren die Unternehmen Cisco, Dimension Data, HP, Sipgate und United Planet.
Sie finden die Studie im IDG-Studienshop:
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