Die ersten Begegnungen mit dem IT-Channel, der damals noch Computervertrieb hieß, hatte ich lange vor meiner 30-jährigen Selbstständigkeit. Zu der Zeit waren Monitore bernsteinfarben oder grün und eine 8-Zoll Floppy-Disk startete mit ihrem immensen Fassungsvermögen im KByte-Bereich das Betriebssystem des Computers samt Verbindung zum Großrechner, wenn sie nicht gerade vom Magnetfeld des Staubsaugers beschädigt war. Dann brauchte es einen Techniker, meist mit Hintergrund aus der Büromaschinen-Branche, der auf die Terminals geschult war. IT-ler waren entweder Informatiker oder Lochkartenstanzer.
Im Handel wechselten Verkäufer aller Sparten zu Escom oder Mediamarkt und wurden dort - wie auch immer - zu IT-Spezialisten. Viele Vertriebskarrieren kamen damals über Umwege zustande und auch so manche leitende ITK-Koryphäe der Gegenwart hat ihren Ursprung im Außendienst der Telekom oder als Büromöbelvertreter. Bachelor und Master mit Punktesammeln à la Bologna war hierzulande noch nicht erfunden.
Denn an Häuptlingen ist die Branche übersatt, es fehlen Indianer
Nach amerikanischem Vorbild begann die große Zeit der Titel-Manager, denn Sachbearbeiter, Außendienstler, Gruppenleiter oder Hausmeister wollte man nicht sein, sondern Teamlead Omnichannel Management Client Marketing, Facility-Manager oder Senior Vice President of Consumer Sales Niederbayern-Ost. In unserem titelverrückten Land fand so manche Karriere vor allem auf der Visitenkarte statt. Und mal an die eigene Nase gefasst, so ein "Senior Business Consultant Cloud Integration" klingt schon edler als "Berater für Vaporware".
Gut, dass dies alles bald vorbei ist und auch in der IT wieder ehrliche gelernte Berufe etabliert werden. Ein Fachinformatiker mit Spezialisierung auf Systemintegration, Anwendungsentwicklung oder Daten- und Prozessanalyse ist ein richtiger Beruf, der ab Mittlerer Reife erlernt werden kann und keine Phantasiebezeichnungen braucht. Auch der IT-Systemelektroniker und die Kaufleute für IT-System- sowie Digitalisierungsmanagement sind ein wichtiges Zeichen, um die Branche von ihrem überflüssigen Titel-Bullshit-Ballast zu befreien.
Mein Fazit:
Die Ausbildung in der ITK wird immer etwas hinterherhinken, egal wie "modern" Berufsschulen und Universitäten sind; zu schnell wechseln Werkzeuge und Anforderungen. Es gilt darauf zu achten, dass die Berufe durch Fort- und Weiterbildungsangebote zukunftsfähig und attraktiv bleiben.
Bis demnächst, Euer Querschläger!
Der ChannelPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.
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