Ratgeber für IT-Fachhändler, Retailer und Webshop-Betreiber

Mehrwertsteuer-Senkung – was jetzt zu tun ist

Annika Haucke ist Rechtsanwältin und seit 2013 als Fachredakteurin bei der Steuerberatungsgesellschaft Felix1 tätig.

Umsatzsteuer-Umstellung bei stationären IT-Händlern und Retailern

Kasse umstellen

Für stationäre Händler wie IT-Händler mit Kasse spielt eine ganz große Rolle: Sie müssen rechtzeitig ihre Kassensysteme anpassen. Idealerweise muss am 1. Juli 2020 um Mitternacht die Kasse automatisch von 19 Prozent auf 16 Prozent Umsatzsteuer umspringen. Unproblematisch dürfte es allerdings für fast jeden Einzelhändler sein, die Kasse erst am Morgen umzustellen, bevor der erste Kunde den Laden betritt, da kaum jemand um Mitternacht seinen Laden geöffnet hat. Und Leistungszeitpunkt ist hier der Zeitpunkt der Übergabe.

Mietzahlungen prüfen

Für stationäre IT-Händler und alle anderen Händler mit Mietvertrag gibt es eine weitere Besonderheit, auf die sie achten sollten: Die Mehrwertsteuer-Senkung gilt auch für Dauerleistungen - wie den Mietvertag. Die Abrechnung über die Miete muss also ab Juli 16 Prozent Mehrwertsteuer ausweisen. Dahingehend muss er die Rechnung beziehungsweise Zahlung unbedingt überprüfen.

Mehrwertsteuer-Senkung im Online-Handel

Was passiert einem Online-Händler, wenn er sich nicht rechtzeitig um die erforderlichen Anpassungen gekümmert hat? Dann wird es jetzt knapp: Denn wer ab dem 1. Juli 2020 einen falschen Steuerbetrag ausweist, muss diesen auch an das Finanzamt abführen. Rechnungen müssen Unternehmer stellen, die selbst an Unternehmer liefern oder grenzüberschreitend in der EU verkaufen (dann auch, wenn sie an Verbraucher liefern).

Wann ist der Leistungszeitpunkt?

Gerade bei Online-Händlern ist das Thema Vorauszahlungen problematisch. Denn Leistungszeitpunkt ist der Tag der Lieferung. Zum Monatswechsel wird es also häufig vorkommen, dass die Bestellung, Rechnungsstellung und Bezahlung noch im Juni ausgeführt wurden. Die Lieferung wurde aber erst im Juli durchgeführt. Dann wäre in diesem Fall die Rechnung zu korrigieren.

auch interessant: Steuerfalle für Internet-Händler

Wer vor dem 1. Juli 2020 etwas bestellt hat, hat eine Rechnung mit 19 Prozent Umsatzsteuer erhalten, wenn alles korrekt lief. Der Kunde hat diese Rechnung wohl auch bezahlt. Der Leistungszeitpunkt ist allerdings erst der Lieferzeitpunkt. Und das ist beim Onlinehandel erst, wenn die Ware das Lager verlässt beziehungsweise an den Spediteur übergeben wird. Und in allen Fällen, in denen die Ware erst nach dem 30. Juni 2020 an die DHL und Co. übergeben wird, wird in diesem Moment die Rechnung falsch.

Beispiel:
B bestellt bei A am 25. Juni 2020 Ware und erhält eine Rechnung, die er sofort bezahlt.
A übergibt die Ware am 2. Juli 2020 an DHL.
Folge ist nun, dass A die Rechnung korrigieren und B drei Prozent Steuern zurückzahlen muss.
Das kann man zwar manuell machen, aber das ist in vielen Fällen kompliziert.

Preise umstellen

Für Online-Händler besonders ärgerlich ist, wenn sie in verschiedenen Bereichen über verschiedene Shops ihre Leistungen anbieten. Wer also nur Amazon-Waren anbietet, muss sich über die Umstellung keine Sorgen machen. Aber wer seinen eigenen Onlineshop noch nicht umgestellt hat, wird nun Probleme bekommen und sollte sich so schnell wie möglich darum kümmern.

Für Retouren gilt übrigens: Verkaufen Online-Händler Waren, die ihre Kunden einige Monate später zurückschicken und sich das Geld erstatten lassen, können sich die Online-Händler die vormals abgeführte Umsatzsteuer zurückholen - und zwar in Höhe der damals korrekt abgeführten Umsatzsteuer.

Achtung: Retoure ist etwas anderes als der Umtausch im umsatzsteuerlichen Sinne. Hier sendet der Kunde das Produkt zurück, verlangt aber ein anderes Produkt. Es handelt sich um eine neue Lieferung, der Steuersatz richtet sich nach dem Zeitpunkt der (neuen) Versendung.

Checkliste für die Umsatzsteuer-Senkung

  • Überlegen Sie, ob Sie Ihre Bruttopreise anpassen, um Ihre Kunden zu entlasten.

  • Passen Sie Ihre Ausgangsrechnungen an: Stimmen Text und Rechnung?

  • Ändern Sie Preisschilder, Regalbeschriftung, Warenetikettierung. Im Onlineshop gilt das ebenfalls für Preisauszeichnungen, Produktseiten, Warenkorb und so weiter

  • Passen Sie Ihre Kassen- und Fakturierungssysteme an.

  • Prüfen Sie Ihre Eingangsrechnungen hinsichtlich des Leistungszeitpunktes und der ausgewiesenen Steuer

  • Passen Sie Ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung an

„Unternehmer müssen jetzt schnell handeln. Eine Checkliste hilft da weiter – oder Sie holen sich sofort Hilfe bei einem Steuerberater, der am schnellsten weiß, was zu tun ist“, empfiehlt Marc Müller, Steuerberater und Vorstand der felix1.de AG Steuerberatungsgesellschaft.

Das könnte Sie auch interessieren: Bitcoin-Miner müssen Steuern zahlen

Zur Startseite